Rest in Peace, Ray.







Antirat zieht um:
-> Das Cabinet des Christian Erdmann





Montag, 19. März 2012

There'll never be another... Karana
















Aber Wehmut war gekommen in das Haus. Und will ich ihr nachspüren, dieser Wehmut, die immer da war, um mich mit ihren Silberschlangenarmen zu umschlingen; dieser Geliebten, die immer half, im Bedeutenden zu verweilen; dieser Agentin der wunderbaren Kontinuität im eigenen Leben... will ich ihrem Flüstern nachgehen, sehr weit zurück, dann ist da "Die Insel der blauen Delphine". Ein Film von 1964, der mich mit Wehmut zurückließ in Zeiten, als ich Fernsehen zu verstehen begann. Die allerfrüheste Erinnerung scheint zu sein, daß mich der fremdartige Klang von Sitarmusik und die Tatsache, daß indische Elefanten auf mich zukamen, dazu veranlaßten, unter den Tisch zu kriechen. Aber schon bald danach muß Karana, Won-a-pa-lei ("Das Mädchen mit dem langen schwarzen Haar") zum ersten Mal erschienen sein. Am Ende stand Wehmut, weil das Ende des Films bedeutete, daß dieses Mädchen niemals wiederkommen würde. Denn so mußte man Fernsehen verstehen. Nicht viel anders als in "TVC15" von David Bowie. Der Song handelt davon, daß ein Mädchen von diesem TV ("so hologramic", "so demonic") verschluckt wird. Sie verschwindet einfach darin. Und der Erzähler sitzt davor, "My baby's in there someplace", und wünscht sich, daß TVC15 sein Baby zurückschickt, aber der dämonische Apparat "just stares back unblinking". Die Überlegung "One of these nights I may just jump down that rainbow way" hatte ich noch nicht.

Ich bin sicher, der Film wurde noch ein zweites Mal gezeigt, und das Prinzip Fernsehen überraschte mich zum ersten Mal mit dem Prinzip Wiederholung. Mir scheint, ich sitze in einem Zimmer, in der Wohnung von Freunden meiner Eltern, die wir oft besuchten an Sonntagen, und die beiden Söhne, älter als ich, sind nicht mehr im Zimmer. Weil sie Karana bereits doof fanden. Ich nicht. Ich wußte, daß Wehmut immer meine Freundin sein würde, und ich war glücklich, Karana wiederzusehen. Daß sie ihr Schicksal noch einmal durchleben mußte für mich, war nicht der einzige Grund, aus dem ich mich ein bißchen schuldig fühlte. Und ich saß da, allein in diesem Zimmer, und sah ein zweites Mal zu, wie Karana, allein auf dieser Insel, sich mit Knochen aus einem Walfischskelett einen Schutz vor wilden Hunden baut.

Manche behaupten, es hat überhaupt nie eine deutsche Synchronfassung des Films gegeben. Aber es gab sie. Ich habe das Buch von Scott O'Dell niemals besessen, das weiß ich, und doch kam mir immer wieder, all through the years, dieser Titel ins Bewußtsein zurück: Insel der blauen Delphine. Irgendwann verband ich mit dem Titel keine Geschichte mehr, nur noch die Erinnerung an Wehmut. Vor einigen Tagen fand ich den Film, in Farbe, auf YouTube. Celia Kaye in ihrem erstaunlich geschlitzten Indianermädchenkleid ist das Little Chumash Girl Lost - eine damals 23jährige, die eine 15jährige spielte, die einen vielleicht 6jährigen mit Visionen aus einer Zukunft betörte, die durch that rainbow way in der Vergangenheit verschwand. Ich bestehe darauf, daß es eine deutsche Fassung gab, schon weil Wehmut veranlaßte, daß ich mich später in Labiskwee verliebte, Christine Kaufmann, "Lockruf des Goldes".

































Freitag, 16. März 2012

Mark Lanegan Hamburg 15.03.2012






 







Mark Lanegan hat mir die Hand gegeben. Meine rechte Hand ist gebenedeit unter den Händen. Ich kann in Frieden sterben.














