Sonntag, 27. Oktober 2013

Lou Reed 2.3.1942 - 27.10.2013










Do you remember the silver walks
You used to shiver and I used to talk
Then we went down to Times Square
And ever since I've been hangin' 'round there









Heard "The Velvet Underground & Nico" when I was 16, and ever since I felt protected. Immune to bullshit. He was one of those who protected us forever... he made us feel ten foot tall. Eternally grateful. May he sleep now for a 1000 years.

















8 Kommentare:

  1. Jörn Bünning29.10.13

    Kein Nachruf!
    Tot?
    Na also! Geht doch. :)
    Totgesagte leben bekanntlich länger, aber mit 71 wird es höchste Zeit für die Rebellen. Reed war uns mehr als Idol. Die Velvet Underground Scheiben aus den 60gern waren Kult: frisch, aufwühlend und dunkel.

    Damals (Ende der 70er) dachten viele, er macht's nicht mehr lange. Die Liste der harten Drogen, die Reed noch nicht probiert hatte, fiel schon seinerzeit sehr kurz aus. Dass er immerhin noch mehrere Karrieren durchgehalten hat, spricht für seine Konstitution und die bewundernswerte Energie, mit der er seine Musik durchzusetzen verstand - auch wenn sich zunehmend das Blech unter seine Edelmetalle mischte. Nur mit Grausen erinnere ich mich an den Lulu-Metallica-Schrott, noch heute tun mir die Musikkritiker leid, die sich das anhören mussten.

    Erstaunlicherweise schaffte es der dunkle Lou zuweilen auch zum Everybody's Darling, ohne dass man ihn dafür zu hassen brauchte, auch blieben die Perfect Days selten. Nach einem endlos langen Musikleben aus Kampf und Streit, Erfolg und Niederlagen nun endlich Ruhe. Lou, du hast es dir redlich verdient.

    Ein Freund.

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    1. "Sinistre Coolness", somebody just said. Diese sinistre Coolness war so anziehend damals, als ich "The Velvet Underground & Nico" entdeckte, als Satellit in den Sphären dieser jungen Lady, die mich erlöste aus endlosen Nachmittagen, an denen man sich auf HiFi-Dachböden, hingeschlumpt in Sitzsäcken, Yes-Platten anhören mußte. "Venus In Furs", "All Tomorrow's Parties", "I'm Waiting For The Man": du gehst durch diese Tür, und du kommst nie mehr zurück. Mit 19 fing ich an, mir Lou Reeds Solowerk zu erobern. "Berlin" kann ich mir heute nur noch bei bestimmten Sternenkonstellationen anhören - zu intensiv die Erlebnisse damals, die "Berlin" begleiteten. Sah Reed live mit 20, später waren mir John Cale und Nico näher, aber es war (ist) alles ein Sternbild. So wie man im Zittern von Nicos Stimme auf "I'll Be Your Mirror" hört, wie Reed, Cale und Morrison sie stundenlang gepeinigt hatten… Sterling Morrison: "Nico had two voices. One was a full-register, Germanic, gotterdammerung voice, the other was her wispy voice which I liked. She kept singing 'I'll Be Your Mirror' in her strident voice. Dissatisfied, we kept making her do it over and over again until she broke down and burst into tears." Den Take, den sie dann sang, nahmen sie. Oder dieser unfaßbare Song "It Was A Pleasure Then" auf Nicos "Chelsea Girl", 8 Minuten lang. Sie hatten Nico wieder rausgeschmissen bei Velvet Underground, aber auf diesem Song begleiten sie nur Reed und Cale, most haunting. Die Velvet Underground-Reunion habe ich aus irgendeinem Instinkt heraus vermieden, "Songs For Drella" dagegen... damals war es vor allem die berührende Schönheit dieses Moments, Reed und Cale wieder vereint zu sehen, aber das Werk scheint einem ja von Mal zu Mal noch besser jetzt, Sonntagnacht wieder gehört, danach liegt man erstmal eine Stunde sprachlos da. Reeds "Goodbye, Andy" am Schluß, it hurts so much, now.
      Reed selbst: bis "Street Hassle", dann noch dieses Live-Album, das nur er sich trauen konnte, auf dem er z.B. "Walk On The Wild Side" mit giftigen Monologen, verbalem Slapstick und generellem stream of consciousness auf 14 Minuten streckt, "The Blue Mask" hat große Momente, aber der spätere Reed wollte mir immer zuviel, zuviel auf einmal, zuviel Literarisches in einem etwas bemühten New York-Modus (wo doch "Do you remember the silver walks / You used to shiver and I used to talk" ein ganzer Film war), zuviel Suche nach perfektem Klang, die zu mir zu steril geriet, was soll's, nichts schmälert die Bedeutung dieses Mannes in meinem Leben. "Up-tight - The Velvet Underground Story" war das erste Buch, das ich mir aus Übersee kommen ließ, prä-Internet-Ära, versteht sich. Wußtest Du, daß Nico den Velvet Underground-Van fuhr? Warhol: "Nico's driving really was insane when we hit Ann Arbor. She was shooting across sidewalks and over people's lawns."
      The strangeness of it. Er war immer da. Dieser laszive Gang ins Gefährliche, oder gerade zurück von da, wasted, das SM-Paperback auf dem sidewalk als magisches Zeichen, die Schönheit der devianten Schönheit, "This is a song about… oh when you've done something so sad and you wake up the next day and remember it. This is a song called Sunday Morning."
      Danke für Deinen KeinNachruf.

