Dienstag, 14. Februar 2012

Road Dust On Her Ankle Boots






Der Zug rast in den Sandsturm
Im Schatten einer Klapperschlange
Spielt sich nicht viel ab
Schwarzes Kleid auf heller Haut
Woher kommt das Mädchen?
Woher kommt das Mädchen?

Der Horizont verbiegt sich in der Hitze
Skelette klopfen an die Hintertür
Pferdeschrecken frißt den Klang
Von Bottleneck auf E
Wohin geht das Mädchen?
Wohin geht das Mädchen?
                                      
Reptilien kriechen durch den Korridor
Wolken brennen an den Rändern
Jemand sein im Niemandsland
Gefährte dieser Steppenhexen
Das Mädchen kommt zu mir
Das Mädchen kommt zu mir

Chiffon zitterte vom Herzschlag
In einem nie gedrehten Louise Brooks-Film
Der Mond hat einen Doppelgänger
Kein Organ ist kälter als Gehirn
Wohin führt das Mädchen?
Wohin führt das Mädchen?

Was ist es, das sie tun in Zimmer 16
Todesvogel landet hier auf ihrem Arm
Und flattert wieder fort
Das ist es, was sie tun in Zimmer 16
Das Mädchen macht
Das Mädchen macht
ihn ab, den Himmellack

















37 Kommentare:

  1. Verlege einmal hierher, erscheint mir passender. :) Teil 3 meiner Schattengeschichte ist, dass dieser spezielle Schatten grundsätzlich allgemein toxisch für alle Beteiligten ist – wenigstens aus meiner Perspektive, permanent wie der Teufel mutiert und dabei seinen fundamentalen Höllencharakter wie selbstverständlich beibehält, egal, was die Beteiligten tun oder lassen. Teil 4 setzt sich aus meinen Abwehrversuchen dieser liebefressenden Toxizität gegenüber und dem langsam aber sicheren Übergreifen dieser Abwehrversuche auf die Besitzerin des Schattens zusammen sowie einer dann Angst auf meiner Seite, dass dieser Prozess nicht mehr aufzuhalten sein könnte und damit alles und alle unwiederbringlich auf dem bodenlosen Grund einer Abwärtsspirale versenkt. Teil 5 - der Fährmannteil, wie ich inzwischen meine zu wissen - kann daraufhin beispielsweise Erscheinungsformen wie die einer Eisbergspitzen-sms annehmen, weil mir inzwischen so dermaßen die Kraft fehlt, dass mein Hirn, Bauch und Herz sich in einem immerwährenden ‘Uns zerreißt’s dann ‘mal, weil alles viel zu viel ist, viel Spaß beim Wiederzusammenbasteln!’-Kreis befinden. Und so gucke ich zunehmend fassungsfrei, ratlos und verzweifelt auf die immer höher werdenden Kistenstapel mit Unverständnisprimeln.

    Self-discovery, oh ja, habe ich doch erst vorgestern Abend den Charlton Heston in mir entdeckt bzw. der war schon immer da, ich habe mich nur nicht getraut, ihn der Schattenbesitzerin gegenüber in Gänze herauszulassen. Das Verrückte ist, dass das, wovor ich am meisten Angst hatte, nämlich dass dieses brachiale Großkaliber alles endgültig pulverisieren könnte, ausgeblieben ist. Eine derartige Ruhe nach einem bereits über Jahre tobenden Sturm habe ich noch nie in meinem Leben erlebt. Und das gibt nicht nur mir gerade ein wenig Hoffnung, scheint’s, eventuell fühle ich mich im Moment so wie der Eindruck, den die Schlussszene von ‘The Birds’ auch hinterlässt …

    Jetzt bin ich zu allem anderen wieder nicht gekommen. Kann aber bereits sagen, dass ich Deinen Aljoscha auch grundsätzlich wie Du für verfilmbar halte. Mein Kater, den ich nicht habe, hat übrigens denselben Eindruck. :) Eine Möglichkeit neben der von Dir skizzierten wäre, ein Konzentrat anzusetzen, abzuändern, zu transponieren, müsterlich zu reduzieren und bildlich zu quintessenzieren, was das Zeug hält. Deutsch-LK-geschädigt bin ich nicht, ganz im Gegenteil, hatte mein Deutschlehrer doch ebenfalls Philosophie studiert, in Frankfurt, soweit ich mich erinnere. Irgendetwas mit Quark oder Quatsch bringt meine Ohren immer noch zum Klingen. Er hat eine Mitschülerin einmal als Sumpfkuh bezeichnet, allerdings äußerst liebevoll, was besagte Mitschülerin zunächst einmal völlig gegensätzlich empfunden hat, nicht ganz unberechtigterweise, auch wenn ich mich an den Anlass für die Bezeichnung nicht mehr erinnern kann. In seinem und meinem letzten Jahr (1989) sagte er mir: Britta, Sie sind die einzige, die ich in meiner gesamten Lehrerlaufbahn kennengelernt habe, die eine zutreffende Interpretation über einen Roman schreiben kann, den sie gar nicht zu Ende gelesen hat. Deinen Aljoscha habe ich selbstverständlich von hinten bis vorne zu mir genommen, ja ungeheuer genossen, um jedoch eine Filmahnung für ihn zu bekommen, müsste ich ihn mindestens noch einmal und noch einmal goutieren, um mir Bilder zu machen. Und wenn Du mich nun bitte entschuldigen würdest, mein Feuerfuchs muss auf den Amazonas. Sagen Sie, Sir, dürfte ich Mikey um die Weitergabe Ihrer E-Mail-Adresse bitten?

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  2. Ein allgemein toxisch wirkender Schatten, zu dem man irgendwann sagt: falls du dein Messer suchst, schau in meinem Rücken nach? Der einen erschießt, und man liegt tot auf dem Boden, und der Schatten sagt: mußt du immer so dramatisieren? So ein Schatten, der sagt, bau mir ein Schiff, während du gerade ertrinkst? Einer, der dir keulengleich Zuschreibungen um die Ohren haut? Liebefressende Toxizität in toxizitätfressende Liebe umzuwandeln: irgendein Femme Fatale-Engel sagte in wahrscheinlich beschwipstem Zustand zu Gott: Daddy-o, ich finde das klingt wie ein Auftrag für diesen Spinner da. Und Gott sprach zum Femme Fatale-Engel: Das ist ein echter Märtyrerjob, Baby. Und der Engel sprach: Ich habe aber keine Lust mehr, darauf zu warten, daß der Ball der Vampire über den Rasen kommt. Ich will mich amüsieren. Mir ist so langweilig, seit du das Succubuswesen abgeschafft hast. Und Gott sprach: ? Jedenfalls stritten sie, und ich stand da und wartete darauf, daß man mich mit meinem Auftrag auf den Weg schickte. Ich sagte: Bekomme ich kein Transportmittel? Und der Engel sagte: Der Weg ist das Transportmittel.
    Still wondering about that.
    Eine wunderbare, phantastische Aussage Deines Deutschlehrers über Dich, und sie wundert mich nicht. :) Meine LK-Deutschlehrerin goß seinerzeit Eiswasser auf meinen Enthusiasmus, indem sie nur jeweils eine Interpretation als *zutreffend* erachtete: ihre. Während wir zu "Iris of my Dream Eye"-Zeiten als Deutschlehrer einen älteren Herrn hatten, der sich mit einem für mich unvergeßlichen Lächeln über Gewagtes freuen konnte, wenn es nur halbwegs geistreich war und, nun ja, wenigstens nachweisbare Spuren von innerer Stimmigkeit aufwies.
    Dein Filmplan klingt ebenfalls phantastisch, but please, wenn das so weitergeht, frage ich mich demnächst: wer spielt mich. :)
    Saw the fox has gone to Amazon. Made my day.
    Und natürlich könnt Ihr Mikey um die Postkutsche bitten, Mylady.

