Samstag, 4. April 2020

Lockdown Postcard










And if you see my friend
I thought I would again
A single thin straight line
I thought we had more time
I thought we had more time








Trent Reznor schrieb diesen Song für seinen verstorbenen Freund David Bowie. "I thought we had more time" ist ein Satz, der mir sehr unter die Haut geht grad'. Bitte achtet auf Euch. 

Fragte mich, ob "Die Pest" von Albert Camus in diesen Tagen eine Renaissance erfährt, aber das ist erstaunlich: Bestseller in Klassiker bei amazon, 24.03.2020: #1 Albert Camus, "Die Pest", Kindle Ausgabe; #2 Albert Camus, "Die Pest", Taschenbuch. Ich las "Die Pest" mit 23, auf dem Weg nach Charleville (= auf dem Weg zu Arthur Rimbaud), und in einem Ort namens Longuyon schrieb ich mir diese Passagen in mein Tagebuch:

"Menschen, die geistig, seelisch und körperlich verbunden waren, mußten die Zeichen dieser alten Gemeinschaft in den Druckbuchstaben einer Depesche von zehn Worten zusammensuchen. Und da die Wendungen, die in einem Telegramm zu gebrauchen sind, schnell erschöpft werden, verdichteten sich lange, gemeinsam durchlebte Jahre oder schmerzliche Leidenschaften rasch zu einem regelmäßigen Austausch stehender Redensarten wie: 'Bin gesund. Denke an Dich. Alles Liebe.'"

"Bis vier Uhr morgens tut man gewöhnlich nichts, man schläft, selbst wenn es die Nacht eines Verrats war. Ja, man schläft um diese Zeit, und das ist tröstlich, weil der große Wunsch eines unruhigen Herzens darin besteht, den geliebten Menschen unaufhörlich zu besitzen oder ihn, wenn die Zeit der Trennung gekommen ist, in einen traumlosen Schlaf zu tauchen, der sein Ende erst am Tag der Wiedervereinigung fände."

Lockdown Song #1: 100 Tage warten, dann kommt ein Schiff.


When the willow bends towards the end of day
And twilight falls again
To the funny sound that a blackbird makes
Twilight falls again
As no good reason remains, I'll do the same
Thinking of you
One day a ship comes in, one day a ship comes in
But I can't say how or when
But I know somewhere a ship comes in every day
There is no morphine, I'm only sleeping
There is no crime to dreams like this
And if you could take something with you
It would be right
Something good
From my fingertips, the cigarette throws ashes to the ground
I'd stop and talk to the girls who work this street, but I got business farther down
Like one long season of rain, I will remain
Thinking of you
One day a ship comes in
From far away a ship comes in
One hundred days you wait for it
And you know somewhere a ship comes in every day
There is no morphine, I'm only sleeping
There is no crime to dreams like this
And if you could take something with you
It would be bright
Just like something good
One day a ship comes in
One hundred days you wait for it
Something bright
Something so good
One hundred days
A ship comes in every day
You know it's good
You know it's good
A ship comes in every day
One day a ship comes in
It's good
When it's something good


















Hello again. Wäre man sehr zynisch, könnte man viel Gutes in der Krise sehen. Klar und kalt erholt sich die Natur vom Abgas-Overkill. Menschen verschieben Prioritäten, Werte, Denkweisen. Pflegepersonal, Kassiererinnen und Busfahrer erfahren Schätzung wie nie vorher. Leere Straßen und Plätze, Zusammenhalt, Ruhe, Entspannung. Good times for ever socially distanced people.

I don't know. Das Sterben, das Leiden fraglos entsetzlich. Spanien, Italien, furchtbar. In welcher Phase Camus befinden wir uns? Phase 2, schätze ich. Ob wir Phase 4 erreichen? Scheint unerreichbar.

Zahllose Verschwörungstheorien zu lesen und zu hören. Somewhere I saw the one "David Bowie hat doch die Welt zusammengehalten. Alles bricht auseinander, seit er weg ist."

Lanegans Schiff scheint noch weit auf dem Ozean, vermutlich keine Funkverbindung mehr.

Day 1 of my personal lockdown today. Bin zunächst noch froh gestimmt, colleagues versprachen tiefe Entspannung. Haben Sie Leseempfehlungen? Sollte man "Verschwende deine Jugend" repetieren?

Viertel vor Lockdown sahen wir die wunderbare und zum dritten Mal schon sehr schwangere Mrs. Iceglass auf einer feinen Bühne in Bremen. Sie schien in sich ruhend, tief wissend, full of darkness. Das neue Video lebt ebenso von ihrer Wholesomeness, I guess.

