Schlägt langsam
Dreizehn. Shaking hands with Jesse Hughes. Madame & ich befinden uns in der
ersten Reihe, aber eher Außenposten rechts, zwar mit perfekter Sicht auf die
Bühne, von der Bühne aus gesehen aber eigentlich eher im Funkloch. Trotzdem
marschiert kurz danach
Jesse mit seiner
weißen Gitarre um den Boxenturm herum, bleibt vor mir stehen, strahlend, like a long lost friend, wir schütteln
uns die Hand, mit meiner Linken berühre ich den Oberarm von fatherbadass, kurz darauf habe ich
sonnenhell schockiert vergessen, welches der erste Song war. "I Only Want
You". Natürlich. Surreal intimer Moment im Hexenkessel. Vor uns in the wings Legende Slim Jim Phantom
von den Stray Cats, der mit Miss Jennie Vee liiert ist. Könnte Gott / Teufel bitte
ein Sonett für Jennie Vee verfassen. Als sie mit Bass und Gesang für etwa 1,5
Minuten "Ace Of Spades" angestimmt hat, kniet Jesse nieder, um ihre
Hand zu küssen, Miss Vee nimmt den Handkuß äußerst huldvoll entgegen, 10
Sekunden lang sind die beiden ganz in ihrer eigenen Welt, zu Herzen gehend dabei Jesses
Blick. Ja, der Mann gibt in Interviews auch mal Zinnober zum Besten, nicht alles
posttraumatisch, manches nur töricht, selbst seinem guten Freund Mark Lanegan tat
es weh, im März 2018, Hughes so "off the rails" zu sehen, und er bat
öffentlich: "Come back bro". Aber wenn in einem Wanderzirkus eine
Ballerina abends allein vor ihrem Zirkuswagen tanzt, dann ist es Herr Boots Electric, der sie
ansieht voll Bewunderung und aufrichtiger Zärtlichkeit. "Jesse's
an eccentric, idiosyncratic, high-IQ nutball" (Josh Homme), aber seine Empathie kennt keine Grenzen. Man darf nie vergessen, was diesem Mann aufgebürdet wurde, und daß es in seiner Lage überall Falltüren gibt. Ob ein Eagles
of Death Metal-Konzert jemals wieder gänzlich unbekümmert sein kann, weiß der
Himmel, a total blast ist jedenfalls immer auch a different kind of celebration jetzt. Wenn ich
es richtig verstanden habe, war es ein Bataclan-Überlebender, der eine
Tricolore mit der Aufschrift LOVE mitgebracht hatte, die dann von Jesse über
die Bassdrum gelegt wurde. Ein neues Album ist gerade erschienen, "The
Best Songs We Never Wrote", unter den Covern das an diesem Abend auch
gespielte "Moonage Daydream" von David Bowie, Jesse wollte es klingen
lassen, als käme es "from the times of Robert Johnson. Jack
White has this recording machine at his studio in Nashville from the 30s which
allows people to record a two minute, 50 second song directly to disc. I brought
my whole band and we recorded it crowded round this bizarre single microphone.
We sang the song and the cracks and pops are exactly the way it was recorded
direct to a vinyl disc."
Am bewegendsten aber "Trouble".
"Cat Stevens
is a hero to me and someone that I hold in high regard. 'Trouble' itself is a
powerful song about a very simple theme of personal trauma. I experienced an
event in Paris that was very traumatic and this became my go-to song. It was
the song I listened to every day that summed up the experience."
Statt Sonett.
Statt Hamburg: London, 2 Tage später.