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    2. Jörn Bünning30.10.13

      [Oh man, eigentlich wollte ich auch mal die Klappe halten, damit hier nicht der Eindruck entsteht, wir hätten was miteinander. :)
      Aber da sehe ich, kaum dass die Druckerschwärze getrocknet ist, Deinen Text. Muss wohl so sein. Ich kann es mir nicht verkneifen, sorry.]

      Ja, Nico ist schon ein Thema für sich. Zuerst dachten wir, was macht das Groupie da? Wer lässt sie singen? Wieso? Normalerweise hilft so etwas beim Abbinden oder setzt die Nadel an, wenn die Hände schon zu sehr zittern, aber singen?
      Dann begriffen wir es: Sie KONNTE gar nicht singen und DAS war es. Sie tat es einfach. Mit dem Mut der Verzweiflung, mit nackter Seele, die sich hinter keiner Technik verstecken konnte. Selbst auf der Bühne musste sie geradestehen bei falschen oder ausbleibenden Tönen und die Mühe, die sie beim Singen hatte, übertrug sich wie eine Magie auf die Zuhörenden. Dazu eine gnadenlose, perfekte Karaokemaschine als Begleitband. Nicht zur Begleitung, zur Herausforderung und Folter. Was für ein perfides Konzept! Es funktionierte - zumindest eine Zeitlang.

      Die Mädels unter uns wollten sein wie Nico und begannen, ebenfalls mitzusingen. Sie hatten die Texte bald drauf und was wir sonst noch von Velvet Underground übernahmen, davon muss ich hier ganz schweigen. Noch immer kann ich die Musik nicht unbefangen hören: Es hängt einfach zuvieles daran.

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    3. Über Nico kann ich nicht unbefangen reden. Hat man das Gefühl, eigentlich die ganze Zeit zwischen Rosen im Schnee dem Lied des einsamen Mädchens hinterhergewandert zu sein, versinkt man in "The Marble Index". Die hypnotisierendsten Augen auf einem Cover ever. Der düsterste Abgrund, den man finden kann, zugleich ist die Platte unfaßbar schön in ihrer monumentalen Einsamkeit. Frozen Warnings, one of the most mesmerizing pieces of music I know.
      Kennst Du "Nico - Icon"? Ich bin zweimal allein ins Kino gegangen für diesen Film, und hatte zweimal Tränen in den Augen am Ende, als John Cale "Frozen Warnings" singt.
      "Ein Sehnen verzehret sein schönes Gesicht / Das ermattet von Güte beschattet allmächtig ist" - Deutsch, das aus der Zeit gefallen ist. Aus jeder Zeit.

      > Dann begriffen wir es: Sie KONNTE gar nicht singen und DAS war es. Sie tat es einfach. Mit dem Mut der Verzweiflung, mit nackter Seele, die sich hinter keiner Technik verstecken konnte. Selbst auf der Bühne musste sie geradestehen bei falschen oder ausbleibenden Tönen und die Mühe, die sie beim Singen hatte, übertrug sich wie eine Magie auf die Zuhörenden.

      Eine wunderbare Beschreibung.

      Es war, of all things, Marc Almond, der zum letzten Mal ihre Stimme einfing, Nico starb einen Monat nach dieser Aufnahme.

      Your Kisses Burn

      Weil man es nicht oft genug wiederholen kann: wie "Sister Ray" entstand.

      MORRISON: There would be a big brawl over which take to use. Of course everybody would opt for the takes where they sounded best. It was a tremendous hassle, so on "Sister Ray" which we knew was going to be a major effort we stared at each other and said: 'This is going to be one take. So whatever you want to do, you better do it now.'
      And that explains what is going on in the mix. There is a musical struggle - everyone's trying to do what he wants to do every second, and nobody's backing off. I think it's great the way the organ comes in. Cale starts to try and play a solo. He's totally buried and there's a sort of surge and then he's pulling out all the stops until he just rises out of the pack. He was able to get louder than Lou and I were. The drums are almost totally drowned out.