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  3. Kurze Einmischung meinerseits bzgl. AdI als Filmumsetzung. 120 Minuten en bloc für´s Kino sicher möglich, aber in meinen Augen wäre ein TV-Serial adäquater. Sagen wir sieben Folgen a 45. Die Stoffmenge mit all ihren Bezügen und Ebenen wäre so leichter in verschiedene "Themenblöcke" mit eigener Dramaturgie einzukreisen und zueinander in Beziehung zu setzen. Man könnte diese Blöcke auch wunderbar verschiedenen Schauplätzen zuordnen. Folge1: Hamburg, Folge 2: Florenz, Folge3: Marseille, undsoweiter. Nur als Anregung jetzt, falls die Filmidee tatsächlich mal konkret projektiert werden sollte.
    Gruß, Ray

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  4. Danke, Ray! Und wer erfindet den TV-Sender inkl. Programmdirektor dazu? :) Gut, wenn wir weiterphantasieren: ein Serial böte ungeahnte Möglichkeiten, vor allem natürlich Zeit. Imagine, allein die Szene mit dem Ballett, Kapitel 5. Aljoscha mit dem Kopf auf den Papieren, wir sehen, daß er nicht mehr schreibt, Zeit für Szenen, die illustrieren, was ihm im Kopf herumgeht, ein Part, der zugleich Leda näherbringen und besser verstehen lassen müßte, was nicht stimmt. Großaufnahme der Höllenhund-Skulptur, Schnitt: Aljoscha bricht auf, Schnitt: der Platz, das Ballett. Viele Statisten. :) Was auch immer an Ballett zu sehen sein wäre, wichtig das Erscheinen der "Gestalt der Namenlosen, der namenlosen Gestalt" zu "O Mensch, gib acht, was spricht die tiefe Mitternacht". Ihre "Rückkehr", denn Aljoscha würde sie erkennen. Und dann wäre zu bebildern, was sie mit Aljoscha macht. Das wäre alles ziemlich viel auf einmal, non?, und es ist nur ein Kapitel, und Huang-Po hätten wir noch gar nicht drin. :) Denke aber, man müßte Lynch-Wege gehen. Das mit den Blöcken könnte schwierig werden, "Marseille" z.B. sähe ich eher als Rückblende in einer Pjotr-Aljoscha-Szene, keine ganze Folge. :) Klar, ein Serial wäre auch phantastisch, um eine continuing story, the mystery of who is this woman, jeweils am Ende eines polypoetischen Bilderstroms mit gemeinem cliffhanger zu versehen. But alas, der Poet sagt: erstmal zu Penny. :)

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    1. Anonym19.2.12

      (Annette)
      David Lynch also! Dass Sie sich solchermaßen festlegen werden, sozusagen bereits im Vorfeld der Besprechungen, hätte ich nicht vermutet. "Ein drittes Auge schwebte durch den Korridor!" Diesen Satz lesend, dachte ich sofort an Bunuel, doch wie wir wissen, kommt der nicht in Frage! Diesen Satz heute Morgen noch einmal lesend, gedanklich im dunklen Kinosaal sitzend, einen Lynch-Film auf der Leinwand verfolgend, wollte ich nicht mehr weiterlesen...! Lesen Sie Ihren Aljoscha so, oder besser gefragt, ist Ihr Aljoscha so gemeint gewesen? Wo bleibt da der vielzitierte Satz von Herrn v. Eichborn, indem er uns einen "glücklichen Ausdruck im Gesicht..." verspricht. Lynch manipuliert doch eher ein hysterisches Mundwinkelzucken herbei. Der Aljoscha, will ich meinen, führt eher in die Bilderwelt einer Trance, hervorgerufen durch sanfte Opiat-Räusche und nicht ins grelle Horror-Trip-Treiben psychedelischer Halluzinogene, oder? Herr Erdmann, Sie verderben mir meinen Aljoscha! Auf Tykwer bin ich verfallen, weil der unbestritten ein großer Romantiker zu sein vermag (Aljoscha war für mich bisher ein selbiger und ewiger Jüngling) und weil er ein, zugegeben etwas simples Stilmittel benutzt, das für die Umsetzung von Buch in Film gut nutzbar scheint. Freilich wäre das Geschehen fokussiert auf die Beziehung von Aljoscha-Leda-Katzenmenschenfürstin. Bei der von Ihnen trefflich geschilderten Szene in der U-Bahn, würde Tykwer die Empathie zwischen den beiden Magneten durch rasante Schnitte bebildern und die Gedanken der Beteiligten ganz easy aus dem Off, geflüstert und gelispelt, dazusprechen lassen. Einfacher gehts nicht! Mittlerweile plädiere ich für folgenden Kompromiss: Drei Filme, drei Regisseure, drei Abende im Geisterkino. Erste Variante mein Tykwer, dann Lynch, dann Jim Jarmusch, schwarz-weiß, das Ganze als innerseelisches Road-Movie gestaltend. Tykwer besetzt das mit Irgendwem, der aussieht, wie er selbst, Lynch läßt das von Ihnen spielen (gesplittet mit zwei weiteren Darstellern) und Jarmusch holt den jungen Johnny Depp. Einen cleveren Schritt in die richtige Richtung haben Sie bereits getan, mit dem Benennen von "Penny"!Es braucht Sponsoren!
      Mal wieder grüßt, von Sapirstein träumend, Paganini, der Kater!

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    2. OK, erhöhe auf 8x60 Minuten. :) Meinte das schon ernst, denke, alles in dieser Richtung weiter per E-mail. Gruß, Ray

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    3. Neulich träumte mir, dass ich es zu „Wer wird Millionär“ geschafft habe. Sitze Jauch so gegenüber, er macht seine Späßchen, ich stehe bei 16 Mille, und dann kommt die School-of-7-Bells-Frage. Telefonjoker ist schon weg, der ging für die T-Rex-Frage drauf [ich nahm Karl Bruckmaier]. Ich zieh also den Halbehalbejoker. Ich muss mich jetzt entscheiden zwischen „Große Wäsche“ (B) und „Pricing ist wichtig“ (C). Ich rate: B. Volltreffer, aber jetzt schon zwei Joker weg. Dann geht´s mit Mathematik und Erdumrundung locker weiter bis zur Millionfrage. Die geht so: „Wer sagte im Spiegelforum, dass U2 die größte Scheißband des Universums ist?“ A: ray05, B: Schimmiregenbogen, C: Polepoppenspeeler, D: H4dropout. – Ich denk: das darf nicht wahr sein, das war ich doch selber, ich selber habe das gesagt, ray05, hier ist doch was faul, so viel Zufall kann doch nicht sein. – Ich rufe komplett dazzled den verbliebenen Publikumsjoker auf, Ergebnis: 100/0/0/0 Prozent. OK, sage ich zu Jauch, - und wache auf.