Lockdown Song #2: Connection.





The Last Thing

i'm collapsing, breaking down
silently onto the ground
above me the azure sky
the last thing i see in my life
a swallow makes a little cry
as i look up for the last time
there won't be a miracle
there's really nothing more to come

and all metaphysical
unmasks itself now
did we have each other enough
did we connect deep enough

i'm collapsing, just now
falling without a sound
an orange sunbeam on the rye
the last thing i see in my life 
and no one's even bothered
whether i even worked
or felt something like happiness
as i lose out on this heart attack

and all metaphysical
unmasks itself now
did we have each other enough
did we connect deep enough










Daß David Bowie mit seiner Präsenz die Welt zusammenhielt, daß die Realität langsam zerbröckelt, seit er den Planeten verließ, hielten wir schon 2016 nicht für eine Verschwörungstheorie, sondern für Wissenschaft on the right track, wenn ich erinnern darf. :) 

Dafür hat Bob Dylan letzte Nacht aus dem Nichts einen Song veröffentlicht, den er "a while back" aufgenommen hat und der 17 Minuten lang ist. (Wahrscheinlich ist das die Kurzversion). Man möchte beten, daß es nicht der letzte Akt ist, mit dem Dylan dieser world gone wrong noch einmal ein unfaßbares Geschenk macht. Ein Panorama, das mit dem Kennedy-Mord seinen Ausgang nimmt, und das auch dem allerletzten Dummkopf nochmal vor Augen führen müßte, warum Dylan den Literatur-Nobelpreis bekommen hat. Hatte gestern auf fb geschrieben: "Ordnung des Kosmos: Virgo-Superhaufen - kleiner Zwischenraum - Johnny Cash - Rest. Oder wie Nick Cave sagte: 'Johnny Cash recorded one of my songs so you can all get fucked.'" Dylan befindet sich in der Weltordnung natürlich so unendlich weit über allem, daß man ihn gar nicht eigens erwähnen muß. Meine Leseempfehlung für heute. Lockdown Song # 3.








"Zapruder's film, I've seen that before / Seen it thirty-three times, maybe more". King Kill 33°, remember. "Tommy, can you hear me? I'm the Acid Queen" - eine Songzeile, die aus The Who-Songtiteln zusammengesetzt ist, es wäre verfehlt zu sagen, daß der Song voller "Referenzen" ist, er montiert einfach alles neu zusammen, Weltgeschichte, Popkultur, Perspektiven, Phänomene, Erinnerungen, Bedeutungen, Bedeutung von Songzeilen, Realismus, Surrealismus, wie ein Prophet, der das letzte halbe Jahrhundert in seiner eigenen Offenbarung zusammenfaßt. 

It's lovely to have you here and see you here, nach Jahren ausgefallener Adventskalender, und es ist absolut folgerichtig, von Ihrer Liebe zu Lebanon Hanover umgehend aus dem Iceglass-Funkloch geholt zu werden. Tatsächlich aber auch mein Eindruck, daß sie wärmer klingt, somehow, right? "Did we have each other enough / Did we connect deep enough". Beim letzten Anblick, blauer Himmel oder orangefarbener Sonnenstrahl im Getreidefeld, möchte ich nicht darüber weinen.

Das ist schön, daß es Ihnen Viertel vor Lockdown noch gelang, das Konzert in Bremen zu sehen. Tickets für Nick Cave und die Swans im Mai, both postponed, The Church werden ihr Konzert im Juni auch noch absagen, of course. Vor 3 Wochen gab es tatsächlich noch die leise Hoffnung, daß wir nach Gent zu der Van Eyck-Ausstellung fahren können, obwohl man schon nicht mehr wirklich in Stimmung dafür war, seitdem geht alles so rasend schnell. Urplötzlich steht in gestochen scharfer Schrift da, was man meist nur als Subtext wahrnimmt - daß nie etwas sicher ist, daß die Wirklichkeit sich permanent in rasendem Tempo verändert, daß alles ganz schnell vorbei sein kann.