Sleep With Me
Hit The City
Wedding Dress
One Way Street
Resurrection Song
Wish You Well
Gray Goes Black
Crawlspace
Quiver Syndrome
One Hundred Days
Creeping Coastline Of Lights
Riot In My House
Ode To Sad Disco
St Louis Elegy
Leviathan
Tiny Grain Of Truth

The Gravedigger's Song
Pendulum
Harborview Hospital
Methamphetamine Blues
 
 
 
 
 
 
 
 

"Grip" (Mark Lanegans Hand), Zeichnung von Paula K. Völker.

Visit:

The art of paula_k

 

Mark Lanegan Live 2012:


 














Dienstag, 13. März 2012

Vorweihnacht mit Cured Catherine (9): R.E.M.








Ich schreibe Ihnen von REM, aber erstmal wünsche ich eine gute Zeit in Berlin und mit Killing Joke!








The weather's fine, the sky is blue, it's perfect for our seminar. Grounded, 5 a.m., the nightlite is comforting, hoffentlich, bevor wir dann den Siebenuhrmorgensbus zurück nehmen. Nach dem Konzert ist sowieso alles egal. Hier ist das Siouxsie-Alice-in-Wonderland-Ripoff, leider in schlechter Qualität, mit Robert in prominenter Position. Erwarte dann bei Rückkehr Ihren REM-Report, Miss Secret Agent!









Oh, nein, kannte ich nicht, sehr amüsant... hab mich nie so mit Siouxsie befasst, ehrlich gesagt.
 
Berlin in einer Donnerstagnacht dürfte zu bewältigen sein. Notfalls bieten die Bahnhöfe 24h Coffee. Der Siebenuhrmorgensbus war auch unser am 21. April. Bericht wird angefertigt, Sir.









Nie so mit Siouxsie befasst? Sie sehen mich gerade ziemlich befassungslos!
 
Genau, am Nachtende stehen immer die Vanilleshakes bei NaSiewissenschontodsünde im neuen, an eine Escher-Zeichnung gemahnenden Bahnhof, der mit den irgendwie irrealen Ebenen, wir haben das schon 2x für Nine Inch Nails hinter uns. Erzählte ich Ihnen schon, daß ich beide Male ein Jeordie White-Plektron erwischte? Manchmal hab ich Sauglück.









Zwischen zwei Menschen wird in den ersten zwei Sekunden ihres Zusammentreffens entschieden. Alles. Zwischen Siouxsie und mir – nichts. "Israel" lässt mich tanzen, aber sonst - nichts. So ist es eben. Roberts Zeit bei Siouxsie schien mir immer wie Verrat an The Cure. Außerdem höre ich einfach lieber Männerstimmen – love is not an option, love is never free.

REM live. Hätte nie gedacht, dass es mich so mitreißt. Bin eigentlich eher aus Freundschaft mitgegangen. Die Freundin, wohl der größte REM-Fan Hamburgs, wollte unbedingt in die erste Reihe, wir waren um 16 Uhr vor der Absperrung und sind mit viel Glück zeitgleich mit den Bändchen tragenden Hardcore-Fans in die Halle gelaufen (ein Security Mann hat uns aus Versehen mit den Bändchenträgern verwechselt, vielleicht fand er die Regelung genauso bescheuert wie ich, und so standen wir tatsächlich ganz vorn, direkt vor der Treppe, die Michael dann auch hinabsteigen sollte. We Are Scientists lieferten keine besonders interessante Musik, dafür eine ganz liebe und charmante Ausstrahlung.

In der Umbaupause ging meine Freundin Bier holen und in der Zeit riefen Nachbarinnen die Ordner herbei, sie sollten eine Frau aus der Menge ziehen, die betrunken und kurz vor Unwohlsein sich nicht mehr halten könne. Der Ordner kam zu mir und meinte, meine Freundin sei betrunken und ich solle sie aus der Halle bringen. Sie können sich mein Erstaunen und gleichzeitige Belustigung nicht vorstellen. Ich sagte, dass es sich ganz gewiß nicht um meine Freundin handelte. Er sah mich zweifelnd an (Nicht?) und ich konnte nur noch lachen. Der hatte keine Lust, seinen Job zu machen. Als Paula zurückkam, erzählte ich ihr die Story und zeigte ungeniert auf den Kerl, der sich dann erstmal im Hintergrund hielt. Hah, wir waren bestens gelaunt. Und so auch Michael. Sein Auftritt nahm alles und alle in seinen Bann und die Show war unfassbar kraftvoll und gleichzeitig entspannt. Eine Live Band, die sich nicht mehr groß beweisen muß, es aber dennoch mit Leichtigkeit tut. Die aufgestellten Gummi- und Plastikdinosaurier erhielten auf den Boxen nicht nur ihren Stammplatz, sondern auch ihre Bedeutsamkeit. Politische Ansagen, Erinnerung an die Reagan/Bush-Ära (ja, er verglich die beiden und sah keinen Unterschied), der er einen Song widmete, Amnesty International vor Ort und in Erwähnung. Und schließlich sehr persönliche Erinnerung an seine Jugend, in der er hart arbeiten musste, um sich über Wasser zu halten, der er den Song Time After Time widmete. Am Ende des Songs hatte er Tränen in den Augen, drehte sich für einen Moment weg. Bester Song von der Accelerate für mich: Hollow Man.