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    4. Your sins come back to haunt you. :) Größte Scheißband des Universums: träumte einst, ich bin im Backstagebereich vor einem Konzert der Rolling Stones, das im ganzen Universum ausgestrahlt werden soll. Mick Jagger am Klavier, Blicke in die Runde werfend, ich stehe in seiner Nähe, wir reden ein paar Worte, aber er will mich prüfen, fragt: "Was kann ich hier tun am Klavier?" - Ich sage: "Du könntest einen Regenbogen imaginieren." Er lächelt zufrieden. - Und so entstand "She's A Rainbow". :)

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  5. Mit "David Lynch" habe ich Ihnen den "Aljoscha" schon verdorben? Das ist hart! Könnte "Mit Jarmusch wäre ich genauso glücklich" noch irgendwas retten? Bunuel, großartig, nur hätte die Hauptdarstellerin bei Bunuel sicher alle Hände voll zu tun, den Maestro davon zu überzeugen, daß für

    Bin im übrigen davon überzeugt, der obere Rand der schwarzen Strümpfe, der sich in Bunuels Filmen so häufig sichtbar von der milchweißen Haut abhebt, bedeutet nicht einfach Obsession oder Fetisch, das hat bei ihm apotropäischen Charakter, so wie in Vampirfilmen dem Bösen das Kreuz entgegengehalten wird, so wird dieser Anblick all den "bösen" Mächten entgegengehalten, die bestreiten wollen, daß es Eros ist, der die Realität ständig überfließen läßt in Poesie. :)

    http://christianerdmann.blogspot.com/2011/06/delphine-seyrig-disziplinierte.html

    die Szene "Plötzlich stand SIE in Aljoschas Zimmer…", S. 215, doch ausreiche. Presented by Penny klingt mir jetzt doch etwas fad. "Presented by Annette, Mariage Frères, Annick Goutal, Serge Lutens & Agent Provocateur, Galeries Lafayette, Berlin", how about that. Na gut, das Buch hat nichtmal einen Verlag gefunden seinerzeit, und so vielzitiert ist der Eichborn-Satz auch nicht gerade, will sagen: eher verfilmt Bunuel den "Aljoscha" als Tykwer. :)

    Im Ernst, eigentlich halte ich Lynch für einen größeren Romantiker als so manche, die sich das Emblem "romantisch" auf oberflächliche, triviale Weise anheften, Romantik hatte ja immer auch Nähe zum Unheimlichen, spielte mit dem Unbewußten, mit dem Anderen im Eigenen, ließ die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen, verstand sich als Impuls, klassische rationale Ordnungen zu sprengen, betrachtete hypertrophe Rationalität als pathogen. Selbst wenn Lynch nur "Horror" bedeuten würde, ließe sich immer noch sagen, auch Horror ist ein Weg ins Offene. Von Lynch selbst gibt es den Satz: "There's only imagination left to fight this everyday madness. So I might be a romantic indeed.". Aber Lynch ist eben auch einer, der weiß, daß Wunder in Coffeeshops beginnen.

    Es gibt eine Szene in "Twin Peaks", wo Lynch als Gordon Cole ausruft: "This world of Twin Peaks seems to be filled with beautiful women!", und bei Lynch kann diese Schönheit à la Rilke "Beginn des Schrecklichen" sein, but simply also "Permanentmagnet aller Transformation", "Sie schlürft dich aus der Schale des Dir-Innewohnens", etc, for better or worse. Ich glaube, das, was weibliche Schönheit für Lynch bedeutet, trägt viel dazu bei, daß ich mich pudelwohl fühle in Lynchville. Sie scheint Oberfläche, ist aber genaues Gegenteil, Weg in die Tiefe. War vielleicht der andere Eichborn-Satz, "Erdmann erzählt das Unsagbare", der "Lynch" provozierte. But please, mittlerweile präferiere ich die Jarmusch-Version mit dem jungen Johnny Depp. :) In "The Limits of Control" übte Jarmusch ja schon das Thema: geheimnisvolle Botschaften von mysteriösen Gestalten. Jetzt dreht er aber erstmal einen Vampirfilm, wieder mit der wunderbaren Tilda Swinton. In Deutschland übrigens. Müßten Sie ihm nur schnell den "Aljoscha" übersetzen. :)
    Paganini ist aber auch nicht ganz undämonisch! So als Name!

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    1. Anonym20.2.12

      (Annette)
      Da hat sich ja über Nacht so einiges entschieden und geklärt. Ihre derzeitige Präferenz für Jarmusch macht mich glücklich und läßt mich erneut an Sie glauben! Aber ich fürchte, das Projekt insgesamt, steht dennoch genau da, wo es nicht stehen sollte: Auf dem Fels, "von dem es hieß, er würde niemals bröckeln!"
      Sie haben Ihre Hausaufgaben wunderbar gemacht. Die Liste der Sponsoren hat Glamour, ohne Zweifel. Allein mein Name sollte ein wenig Pep vertragen, vielleicht einfach ein asketisches ETTE! (Nach Jette Joop!). Desweiteren muß ich noch Erkundigungen einholen, ob es überhaupt Sponsoren gibt, von denen KEINE Gelder fließen. Sie sehen, ganz einfach wird es bereits an dieser Stelle nicht! Auch könnte das Illustre Ihrer Sponsoring-Partner so manch böser Kritik die Tür öffnen: "Aljoscha, doch nur ein Dandy?", seh ich mit schwarzen Lettern in Paganinis grüne Augen geschrieben. Der Vorwurf der Dekadenz läge nahe, Ihr Ruf als Frauenversteher allerdings würde Nahrung erhalten. Hier heißt es: Geschicktes Abwägen tut Not. Aber ohne Zeitdruck wird sich das Richtige schon finden lassen, nach "Penny" ist ja doch ein wenig Luft nach oben geblieben!
      Noch ein Tip, der mir jüngst auf der Berlinale geflüstert wurde. Demnach ist das Ah und das Oh, als Autor in der Filmbranche Fuß zu fassen, ein funktionables Faxgerät!
      Merke: Der Fels könnte bröckeln, muss er aber nicht!
      Was Sie über Lynch geschrieben und gesagt haben, ist restlos überzeugend. Ja, ich habe auch seine grellen Bilder im Kinosaal bewundert, ihn dafür hassend, dass er es schafft, mir den letzten Rest Glauben an mich und meine Wahrnehmung zu nehmen...! Mittlerweile sag ich mir: Liebe Dich selbst ein bisschen mehr, als das Buch, das Du liest und den Film, den Du siehst!
      Apropos Wahrnehmung: Schwarzer Seidenstrumpf und schneeweiße Haut bei Bunuel, mein weibliches Auge tat das bisher eher als Chichi ab! So wie mich die Naht am Strumpf der Katzenmenschenfürstin so manches Mal ungewollt denken ließ:" Diese exhibitionistische Ziege, die!" Tja, so unterschiedlich fällt es aus, das Urteil der Menschen über ein Detail!

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    2. Mein Ruf als Frauenversteher ist eine Erfindung der Regenbogenpresse. :) Der Medien. Also gut, die Erfindung eines gewissen jot-we, der im übrigen auch nichts so sehr haßt wie Holzschnitte und "Aljoscha" folgerichtig schon wegen des Covers innerlich sofort in die Top 10 der Bücher beforderte, die er sich niemals kaufen würde. In a moment of mental abstraction tat er es dann doch und bat später, vollends nicht mehr Herr seiner Sinne, zum Sommerinterview. Bin wahrscheinlich eher Frauenverrätseler, Mysteriumerheber, Sphinxhochschätzer. Und Konzeptverkorkser. Zum Dandytum fehlen mir die Mittel. Und die Umgebung, ein Mr Neville-Hemd träumt hier im Exil wie alles andere. Dekadenz, nun ja. Von Pjotr stammt das unsterbliche Diktum: Keinen Pfennig auf der Naht, aber im Liegewagen fahren. So kamen wir nämlich damals von Marseille wieder weg, ohne daß ich mich gebührend genau daran erinnern könnte, wie wir, abgebrannt, an die Fahrkarten gekommen sind. Ich glaube, die lagen einfach auf dem Grund des letzten Tellers Cous-Cous, den wir bezahlen konnten. Hm. Wo war ich? Achja: Faxgerät ebenso weit entfernt wie Greta Garbo-Filme on videotape. Chichi bei Bunuel? Blimey. Ich habe davon gehört, daß für Frauen ihre Beine einfach das sein können, womit sie gehen. Aber es ist für mich nicht leicht verständlich. :) Wie schade, daß auch Truffaut nicht… naja. Neinnein, nicht exhibitionistisch. Einfach ein Signal, das aus der Katzenmenschenwelt kam und kommen mußte. Geschützt durch endlose Distanz zum Ringsumher, aber ich hoffe, das im Roman irgendwie zum Ausdruck gebracht zu haben.
      Hab von der Preisverleihung der Berlinale nur wenig gesehen, "En kongelig affære" fiel mir auf, wahrscheinlich sehr oldschool, aber ich bin ja auch sehr oldschool, wenn ich nicht gerade, Sie wissen schon, Vierspänner & Revolutionsbarrikaden, blöde Situation.
      ETTE! :) Nehmen wir. Als Deckname für alles. Schließlich laufen bei Ihnen, wie ich es sehe, die Fäden zusammen. Produced by ETTE! Schön und mysteriös. Vermute indes, in den grünen Augen Ihres Katers steht etwas wie: "Paganini Productions Present" klinge viel schöner und mysteriöser?