      REED: The only way to go through something is to go right into the middle, the only way to do it is to not kid around. Storm coming - you go right through the center and you may come out alright. Most people don't even know there's a center. [… ] 'Sister Ray' … has eight characters in it and this guy gets killed and nobody does anything. The situation is a bunch of drag queens taking some sailors home with them, shooting up on smack and having this orgy when the police appear. […] I had been listening to a lot of Cecil Taylor and Ornette Coleman, and wanted to get something like that with a rock & roll feeling. When we did 'Sister Ray', we turned up to ten flat out, leakage all over the place. That's it. They asked us what we were going to do. We said 'We're going to start'. They said 'Who's playing bass?' We said 'There is no bass'. They asked us when it ends. We didn't know. When it ends, that's when it ends."

      > …damit hier nicht der Eindruck entsteht, wir hätten was miteinander. :)

      Geht in Ordnung. Alle meinen eh immer, ich hätte irgendein dunkles Geheimnis. Hab ich eben zwei dunkle Geheimnisse.
      :)

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  2. nico sah ich bei ihrem letzten konzert im planetarium steglitz.....dann ging sie nach ibiza um zu sterben.suchte dort 2 wochen später ihr grab, fand es aber viel später hier in berlin auf dem waldfriedhof unweit der havel.war grad wieder mal da, immer steht was rum, rotwein und zettel von verehrern.

    bei lous konzert winter 76/77 in der eissporthalle,sie hatte wohl grad die schlüssel für eine wohnung im eichkamp,kam sie spontan auf die bühne und begann zu singen,ich glaub es war I ´LL BE YOUR MIRROR, was daneben ging ,und sie verliess die bühne mit dem satz
    SORRY; IT WAS ONLY IMPROVISED, in ihrem herrlichen walhalla-englisch.....
    der satz wurde für mich ein geflügeltes wort wannimmer ich daneben lag......

    und lou rührt mich immer wieder bis ins mark mit CONEY ISLAND BABY ,der text ist wunderschön.....
    MAN; I´D SWEAR I´D GIVE THE WHOLE THING UP FOR YOU............einer der melancholischsten rockballaden ueberhaupt.und bei VENUS IN FURS......gänsehaut und scary feelings..............rest in peace,ihr beiden.....und streitet euch nicht!!!



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    1. "Sorry, it was only improvised" - phantastisch. THE MARBLE INDEX bricht mir tausendmal das Herz, dieser traurige, kalte, unheimliche Wind, der durch diese Lieder weht, aus ihr das einsamste aller Mädchen macht, das in einem mittelalterlichen Paralleluniversum existiert. Werde eines Tages vor ihrem Grab stehen in the fairest of the seasons oder Rosen in den Schnee werfend. FROZEN WARNINGS ist eines der größten Kunstwerke überhaupt, in my book. Wie kostbar, sie live erlebt zu haben. - Lou Reed sah ich einmal live, ich war 20, aber es war bereits Verbeugung für alles, was er für mein Leben getan hatte, tat, und tun würde. - Nein, sie streiten nicht, let's hope. Aber bestimmt kommt sie zu Verabredungen immer noch zu spät, Stunden, Tage, Äonen.

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  3. james young schrieb ein buch ueber seine erfahrungen mit ihr: NICO REISE IN DIE FINSTERNIS...... empfehlenswert, da man noch mehr einblick in ihr eigentliches wesen bekommt....... auch eigenwillige geschichten ueber konzerttouren etc.,.... sie ist ja auch kurz zu sehen in LA DOLCE VITA........ äonen zu spät, das denke ich auch.....

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    1. Danke Dir für die Empfehlung! Ein Buch, das scheinbar vollkommen vom Erdboden verschluckt ist: Axel von Cossart, KULT UM NICO. 1995 erschienen, ich fand es in den späten 90ern in der Zentralbibliothek HH, und aus irgendeinem Instinkt heraus, die Präsenz dieses Buches schien sehr unwirklich, kopierte ich mir die ganzen 260 Seiten auf der Stelle. Vielleicht haben die Wenders'schen Engel auf der zweiten Terrassenebene der Staatsbibliothek noch ein Exemplar. - LA DOLCE VITA, yeah - aber sie sagte ja: "Ich bin zum Schauspielern zu scheu. Ich kann nicht so tun, als wäre ich jemand anders, weil ich schon jemand anderes bin."

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