Wir sind Menschen, es ist nicht zynisch, neben dem Leid, das sich himmelhoch türmen und da oben ein paar harte Fragen stellen wird, auch viel Gutes zu erkennen. Tatsächlich geht es erst einmal ums Überleben. Aber eine Krise zwingt uns immer dazu, genauer darüber nachzudenken, was uns wirklich wichtig ist. Menschen verschieben Prioritäten, Werte, Denkweisen, you say; ja, das kann man erkennen. Was davon bleiben wird nach dem Shutdown? Zizek hat in der NZZ ja davon gesprochen, daß in der Unwirklichkeit um uns herum neue Formen lokaler und globaler Solidarität entstehen, daß aber das Leben, wenn es am Ende wieder zur Normalität zurückkehrt, auf andere Weise normal sein wird. Nur wie? Wird sich unsere Einstellung dem Leben gegenüber ändern, weil wir auf neue, bestürzende Weise erfahren haben, wie zerbrechlich die Existenz der Menschheit auf diesem Planeten ist? Vieles wird uns weiter heimsuchen, als wäre nichts gewesen, im Kleinen wie im Großen, die "Lidl lohnt sich"-Stimme wird weiter sinnlos quieken wie Minnie Maus auf LSD, alte Schurken werden durch neue Schurken ersetzt. Aber vielleicht ist Corona tatsächlich der Name der letzten Katastrophe vor einem Bewußtseinssprung.

Auffallend finde ich, wie in der klaren kalten Luft, selbst unter einem so schönen Blau wie heute, da die Menschen durch die Auen spazieren, die Lärmigkeit verschwunden ist. Über allem liegt eine Gedämpftheit, die den Menschen gut steht.

"Verschwende deine Jugend", hm, da bin ich leider unwissend, würde ich aber vermutlich in einer Nacht durchlesen, nein? Hat denn inzwischen "Der Meister und Margarita" von Bulgakow den Weg in Ihren Bücherschrank gefunden? Falls nicht, unbedingt empfohlen, und unbedingt in der Übersetzung von Thomas Reschke. NICHT die neue Übersetzung, an der geht Bulgakow zugrunde.

"Er verbrachte seine Tage angespannt und im Bewusstsein von etwas Ungewöhnlichem, wie ein Mensch, der versehentlich ein Stück von einer dicken Wolke verschluckt hat." - Haruki Murakami, 1Q84

Auch letzte Nacht aus dem Nichts gekommen: Nine Inch Nails, "Ghosts V" und "Ghosts VI", free download. And they wrote:


Friends - 

Weird times indeed...

As the news seems to turn ever more grim by the hour, we've found ourselves vacillating wildly between feeling like there may be hope at times to utter despair - often changing minute to minute. Although each of us define ourselves as antisocial-types who prefer being on our own, this situation has really made us appreciate the power and need for CONNECTION.

Music - whether listening to it, thinking about it or creating it - has always been the thing that helped us get through anything - good or bad. With that in mind, we decided to burn the midnight oil and complete these new Ghosts records as a means of staying somewhat sane.

Ghosts V: Together is for when things seem like it might all be okay, and Ghosts VI: Locusts... well, you'll figure it out.

It made us feel better to make these and it feels good to share them. Music has always had a way of making us feel a little less alone in the world... and hopefully it does for you, too. Remember, everyone is in this thing together and this too shall pass.

We look forward to seeing you again soon.

Be smart and safe and take care of each other.

With love,

Trent & Atticus




Lockdown Song #4: CONNECTION #2
















All right, natürlich hatten wir die Bowie Theorie schon. Wollte nur bemerken, dass sie weiterhin aktuell ist und Erwähnung findet. Bowies Spur begegnete mir im November in London, als ich durch Soho ging. In einer ganz kleinen Seitengasse standen einfach mal ein paar Leute vor einem Haus - ehrfürchtig. Eines von diesen schönen blauen Schildchen dran. Bowie hat dort vermutlich mal 5 Minuten gewohnt. :) 

Ja, ich flog nach London, trotz allem, in der schwersten aller Zeiten, Anfang November und es war wundervoll, selbstverständlich. Besuchte zum ersten und am nächsten Tag gleich zum zweiten Mal ein Theater im Westend. Erlebte in einem dieser schönen, alten viktorianischen Häuser die grandiose Zizi Strallen und Petula Clark in "Mary Poppins". Hatte jedesmal Tränen in den Augen, weil es atemberaubend ist, wenn die Vogelfrau auf die Bühne kommt und ihr eigentlich sehr melancholisches Lied singt, auf den Stufen St. Pauls. Mary Poppins ist eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen, wobei ich immer nur die Kassette gehört habe, auf der Lilo Pulver die Erzählerin war. :) Den Film habe ich erst vor ein paar Jahren gesehen. Aber ich kannte jedes Wort, jedes Geräusch auswendig. Schwer zu verstehen, warum eigentlich, aber die Vorstellung, dass ein Kindermädchen kommt und die Welt schön und magisch macht, gefiel mir besser als die blonden Prinzessinnen. Das Musical war schon im Hamburger Hafen nett, aber ich wußte, dass ich nach London MUSS, um das Original zu sehen. Es waren die schönsten Stunden des letzten Jahres. 