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    3. Anonym22.2.12

      (Annette)
      ...Keine Sorge: Ihr Roman hat auch die Naht am Strumpf der Katzenmenschenfürstin genauso zum Ausdruck gebracht (als Faden, aus dem der Zwirn gesponnen wird, mit dem das Netz entsteht, in welchem A. zappelt...),wie es sein mußte! Im Übrigen bin ich heute traurig, weil all die Mittel verwehrt werden könnten, die dazu führen würden, dass meine Ungeduld, jetzt endlich bald den Film sehen zu dürfen, nicht länger quält. Ich habe Lust auf "Feindbild" und das findet sich für mich eindeutig im "Suhrkamp"! Erstens hat solch ein Verlag auch einen "kulturellen Auftrag" wahrzunehmen und zweitens dürfte dessen Marketing-Abteilung nicht soooo dämlich sein, aus dem "Aljoscha", wenngleich keinen Quotenking, so doch einen respektablen "Kult"-Erfolg werden zu lassen. Die "Kultschiene" ist dem Buch ja geradezu immanent, die hätten doch bloß aufspringen müssen, wie dazumal Sie in den Liegewagen hinein...!
      Herzlichen Dank vom Kater, für die freundliche Annahme seines Namens...auch der "Augenblickerin"!Der Alltag ruft!

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    4. Dear Annette,
      kein Grund zur Trauer. Betrachten Sie "Aljoscha" als eine Art Singularität - sehr geringe Ausdehnung, extrem hohe Dichte. Ein Lone Ranger, der den Literaturbetrieb nur von außen kennt, aber schon viel weiter gekommen ist, als ich erwartet hätte. Ein kleines Neben-Universum, das sich ausdehnt. :) Es klingt so prätentiös, aber wenn mir Menschen sagen oder schreiben, wie sie den Roman schätzen, was er ihnen bedeutet, ist mir das so unendlich viel mehr wert als ein Platz auf einem Talkshowsessel oder was auch immer. Sie kennen Stendhals Widmung am Ende der "Kartause von Parma"? To the Happy Few. :)

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  6. Da die Postkutsche momentan immer etwas mehr Zeit benötigt, am Anfang noch eine Anmerkung zur Verfilmung: Ray, um das Konzentrat eines Konzentrates ansetzen zu können, bedarf es da als Grundlage nicht ohnehin einer “Langfassung”, non? :) Zusätzlich muss ich einräumen, dass Du den Aljoscha höchstwahrscheinlich wesentlich präsenter hast als ich, beginne ja gerade erst mit der zweiten bildergenerierenden Lesung. Die erste hat mich in einen wahren Bilderrausch versetzt, von denen lediglich einige wenige, wenn auch sehr prägnante, übriggeblieben sind, alles andere hätte wahrscheinlich für alle Zeiten alle meine Kapazitäten besetzt, habe also diesbezüglich zu aktualisieren und zu vervollständigen.

    Paganini, wunderschöner Name, Annette! Am vergangenen Wochenende fiel mir eine Hörbuch-CD von Harry Rowohlt in die Hände, auf der dieser als “Paganini der Abschweifung” bezeichnet wird. Deine Bahnhöfe, Christian, kommen auch mir auf sehr schöne Weise seltsam vertraut vor, auch wenn ich manchmal erst später herausfinde, dass manches überhaupt ein Bahnhof war, wie auch Deine Schatteninstanziationen ins Schwarze getroffen haben, spot-on, Sir. :) Dein Solitärschneider funktioniert ganz hervorragend, und dann funkelt der Brillant alles andere als kalt, weil die beiden Seepferdchen im Hirn dafür sorgen, dass es unmöglich wird, auch nur einmal in denselben Fluss zu steigen. :)

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    1. "Paganini der Abschweifung", sehr schön. - "In der Tat scheine ich ständig auf Abwege zu geraten. Ich weiß nicht mal mehr, worüber ich vor 2 Seiten geschrieben habe. Aber was war es noch, was andererseits der höchst ehrenwerte Sir, äh, wie hieß er doch noch, gesagt hat? Folgerichtigkeit ist der Popanz der Kleingeister." :) [Nicht von mir!]

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    2. Apropos konsequente Abschweifung und Popanz und so:
      http://tschawell.blogspot.com/2012/02/gut-dass-wir-drueber-gesprochen-haben-1.html

      Hoffe, das geht in Ordnung so, Christian. Wollte den ganzen Text nicht hier reinspammen. Du kannst den Kommentar gerne löschen, falls Dich diese spezielle Abschweifung nerven sollte. Allen wunderbaren Abschweifern hier ein schönes Wochenende! :)

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    3. @AugenBlickerin
      Ja, finde im Handgemenge des Romans auch immer wieder kleine Schlagkombinationen, die mir anfangs gar nicht so bewusst wurden. Auch vermag ich jetzt mit dem Soundtrack-Layer mehr anzufangen. Interessant auch die Passagen, in denen in die Ich-Perspektive gewechselt wird.

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    4. @AugenBlickerin
      Apropos Bilderwelten: Bei mir hat der Roman keine "neuen" Bilderwelten erzeugt, dafür aber alte, scheinbar vergessene, neu erscheinen lassen. Mag daran liegen, dass die äußerliche Welt kaum je mehr als skizzenhaft beschrieben wird, dagegen die Innenwelt des Helden lohnenswerterweise in aller epischen Breite. Für mich speziell ist das ein Hamburg-Roman, einfach, weil ich selbst zigmal in Damtorsk ein- und ausgestiegen bin und mein Mädchen damals zur Hamburger Uni gebracht habe, weil ich dort spaßhalber und brutalstverliebt und zukunftsvergessen Vorlesungen vom Schmidbauer besucht habe, dann im Morgengrauen am Elbufer saß, im Univiertel in CD-Shops und Literar-Cafés abhing, absolut zukunftsvergessen, freilich. Anfang der 90er. Und ich habe mir genau dieselben Fragen gestellt wie Aljoscha T. In Städten, die an großen Strömen liegen, stellt man sich einfach die selben Fragen. :)
      Gruß, Ray

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    5. Eigentlich weiß ich im Moment nicht so ganz, was ich sagen soll, weil ich ein klein wenig verwirrt bin, ewig viele Geschichten im Kopf habe (die ich hier und jetzt allerdings nicht aufschreiben kann) und meine Vorstellung im Werden, im Fluss begriffen ist und hoffentlich auch so bleiben wird :), versuche es aber trotzdem einmal:

      Ray, für mich ist Damtorsk zum Beispiel Damtorsk UND der Bahnhof Dammtor UND at the same time bzw. simultaneously. Seitdem ich den Aljoscha gelesen habe, ist der Bahnhof Dammtor (den ich in diesem Jahr seit fast 11 Jahren kenne, habe eine ganze Zeitlang einmal in der Nähe gearbeitet. Dann wieder: was heißt hier kenne *hysterisch kicher* …) Damtorsk, and so much more, you wouldn’t believe – your eyes. :) Ebenso, wie all die Orte und Zeiten, die in Aljoscha aufgesucht werden, für mich von jeher planes – because levels invoke too hierarchical a connotation for me – in und of the mind sind, teilweise mit einer wirklichen und “realen” Entsprechung, overlapping, interwoven, yet distinct. Deshalb nehme ich Dir – entschuldige bitte, nicht in dem Sinne, dass Du Mist erzählst oder so etwas in der Richtung, ganz im Gegenteil, habe nur keine Ahnung, wie ich es anders in Worte verpacken soll – Dein “Bei mir hat der Roman keine “neuen” Bilderwelten erzeugt, […]” nicht ab, weil “Und ich habe mir genau dieselben Fragen gestellt wie Aljoscha T. In Städten, die an großen Strömen liegen, stellt man sich einfach die selben Fragen.” und “kleine Schlagkombinationen” und “Soundtrack-Layer” und “Passagen, in denen in die Ich-Perspektive gewechselt wird” und und und, eben, it’s practically endless, in a truly inspiring, multi-layered and multi-perspective way. Know what I mean? :)

      It IS possible to walk the fine line between symbol and instance, to find these ideas, these snapshots, die Perspektiven, their movements, ihre Berührungen, ihre Kreuzungen, ihre jeweiligen Wege, weil (der) Aljoscha das ohnehin tut, ich unterstelle jetzt einmal, selbstverständlich aus meiner Perspektive: That’s what he’s there for, und auf mehreren planes gleichzeitig – Christian schrieb bei John Neumeier: […] wie Aljoschas stream of ideas and pictures, der Wandel seiner Weltwahrnehmung etc sich visuell umsetzen ließen, wie die Welt sich in eine Polyphonie von Bedeutungen wandelt und alles sich im Ablauf der eigentlichen Handlung wieder verwandelt in die Wirklichkeit selbst (if I make any sense now). … Didn’t mean to preach, just didn’t know how to put it any other way. :)

      Außerdem bringe ich wieder einmal beim Lesen die Singularität zur Expansion, geht für mich irgendwie nicht anders. Habe dafür eine expandierbare Kladde für meine Bilder und Notizen und Kram angeschafft, passt, dauert aber wahrscheinlich viele, viele Monde. :)

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    6. Überhaupt kein Widerspruch meinerseits zu dem von Dir Gesagten. Aber jeder liest halt anders und versteht anders und stellt sich unterschiedliche Dinge dabei vor, gerade wenn man´s mit multi-layered and multi-perspective ways zu tun hat. In meinem Falle stellte der Roman mir mein eigenes Hamburg-Bild wieder vor, und Du kannst mir abnehmen: die drei Monate, die ich dort verbrachte, erlebte ich so multi-layered und –perspective, wie nur geht. Deshalb für mich: Hamburg-Roman. Oder wenn Du so willst: AUCH, ABER HAUPTSÄCHLICH Hamburg-Roman. Will mit diesem Etikett ja weder dem Roman selbst noch anderen Lesern irgendwas wegnehmen oder vorprägen, kann nur von mir sprechen. Jeder kann nur von sich sprechen. Freilich bleibt ein Geheimnis um Aljoscha T. und das Buch, ich will da nicht dran rühren. Für meine bescheidenen Begriffe ist das Beste was Literatur schafft, dass man von sich selber sprechen kann, in Relation zur Literatur. Jeden Roman kannst du nur mit deinem eigenen Roman beantworten, und wenn du keinen Roman selber schreiben kannst – so wie in meinem Falle -, dann erzählst du halt frei von der Leber weg eine Geschichte, die von diesem Roman inspiriert, aus tiefen Urgründen erneut vorgestellt, oder sonstwas, ist. Mehr kann ich nicht machen. Wenn ich also sage „Hamburg-Roman“, so ist das durchaus als Kompliment gemeint, weil: mein Hamburg-Roman. Weil ich selbst mit Geschichten antworten kann, kommt der Roman AUCH durch mich kleines Sandkorn mit in die Welt, wird public domain, wenn du so willst.
      Da fällt mir ein: Oben, das Gedicht im Posting, da gibt es die Zeile: „Das Mädchen macht ihn ab, den Himmellack.“ Die kommt auch im Roman vor. :)

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    7. Ray: "Die blaue Haut des Himmels abgezogen", is that what you mean? :)
      Danke Euch beiden für dieses faszinierende Spiel mit springenden Punkten. Maybe I can say: a while ago sprachen wir auf SPON vom "phantasmatic support", so spricht Zizek das tatsächlich aus, mit dem wir seiner Auffassung nach ohnehin immer, besonders aber in der Erotik unterwegs seien. Betonung eigentlich überflüssig, da Unterwegssein erotisch ist. Es geht um die Macht der Imagination, die den Raum der Erfahrung permanent gliedert, nicht als phantasierendes "Hineinsehen", sondern als ein Schlüssel der Wahrnehmung überhaupt. Nietzsche sprach von "Ausdichtung und Rundung" des Erfahrungsmaterials. Daß wir in der Wahrnehmung auch Realität *verleihen* wird in "Aljoscha" auch gesagt: Wahrnehmung ist auch Wahrgebung. It can be very beautiful, wenn einer an den Blick glauben kann, mit dem ein anderer ihn sieht.
      Aber: wir laden immer mit Bedeutung auf, alles. Und schießen damit auch durch imaginäre Ordnungen. That's not where Aljoscha *goes*; that's where he *comes from*, aber das ist erst der Anfang. Er weiß das, and he's aware of that, als ein Tor zur Illusion. Aber, da Du (Britta) das noch einmal zitiert hast: die Polyphonie der Bedeutungen, die sich wieder verwandelt in die Wirklichkeit selbst: near the end gibt es den Satz: Es war alles wahr, und was nicht wahr war, würde noch wahr werden. Key.
      Plädoyer für entschiedenes Sowohl-als-auch: jedes Detail ist *auch* Detail eines *Hamburg-Romans*, wenn Du so willst, das existiert hat. So wie es natürlich auch jeden dieser Professoren gab. An der Geschichte selbst ist nichts erdichtet. "Himmel" kommt oft vor, ja. :) "Aljoscha" ist eine Art Himmelfahrtskommando: dieser Geschichte auf den tiefsten Seelengrund zu gehen.

      "Die eine Gegenwart, in der das alles spielt, ist unbegrenzt und sozusagen panoramisch geöffnet, für Botschaften, die aus anderen Zeitebenen zu kommen scheinen, für Mythologie. Mir ging es auch darum, wenigstens anzudeuten, daß jede Situation ein unendlich komplexes Geflecht von Bezügen ist, praktisch unauslotbar. Um die Situation in 80 Perspektiven, gewissermaßen. Es spielt sich etwas ab, für das die Moderne eigentlich keinen Platz hat - ein magisches Ritual. Und alles, was Aljoscha begegnet, scheint einen Bezug zu diesem Ritual zu haben, es gibt überall Verbindungen und den totalen Zusammenhang der Ereignisse in einer scheinbar magischen Ordnung. Das, was Breton mal 'die unwahrscheinliche Mitwirkung' nannte. Aljoscha merkt, daß er aus der normalen Welt herausfällt, und die Dinge der normalen Welt haben keine Bedeutung mehr...sofern sie keine Bedeutung in Bezug auf das haben, was ihn mit dieser rätselhaften Frau verbindet, seiner Obsession."

