In die Kommentarsektionen des SPIEGEL geschrieben zu Artikeln von Samira El Ouassil, Arno Frank und Margarete Stokowski.
05 / 2020
Ja, sicher, sie ist Antisemitin. Sie glaubt auch wirklich selbst, daß die Erektion des schwarzen Glieds alle 7 Liter Blut braucht, über die ein Mensch verfügt.
Meine Güte: sie greift all das auf, was jeder intelligente Mensch als Un- bis Schwachsinn erkennen muß, und überspitzt es ins komplett Absurde.
Aber es war völlig klar, daß eine so schöne und provozierend schlanke Frau, die diese Provokation mit ihrer Kleidung auch noch betont, und schamlos ihren Esprit verspritzt, irgendwann nicht mehr ungestraft davonkommt.
08 / 2020
Was Lisa Eckhart auch offenbart, ist der Reflex, Aufbegehren gegen Political Correctness rechts zu verorten. So wird dann der diabolisch schöne Gestus, mit dem Lisa Eckhart die PC bitterbös torpediert, auch auf wundersame Weise "rechts" angesiedelt. Es wird höchste Zeit, den Rechten das lärmende Monopol auf die Revolte gegen das Politisch und Sonstwie Korrekte aus der Hand zu nehmen, und Lisa Eckharts Langgliedrigkeit taugt dazu so gut wie ihr bezauberndes Mundwerk.
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Ich halte Lisa Eckhart für eine totale Individualistin, die eine unüberwindliche Abneigung hat dagegen, irgendeinem Lager anzugehören. Denn das hieße, sich gemein(sam) machen. Sie hat auch offensichtlich keine Sympathie für das Ordinäre, weshalb, tut mir leid, auch der durchschnittliche Wutbürger, eher rechts, keine Chance hat, Lisa Eckhart zu vereinnahmen.
Daß das Harbour Front Literaturfestival sie allen Ernstes auslädt, ist peinlich, und eine Aktion, die nach hinten losgeht, weil sie Wasser auf die Mühlen der Rechten ist, die behaupten, linkslastige Attitüde herrsche überall in diesem Land. Dabei ist es schon alles andere als "links", Lisa Eckhart, die alles andere als "rechts" ist, auszuladen.
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Wenn jede Form von Exzentrizität als Schaustück für die freudlose Angepaßtheit der Gegenwart dient, hat die Kunst keine große Zukunft mehr. Vgl. Lisa Eckhart.
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"Eckhart steht unter anderem in der Kritik, weil ihr Kabarettprogramm antisemitische, homo- und transfeindliche, rassistische Witze enthält." (M. Stokowski)
Lisa Eckhart bei Pufpaff, März 2018: "Sexuelle Belästigung ist gerade das meistgeächtetste Delikt unserer Gesellschaft, und der einzige Gewinner dieser Entwicklung ist der Antisemitismus. Sie können derzeit vergnügt das Horst Wessel-Lied pfeifen, solange Sie es nicht einer Frau hinterherpfeifen."
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Dementsprechend ist es auch nicht "rechts", den Umgang mit Lisa Eckhart so engstirnig wie dreist zu finden.
Ich empfinde es als peinlich, daß die Revolte gegen die PC immer noch ein Privileg der Rechten ist. Eskalierende PC wird der Tod aller Kreativität, aller Schönheit, allen Fortschritts im Denken sein, und eine solche "Errungenschaft" ist nicht "links". Also ist der Protest gegen die Auswüchse der PC auch nicht "rechts".
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Schau an, gerade schrieb ich, (eskalierende) PC wird der Tod aller Kreativität, aller Schönheit, allen Fortschritts im Denken sein, da schreibt Nick Cave in seinen Red Hand Files quasi dasselbe, nämlich: Political Correctness hat sich zur traurigsten und schrecklichsten Religion der Welt entwickelt. Ihr einst ehrenhafter Versuch, die Gesellschaft auf gerechtere Weise neu zu definieren, verkörpert jetzt nur noch die schlimmsten Aspekte, die eine Religion zu bieten hat (und nichts von ihrer Schönheit). Die Weigerung der Kultur, sich auch auf unangenehme Ideen einzulassen, so Cave, wirkt erstickend auf die kreative Seele einer Gesellschaft.
Da Lisa Eckharts Vortrag sich primär gegen die moralische Borniertheit und Selbstgerechtigkeit der PC richtet, fühlt sich jemand wie Frau Stokowski natürlich von dieser Person gestört und bemüßigt, in einem Nebensatz kurz zu behaupten, Eckhart werde zurecht kritisiert (für ihren Antisemitismus, ihren Rassismus etc), was kinderleicht zu widerlegen ist. Bestattungsunternehmen Stokowski (siehe 1. Satz oben) mal wieder auf dem falschen Dampfer. Sonneborn in der BZ gerade: dieses bewußte Mißverstehen, um bestimmte Inhalte zu skandalisieren und sich selbst auf der vermeintlich richtigen Seite moralisch positionieren zu können, ist in dieser Form und in dieser Frequenz schon neu.
" ... falls die Monarchie doch noch zurückkommt, sollte es eine Königin geben, und sie sollte Lisa Eckhart heißen."
-> Lockdown Postcard # 2, April 2020
Und hier noch der formidable Kommentar von ray05, ebenfalls aus der Kommentarsektion zum Artikel "Punchline in die Magengrube" von Samira El Ouassil. Leicht zu finden dort: Ansichtsoption "Am besten bewertet" wählen.
ray05:
Es scheint mir wichtig, daran zu erinnern, dass diese "Lisa Eckhart" eine Kunstfigur ist, eine Bühnenpersona. Alles, was diese Figur auf der Bühne sagt (und vor allem WIE sie es sagt), ist nicht identisch mit der Haltung oder den Ansichten der Autorin, die diese Figur erfunden hat; ganz so, wie im Roman der Erzähler nicht identisch ist mit dem Autor. Ich halte es für wohlfeil und intellektuell unredlich, eine Spoken-Word-Bühnenperformance in planen Text zu transskribieren, dann nach Herzenslust die ungehörigen "Stellen" zu zitieren, um die Autorin/Künstlerin in Bausch & Bogen denunzieren zu können. Natürlich ist das, was "Lisa Eckhart" da sagt, antisemitisch bis zum Stehkragen, aber wie sagt diese Figur das denn? Sie sagt es im blasiert-affektierten Duktus des typisch Wienerischen Schmähsingsangs, und dabei steckt sie in einem Salonkostüm im Stile der 30er Jahre; all das gehört zur Performance dazu, das ist kein Zufall, das gehört zur Fundamentalkritik. Mir ist völlig schleierhaft, wie man einen Auftritt so völlig falsch bewerten kann. Alles liegt klar auf der Hand. Schon das Eingangsstatement, die völlig absurde Vermutung der Sprecherin, MeToo sei antisemitisch, weil Weinstein, Allen undsoweiter, kann doch gar keinen weiteren Zweifel darüber aufkommen lassen, dass wir es hier mit einem satirischen Durchgriff zu tun haben. Bei all dem ist es zugegebenermaßen fast unmöglich, dass man nicht auch Beifall von der falschen Seite bekommen kann, das wusste schon Bertolt Brecht. Stellt sich nur die Frage, ob umgekehrt die Denunziation von den eigenen Leuten nicht vielleicht noch schlimmer ist.