Außerdem sämtliche Hits, großartig immer noch Drive (Tausend Hände folgen Michaels "tickenden" Händen, ein großartiger Moment!), The Great Beyond (I'm looking for answers...), The One I Love (FIRE!!!!), Losing My Religion sowieso. Der genauso wie die Dinos immer vorhandene, aber nie benutzte Notenständer flog im hohen Bogen, nachdem die Lyrics in unsere Richtung geschleudert waren. Paula bat einen freundlichen Roadie um diese und erhielt eine ganze Handvoll der kostbaren Papiere. Sogar der schüchterne Mike kam einmal zu uns hinunter und grinste uns breit an, was wohl ein äußerst seltenes Ereignis ist. Michael schritt besagte Treppe dreimal hinab, hielt Hände, umarmte, riß die Arme hoch, riß sein Hemd hoch, tanzte. Als er beim letzten Mal zu uns zurück kam, blieb er neben Paula stehen und hielt singend und grinsend etwa eine halbe Minute ihre Hand. Sie können sich vorstellen, wie gerührt sie war, noch Stunden später, (nach Hause gehen kam nicht in Frage), aufgedreht, losgelöst, entrückt im Kaiserkeller tanzend, den wir mit nur etwa 8 weiteren Besuchern teilten und uns darum nicht genierten, den DJ beständig um REM Songs zu beschwatzen. Wir waren wieder 16 in der Nacht und es war gut.









Beautiful report! Sie wissen ja, welche Bedeutung R.E.M. mal für mich hatten, vor allem in einem bestimmten Interim, sagen Sie Paula, ich besitze ein Tape von dem R.E.M.-Konzert in der Großen Freiheit 1989. Wir waren präsent, und mir bleibt unvergeßlich, wie plötzlich, weiß nicht wieso, Bill Berry, wohl auf dem Weg für Kleine Mädchen, vor mir stand und mir einen großen freundlichen Blick schenkte. Oh doch, ich kann mir vorstellen, wie gerührt Paula war. "Reckoning" mit "Time After Time" (und vor allem mit "Seven Chinese Brothers") war meine erste, ich hatte einen Artikel gelesen über die Band, und Stipe war mir aus 2 Gründen sofort ultrasympathisch: er erzählte von sich, daß er a) überallhin mit dem Fahrrad fahre und b) alles Mögliche mit der Schreibmaschine abtippe. "Lifes Rich Pageant" wird aber immer besonders sein, weil sie teilhatte an den rapiden Bewegungen polierter Augen.

Dann kamen "King Of Birds" und "You Are The Everything". Ich bin aber nicht Mainstream-R.E.M. Ich liebe "Me In Honey" mehr als "Losing My Religion" und "Sweetness Follows" mehr als "Everybody Hurts", "Suspicion" und "Hope" von "Up" sind fast am allerwichtigsten von allen und zu "Monster" habe ich so manches, was dann "Aljoscha" wurde, in eine Schreibmaschine gehackt.
 




















































Freitag, 9. März 2012

Noel Gallagher's High Flying Birds, Hamburg, 08.03.2012















Von einer der schönsten Locations der Welt, dem Grand Rex in Paris, kam Noel Gallagher in die häßlichste Location der Welt, die Hamburger Sporthalle, zudem hatte der Veranstalter die glorreiche Idee, im Innenraum Stuhlreihen aufstellen zu lassen, vor dem Konzert kämpfte man dementsprechend mit der Impression, daß die Menge sich für einen Kongreß vom Turnvatter versammelt. Da die Sporthalle auch nicht für brillante Akustik bekannt ist, ahnte man Schlimmes. Versuche, die fehlende menschliche Wärme mit "Wer unter euch wirft den ersten Stuhl?" zu kompensieren, landeten im Off. Die Vorband - Folks, coole dünne Männer aus Nordwestengland - war überraschend gut und schloß dem nichtswürdigen Ambiente wenigstens halbwegs den Schlund.