      Multi-layered: auf verschiedenartigste Weise. Sometimes actually very simple. "Als Aljoscha durch die Korridore eilte, begegneten ihm zwei Zeppelinpiloten und ein schwarzer Hund, ein Flaneur suchte die blaue Terrasse, und in einer Bildergalerie führte ein Mann mit einem Messer durch ein Jahrzehnt der Kunst." - Led Zeppelin, Black Dog; Scott Walker - Montague Terrace In Blue; David Bowie - Art Decade. Was ist beschrieben, die Wirkung von Musik auf einen wie Aljoscha, die ihm einen Korridor öffnet? Vielleicht. Vielleicht Marienbad selbst: die Macht von Bildern, neue Bilder zu beschwören. Vielleicht der Korridor selbst, einer dieser Korridore, die sich verlängern und ausdehnen im *stream* selbst, bis Aljoscha erlebt, daß aus den Tiefen des Labyrinths andere Korridore näherkommen, Korridore eines anderen.

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    8. Anonym26.2.12

      (Annette)
      ...ungeheuer interessant für mich vor Allem der letzte Absatz Ihrer Ausführungen. Die Frage, die mich dazu beschäftigt, bezieht sich auf das Entstehen eines solchen o.g. Satzes "Als Aljoscha durch die Korridore eilte..."! Lassen Sie sich einfach von Ihrer Sprache tragen und dann entsteht der Satz (natürlich nach vorheriger Konzeption von Plot und nachfolgenden Korrekturen etca.), oder bildet sich der Satz gewissermaßen nach Findung eines theoretischen Konzepts? Anders: WOLLTEN Sie, dass aus der Tiefe des Labyrinths andere Korridore näherkommen oder kamen die Korridore eines Anderen von selbst durch die Sprache hinzu? Ich hatte Ihnen bereits an anderer Stelle geschrieben, dass ich manchmal nur einen Satz an speziellen Tagen gelesen habe. Ich wollte zum Einen die Dichte der Sprache zwecks Verdichtung des Tages bei mir behalten, andererseits aber wollte ich auch dem Geheimnis auf die Spur kommen, wie Sie "das" machen. Naja, das Geheimnis hat sich mir als Alchemie zu Erkennen gegeben, die ich so nur von "Aljoscha" kenne. In jedem einzelnen Satz ist das ganze Buch enthalten, so schien mir...aber ich glaubte,Sie selbst hätten in totaler Hingabe an Sie durchfließende Sprache einen Ritt gewagt, ohne theoretische Konzeption...!?(Ich meine nicht das Großkonzept von der Magie, die entsteht, durch eine Begegnung, wie die von A. und K., sondern die Wahl Ihrer stilistischen Mittel im Detail!)

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    9. Ray, oh Man (auch und vor allem als Kompliment gemeint, an Dich und Deine rays, here and elsewhere :), es tut mir leid – habe Christians und Annettes Kommentare noch nicht gelesen – wollte Dir nur sagen, dass Tomaten und Bretter bei mir im Laufe des Tages einfach so verschwunden sind und ja, und ja, und ja zu dem von Dir Geschriebenen! Eine wunderschöne Geschichte, Deine Geschichte, in mehrfacher Hinsicht, für mich, übrigens. :) Viele Grüße, Britta

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    10. Dear Annette,
      Alchemie: fast würde ich mich weigern wollen, ein schöneres Wort zu finden. Läuterung, Verwandlung, Konzentration, Veredlung, Umschmelzung, zum Geist des Stoffs, zu den *patterns*, nach Eliphas Lévi ist es das Ziel der Magie, den "point central" zu erobern, ein Punkt, von dem aus es gelingt, daß die Schleier zerreißen, der die Geheimnisse dem Auge verbirgt. Der "point central" als Ziel der Sprache; und Sprache als Weg zum "point central".
      Beides ist wahr: es gibt Passagen, bei denen ich selbst nicht weiß, wo sie herkommen; und doch, ich habe so lang an dem Roman gearbeitet, bis es nicht einen einzigen Zufall mehr gab, kein Wort mehr, das aus Ratlosigkeit dasteht. Totale Hingabe ja, aber an beides. Zuviel Herzblut, als daß ich darüber sinnvoll sprechen könnte. Es gab kein theoretisches Konzept vorab, non. Der Roman beschreibt seine Entstehungsgeschichte selbst. Sie finden tatsächlich den Beginn des "Ritts" mitten im Ritt. Am Anfang von Kapitel 15, das "Schriftstück", die Blätter, die Aljoscha sich als "geschützte Enklave" schafft; das ist der Nukleus des Romans selbst. Diese Blätter blieben dann lange unberührt, aber irgendwann waren sie tatsächlich der Beginn des expandierenden Universums. Es gibt aus diesen Blättern noch einige wenige Passagen in dem Roman, die seitdem unverändert blieben, "heilig" sozusagen, aus für mich magischen Gründen. - Die stilistischen Mittel im Detail, da gab es so viele unterschiedliche Konstellationen, Einflüsse, Wege, die zu dem Gefühl führten: this is right now. Manchmal fühlte es sich an, als hätte man nur das Jawort von einer Braut, die man nicht kennt; und man versucht, durch Intuition die Einwilligung in so ein Wagnis zu rechtfertigen. Manchmal ging es um konkrete Dinge wie Rhythmus. Tatsächlich habe ich mich beim Schreiben allen möglichen Dingen geöffnet, zuweilen einem konkreten Rhythmus. Manchmal einem vertrackten. "Sie wird den Mittag nicht erleben. Sie wird das Opfer für den Frühling sein." Einfaches Beispiel für einen sehr einfachen Rhythmus, bei dem der erste Satz sozusagen den "Takt" des zweiten bestimmt.
      Wiederholungen oder Variationen von Details gehören zu einem anderen "Rhythmus" - sozusagen als Gegenbeat zu unserem Verständnis von Zeit. Aljoscha gelangt immer tiefer in diese Rhythmen, die die Zeichen vorgeben, und in fragendes Tasten danach, was eigentlich geschieht, Erklärungen, Vorstellungen, bizarr anmutende Ideen über "Bestimmung", bis er sich irgendwann nicht einmal mehr wehrt gegen Ideen wie: etwas in der Zukunft könnte Zeichen in die Gegenwart schicken. Das spiegelt sich darin, daß Details mehrmals auftauchen, sozusagen erstmals schon da, wo sie für Aljoscha noch gar nicht "etwas" bedeuten können... aber so tun, als müßte er es schon wissen. - Oder der Versuch, in die Sprache selbst ein Gefühl von Unausweichlichkeit und Unentrinnbarkeit zu legen, all dies und alles andere geschah natürlich irgendwann bewußt, aber nicht im Anschluß an theoretische Konzepte. Es klingt jetzt wahrscheinlich alles nur so, wenn ich erzähle. Ich könnte sagen, mein ganzes Leben - bis dahin - liegt in diesem Buch. Alle Erfahrungen, alle Fähigkeiten, alles, was bis dahin Leben, Liebe, Kunst, Literatur, Musik & everything else aus mir gemacht hatten; und das stimmt. Gleichzeitig reden wir von einem Raum der Entstehung, der wie Rilkes Weltinnenraum war - "A space where you are a mystery to yourself, and the mystery of reality can come to meet you". Alles in einer Art splendid isolation entstanden; bin mit Anfang 20 nach Charleville "zu" Rimbaud gereist, aber das Manuskript schickte ich an Verlage, also in die Gegenwart des deutschen Literaturbetriebs, wie zu einem fernen Planeten. Da gab es dann ein bißchen unverständliches Funkgebritzel, und das Ding kam wieder zurück.
      "Alchemie". I love that.
      And I love your way of taking it in. Thank you so much, again.

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    11. Anonym27.2.12

      (Annette)
      Dear Christian Erdmann,
      das "Danke, vielmals" ist wirklich auf meiner Seite. Ich bin nicht sicher gewesen, im Ernst, ob Sie Lust haben auf so eine Frage zu antworten, die doch auch als indiskretes "Hey, sagen Sie mal, wie haben Sie das nun gemacht, das Ganze...!" verstanden werden könnte. Jedenfalls freue ich mich, dass das Wort Alchemie für die Wortfindung Ihrer Sprache Anerkennung findet. Was Sie hier gerade beschrieben, umrissen und skizziert haben, gibt Einblick und läßt gewissermaßen einiges empathisch nachempfinden und dennoch bleibt im Kern das Rätsel "Wie geht Kunst", kreiert aus Sprache, bestehen. Der Begriff "point central" ist von Ihnen in diesem Sinne wunderbar genannt. Wenn die Schleier zum Zerreißen gebracht werden, das Geheimnis magisch den Blick auf sich zieht und dennoch das Rätsel bestehen bleibt, dann geschieht eben manchmal dieses Wunder "Kunst"! Es gibt so viele begabte, kluge, intelligente und intellektuelle Autoren in Deutschland. Die klopfen immer so brav an die Tür des Lesers: Darf ich hinein? Ich bin ein kluges Buch...ich bin ein engagiertes Buch...ich bin ein wichtiges Buch, das Bezug nimmt auf...! u.s.w.!Ihr Buch klopft nicht an, da sickert die Sprache unter der Türritze hinein, überschwemmt das Haus, spült den Leser zum Fenster hinaus und zieht unter Wasser. Und dann irgendwann findet sich der Leser auf seinem Sofa wieder und reibt sich die Augen...! Nun werde ich mir also Kapitel 15 noch einmal ansehen...und Ihr hier Geschriebenes auf mich wirken lassen...Sie wissen ja, der Nachhall...!Herzlichst gedankt und gegrüßt!

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  7. Von Damtorsk zum alten Hauptgebäude etwa? Jetzt sag nicht, Du kennst den Hörsaal C! Der Saal heißt übrigens seit einigen Jahren Erwin-Panofsky-Saal, nach dem Erforscher des "principle of disguising symbols under the cloak of real things". Sehr zum Wohlgefallen Aljoschas, unnötig zu sagen.

    Britta: :) !

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  8. Nee, Stückchen weiter, hinten bei den Psychologen. Irgendwo dort maß sie einen ganzen Tag lang meine Hirnströme. Es ging um Reiz und Erregung oder so etwas. Musik hören, Dinge betasten und schauen, was mein Hirn dabei macht. Sie wollt´s halt genau wissen. Am Ende der Versuchsreihe zeigte sie mir Zettel mit Kurven drauf und sagte zärtlich: Normal bist du nicht, Honey! :) - Weil wir es in geschlossenen Räumen kaum miteinander aushielten ohne Anstoß zu erregen, liefen wir oft ziellos durch die Hamburger Straßen, redeten Shtuss und beglotzten uns dabei blödsinnig. Wenn wir müde wurden stiegen wir in eine S-Bahn und fuhren genauso ziellos umher. In der S-Bahn bekamen wir oft Lachanfälle, zum Beispiel wenn ich Sätze sagte wie: "Hamburg ist eine Stadt aus Eisen". Oft war es uns alleine nicht möglich wieder auszusteigen, hilfsbereite Fahrgäste mussten kommen und unsere Körper voneinander losreißen. Daheim legte sie oft ein Buch auf meine Brust, schlug es auf, und begann vorzulesen. – Oh ja, Panofsky. Die Sache mit der Perspektive, spannend.

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    1. Ah, that was YOU! Dochja, hilfsbereite Körpertrenner gibt es in der Stadt aus Eisen und Glas, wenn die älteren Damen, die zischeln: "Das ist nicht so schön, was Sie da machen!", vorbeigegangen sind. :) - Tja, dann könnten wir uns tatsächlich sehr gut über den Weg gelaufen sein, irgendwo zwischen Philosophenturm (im Hauptgebäude mehr Kunstgeschichte) und Damtorsk. Dann müßtet Ihr Euch ja eigentlich auch am Abaton-Kino mal vorbeierregt haben. - Geh, hätte sie gesagt: alles normal bei dir, Honey - wäre auch enttäuschend gewesen, oder? :)

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    2. @britta
      Easy, Go´bleshya.
      @annette
      Gute Fragen provozieren gute Selbstauskünfte.
      @Tuschkin
      Danke für die Selbstauskunft als Schriftsteller. Macht nicht jeder. Groß.
      @all
      Die Sprache in „AdI“ ist das Ding, jetzt ist es raus. Tuschkin gehört zu den ganz wenigen Schriftstellern, die man sofort am eigenen Sound erkennen kann, und dafür reicht manchmal nur ein einziger Satz von ihm, das ist der eigentliche Knüller. „AdI“ ist allerfeinster Jazz als Sprache. Tuschkins Sound ist zweigeteilt, da ist einmal ein robuster Grundsound, der sich durch all das Rhythmusgetucker und all die intuitiven Bombenabwürfe virtuos schlängelt, aber auf diesem robusten Grundsound liegt noch eine andere Schicht – und die ist nicht erklärbar, will sich nicht erklären lassen. Diese zweite, dünnere Soundschicht unterhält sich ständig mit der robusten, liegt im Widerstreit mit ihr, schmiegt sich mal an, macht aber im Grunde, was sie will, spielt den Jollyjoker, kippt den Hausmüll in die Biotonne, geht zu Jethro Tull, wenn sie Seven Balls hören will, undsoweiter. Im Grunde ist es wie beim Saxophonsound Charlie Parkers. Eine Schicht ist unkopierbar, niemals analysierbar. Nur mal sagen. [Mach mir aber schon langsam Sorgen, dass ich hier als „Fan“ oder Schlimmeres rüberkomme, aber was recht ist muss recht bleiben und ich geh da jetzt tapfer durch.] :)

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    3. Anonym27.2.12

      (Annette)
      Ja, die Sache mit dem "Fan", die macht mir auch zu Schaffen!
      Ansonsten: Toller Soundmix!

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    4. Liebe Annette,
      daß das Geheimnis magisch den Blick auf sich zieht und dennoch das Rätsel bestehen bleibt, ist das, was mich selbst in der Kunst immer am meisten angezogen hat. Daß *jedes* Kunstwerk eine un-erklärliche Qualität hat, und wir tun eben so, als sprächen wir hier nur von *großer* Kunst, nannte man ehedem wohl das "Je ne sais quoi", und ich glaube an das Ichweißnichtwas. Das Mysterium des Geschaffenen nicht nur als Was, sondern auch als Wie: auch David Lynch, mir wurde wunderbarerweise "Lynch on Lynch" geschenkt, wird an bestimmten Punkten eher unbestimmt. Er scheint übrigens fast an eine Art Eigenleben von Ideen zu glauben, diese Vorstellung klingt an in Formulierungen wie "The ideas for Mulholland Drive just happened to present themselves" oder "Maybe the love is IN the idea, and it just comes into you. I don't know. But the idea is really small and then it expands and shows itself to you so you see it completely." Oder "You've got to be able to say, 'Yes, that's what it should be. That's what the idea said'." Oder "These ideas came in from six-thirty to seven and I saw a way forward based on these ideas. They were like a gift - a blessing." Oder "Ideas never really come all at once … anyway. They come in fragments… But those fragments are compelling other fragments to join them." WIE er von Ideen spricht, schon rein syntaktisch, wirkt immer, als wären sie eine Art lebendige Entität, die irgendwo schon da ist, und die sich einem präsentiert oder zu der man kommt durch "focus and desire". "There's an expression - where your attention is, that will be lively. That's a truthful and magical expression."
      Ich bin so froh, daß Sie from Under Water wieder auf Ihrem Sofa angekommen sind. Aber auch so glücklich darüber, daß es Sie zum Fenster hinaus gespült hat. Zum An-die-Tür-Klopfen der Anderen kann ich nach wie vor kaum etwas sagen, Kafka, Walser (Robert), Trakl, Rilke, Meyrinks Golem, Bebuquin, Joseph Roth, Stefan Zweig, Thomas Mann, BüchnerKleistHölderlinNovalisSchillerGoethe, Fontane, neuerdings Georg Heym, das sind die Namen im Bücherschränkchen vor mir, deutsche Abteilung I. In den hinteren Regionen dieser Behausung, die argwöhnisch zu stöhnen scheinen, wenn ich sie betrete, gibt es etwas wie Abteilung II, die aber von Nietzsche & Co. dominiert wird. Wittgensteins Neffe auf der anderen Seite von Kubins "Die andere Seite". Kennen Sie übrigens "Niels Lyhne" von Jens Peter Jacobsen?