Noel höchstdarselbst kam von einer "brilliant night out" und "the next day was spent nursing a rather sore head" in Paris also direkt ins Hamburger Katerfrühstück, das aber sein Bestes tat, um die Sache zu retten. Unter anderem mit, so behauptet der soeben vom NME zum "Godlike Genius" Gekürte wenigstens auf seinem Tourblog, hartnäckigen "Kevin Keegan!"-Rufen. Oy. Kann ich nicht bestätigen, von hinter der Lady & mir kamen dagegen hartnäckige "So ein geiler Bastard schalalalala"-Rufe. "Ein blitzsauberes, ein durchweg wunderbares Konzert" des begnadeten Songschmieds, schreibt die eine Hamburger Postille, "Das Genie läßt's krachen" und "Riesenjubel schallt dem 44-jährigen entgegen, als er die Bühne betritt" die andere. Alles richtig. Die 4000 stehen, sobald der Gottgleichere Gallagher sichtbar wird, die Stuhlreihen funktionieren jetzt ähnlich wie die Kettenkugeln einer Sträflingskolonne, "Zeit für ein neues mittelgroßes Konzerthaus, Hamburg" schreibt eine Konzertbesucherin der MoPo. Auch richtig, aber mag man sich ein neues mittelgroßes Konzerthaus in Hamburg wirklich vorstellen? Mein' nur, bei den Perlen hiesiger Architektur.

Es is' ja wie es is', und der Abend kriegte zwar aufs Schönste die Kurve, was man einem gottgleichen Genius ja auch schuldig ist, und der sich selbst schließlich auch, aber trotzdem blieb ein Gefühl von: Böller in die Pfütze geworfen. Es machte buff, aber es hätte noch viel mehr buff machen können.
Bis auf das wunderschöne "Stop The Clocks" spielt Noel mit seinen High Flying Birds - der Schlagzeuger erinnert schwer an John Bonham, boiler suit & bowler hat - alle Songs des phantastischen Albums, mit "The Good Rebel" gibt es eine der brillanten B-Seiten, einen neuen Song, und natürlich ausgewählte Oasis-Stücke. Daß da am Anfang gleich "(It's Good) To Be Free" steht, läßt sich als Mitteilung an den Rotzlöffelbruder verstehen, der im Rahmen seiner Tiraden Noel ja auch als "Kevin Keegan" bezeichnete. Moment mal. "Mich ziehst du da nicht rein, Freundchen." (Liam).

Feinstes Mancuniangeknurr zwischen den Songs, man will es schließlich auch gar nicht anders, "AKA... What A Life!" widmet Noel an diesem Abend Mario Balotelli. Grumblegrumble aus dem Publikum, wahrscheinlich innerenglisch, Noel: "Fuck off. The greatest living human being." Manchester City verliert zur selben Zeit im CL-Achtelfinale das Hinspiel bei Sporting Lissabon mit 0:1.


(It's Good) To Be Free
Mucky Fingers
Everybody's On The Run
Dream On
If I Had A Gun
The Good Rebel
The Death Of You And Me
Freaky Teeth
Supersonic
(I Wanna Live In A Dream In My) Record Machine
AKA... What A Life!
Talk Tonight
Soldier Boys And Jesus Freaks
AKA… Broken Arrow
Half The World Away
(Stranded On) The Wrong Beach
Encore:
Whatever
Little By Little
The Importance Of Being Idle
Don't Look Back In Anger





























Mittwoch, 7. März 2012

Zweige











Die Blätter sind vom Baum gefallen,
die Luft im Herbst ist kalt und klar.
Der an Bildung und Tugend hervorragende Mann
wird den Zen-Tempel verlassen.
Hoffentlich kehrt er bald zurück
und erzählt,
was sein Herz bewegt.






"Zweige" von Jörn Bünning

With very special thanks