      Ray: was kann ich sagen. Ich bin DEIN Fan. :) (Britta, Annette: kein Wort glauben von "...und wenn du keinen Roman selber schreiben kannst – so wie in meinem Falle". Was ihn abhält, wir wissen es nicht.)

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    5. Anonym29.2.12

      (Annette)
      Ja, Niels Lynhe kenne ich, ein wunderbares und melancholisches Buch...aber es ist wirklich sehr lange her, dass ich es las! Sehen Sie eine besondere Nähe/Identifikation zwischen sich und dem Protagonisten?
      Was die Zitate Ihres geliebten David Lynch angeht, so ist das sehr gut nachvollziehbar: Der Künstler als Magier und Medium, der durch einen alchemistischen (Geburts-)Vorgang den Ideen in unsere Welt hinein hilft o.ä.!
      Besonders erfreulich finde ich, dass Sie Blixa Bargeld als Sprachkünstler erwähnen. Er ist nämlich wirklich ziemlich groß darin. Wenn man Blixa B. mal in den Berliner Cafes oder Straßen begegnet, hat mich immer gerührt, wie er versucht, seine Unsicherheit und Verletzbarkeit zu überspielen. Kennen Sie das TV-Interview (auch in youtube): Blixa B. bei Roger Willemsen? Roger W. als typischer Vertreter Jener, die penetrant an die Tür klopfen: "Ich bin ganz, ganz intellektuell!" und Blixa B., der Typ, der einfach Kunst macht.
      Steht Gottfried Benn tatsächlich nicht in Ihrer Bibliothek oder haben Sie einfach vergessen, ihn aufzuzählen? Ich hätte gedacht, Sie würden ihn gern mögen...!

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    6. Nick Cave und Blixa Bargeld zusammen bei Willemsen, wenn es das ist (?), müßte ich noch auf Video haben irgendwo. BB ist ja auch ein CE, actually, Unsicherheit und Verletzbarkeit, ja bestimmt, verdächtig nur die Ständigsinnlosvonsichüberzeugten, deren Kunst meistens dementsprechend. Kenne Herrn Bargeld ja nur aus Interviews, wo er das Wort ergreifen kann wie der legitime Nachfolger Goethes, der er ja auch ist auf deutschem Boden, aber er leidet so sichtlich am brutalen Unverständnis, wenn es gerade wieder penetriert. Mein Lieblingssatz von ihm derzeit, apart from the lyrics: "Türen aufmachen, wo es vorher gar keine gab."
      Niels Lyhne, mit 23 gelesen, so sehr geliebt, vielleicht deep inside aus Nähe zu seinem zum immer wieder zerschellenden Sehnen, mag sein, "Als Hjerrild Niels Lyhne zum letztenmal sah, lag er da und fabelte von seiner Rüstung und davon, daß er stehend sterben wollte.", aber auch wegen so vieler mich damals einfach berauschender Passagen, "So sah man Edele Lyhne", "Ich will in solch eines Meerfrauenleibes eigentümliche Schönheit eingeweiht werden",
      "Er hatte das Gefühl, das man in Träumen hat; da ist etwas, was ruft, und man will so gern kommen, aber es ist nicht möglich, einen Fuß zu heben, und man wird von seiner Ohnmacht angestachelt, siecht dahin vor Sehnsucht, fortzukommen, wird bis zum Wahnsinn von diesem Rufen aufgereizt, das nicht versteht, das man gebunden ist."
      später verstand ich vor allem, warum Rilke dieses Buch so liebte. Darum steht Jacobsen neben Rilke, obwohl Däne, darum die spontane Frage. :) Man findet nicht so viele Menschen, die "Niels Lyhne" kennen oder gar ein wunderbares Buch nennen. - Benn... ich weiß, daß ich Benn lieben muß. Schon wegen des Satzes, den Ray mal im Spiegelforum zitierte: "Der große Dichter aber ist ein großer Realist, sehr nahe allen Wirklichkeiten...". Und schon wegen des Diktums, das ein älterer Herr vor Äonen Pjotr und Aljoscha in besagter Klinik zuraunzte, während einer Pjotr-Nachtschicht: "Sartre?! Würd ich gar nicht lesen! Kennse Gottfried Benn?" Aber ich kenne nicht genug, die rechte Ausführung des als Frage verkleideten Befehls steht noch aus. Ich selbst habe nichts gegen Befehle dieser Art. :)

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    7. Anonym3.3.12

      (Annette)
      rasches P.S.: Ich meinte das Interview mit B.B. ohne Nick Cave!
      Bei Bulgakow bin ich immerhin schon auf Seite Hundert. Soweit zu monierten Befehlen! Paganini liest interessiert mit!

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    8. Das Interview mit BB ohne Nick Cave finde ich auf youtube somehow nicht, dafür bin ich auf ein Interview mit ihm auf "ZDFkultur" gestoßen, Dezember 2011, das perfekt illustriert, wie ihm sinnlos scheinende Fragerei zu schaffen macht. Brings a whole new meaning to the word embarrassing. Aus Verzweiflung betrinkt er sich mit Wasser. Und nimmt am Ende, als Gentleman, die Schuld auf sich: "Ich bin kein einfacher Gesprächspartner." - "Das ist doch nicht schlimm." - "Hab ich auch nicht behauptet."

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    9. Anonym7.3.12

      (Annette)
      Ja, leider, das Interview ist gelöscht worden, wegen "Urheberrechtsverletzung". Kürzlich standen da noch die gesamten 45 Minuten Blixa B. in "Willemsens Woche". Roger Willemsen, vor Triumph feixend, hat viel (Adorno???) zitiert und B.B. nach der "Psychologie der Musik" befragt. Blixa hat sehr verstört auf seine Fingernägel geschaut, gesagt, dass er die Zitate alle nicht kennen würde und sich nicht mit der Psychologie der Musik beschäftigt hätte. Dann sagte er den Satz, den Sie bereits zitierten: "..Türen, die aufgehen, wo noch keine gewesen sind....!" Roger W. strahlte weiter sein "Victory" und Blixa B. blieb verlegen...Keine Spur von der wohltuenden "Arroganz" des ZDF-Interviews, die ich bei Herrn Willemsen (fast) genauso angebracht gefunden hätte...!

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  9. PS, als es im SPIEGEL Forum noch Kulturthreads gab, in denen man sinnvollen und anregenden Austausch pflegen konnte, habe ich Blixa Bargeld immer beschrieben als den, dessen Arbeit für mich derzeit zum Besten gehört, was man mit deutscher Sprache machen kann. "Stella Maris": nicht, weil ich den Satz "Ein jeder der Traum eines anderen, als wären wir nur Geburten der Sehnsucht" schon geschrieben hatte. Sondern weil, während Streicherklänge das ewige Eis überfliegen, Liebe und Traum neue Naturgesetze schaffen. "Herstellung von Schönheit, wo man sie nicht vermutet, ist die Spezialität des lange Zeit als Nihilist verkleideten Romantikers, der plötzlich das Unsagbare sagt."

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