Brits scheinen anders ins Theater zu gehen als wir, sie gehen vorher shoppen in London oder essen oder trinken, sie werfen sich mit all ihrem Hab und Gut, drinks und sweets in ihre Sitze, bewundern alles, machen Selfies, sind chatty, alive und genießen offensichtlich jeden Moment. 

Am zweiten Abend wagte ich mich in der Pause an die Bar, in der Schlange drehte sich eine Lady zu mir um und fing ein Gespräch über die Aufführung an. Damn, sie wollte wirklich meine Meinung zu der vorletzten Szene vor der Pause wissen und ob ich schon andere Aufführungen gesehen hatte. Man, ich musste ein paar Sätze basteln, aber es war einer der schönsten Momente für mich. Und dann verlässt man overwhelmed das Theater um halb elf und auf den Straßen ist es so voll wie an Weihnachten in der Mö. Shops sind zum Teil noch offen, Bars sowieso, das pure Leben. Es war so schön.

Der Originalcast bei der Royal Variety Perfomance 2019






Wann immer mich das Leben hier überfordert, reise ich via youtube nach London oder in andere Britische Orte. Meistens mit Joolz.








Lockdown an Tag 5, Schmerzen im Rücken, angespannt, es liegt irgendwas noch in der Luft. Das war es noch nicht.

Solidarität, nein, so naiv bin ich nicht. Bewusstseinssprung. Hm, vemutlich nicht. Vielleicht lerne ich selbst was draus und noch der eine oder andere.

Heute im Supermarkt nur misstrauische Blicke, als wollte man die Menschen im Vorbeigehen böswillig anstecken. Was glauben die bloß? Dass man sich ansteckt, weil man einen Regalgang für 10 Sekunden teilt? Oh man.

High times für Angststörungen und Denunziantentum. Die Isolierstationen füllen sich nicht, dafür die geschlossene Psychiatrie. Menschen geraten in der Isolation in Panik, Depressionen werden durch verlorene Existenzsicherung suizidal. DAS wird unser eigentliches Problem, wenn der ganze Zauber vorbei ist. 

Mademoiselle plante heute, eine Praxis mit dem Namen "Oberstübchen" zu eröffnen. Fand das passend. :)

Oh ja, Mrs Iceglass, wärmer, erwachsener, Mr Maybelline nach Gesangsunterricht umwerfend, Selofan und She Past Away.. Davon vielleicht nächstes Mal noch ein paar Worte.

Mr. Dylan hat da ein ganz hervorragendes Werk rausgeworfen, soweit ich das beurteilen kann. Und einfach mal 17 Minuten, gebührende Offenbarung einer Legende. Bedeutung von Songzeilen, oh ja, das könnte ich auch gut. Alle mal zusammenstellen, die mir so viel bedeuten. So schöne Idee. Darauf basiert ja quasi mein Leben. Auf Songzeilen meine ich.

Erinnerte mich zusammen mit Ghost V an Vaughan Williams. BBC4 brachte mich darauf.

Lockdown Song #5  Keep calm















Daß Mary Poppins die Heldin Ihrer Kindheit war, und daß diese Kassette, die Sie noch heute im Traum nachsprechen könnten, nichts anderes war als der Beginn Ihres Psychobritinseins, oh yes I remember well. Und daß Sie es sich nicht nehmen ließen, in allerschwerster Zeit die schönsten Stunden des Jahres mit ihr in London zu verbringen, ist wunderbar und right as rain. Zizi Strallen gorgeous. The Bird Woman ist Petula Clark?! Sie müssen verzeihen, wenn ich sofort "Downtown" höre bei diesem Namen. Aus irgendeinem seltsamen Grund, der mir entfallen ist, singt Petula Clark auch im Chor von "Give Peace A Chance".

Vielleicht waren Sie auch in der Heddon Street? Dort wurde auch eine dieser blauen Plaketten angebracht, weil das Ziggy Stardust-Artwork dort entstand. Heute kann man sich genau dort an einen Restaurant-Tisch setzen, wo Bowie für das Cover posierte. Hier -> ein später aufgetauchtes Foto aus der Serie, auch handcoloriert. 

"Das war es noch nicht." Doesn't feel like it, no. Bin unterdessen aus Zustand der Unbestimmtheit in Symptomatik gefallen und krankgeschrieben this week. Diesseits von Corona noch, hopefully. Hoffe, es ist nur hartnäckige Bronchitis. Brauche mein Immunsystem noch für höhere Aufgaben. 

Ja, die mißtrauischen Blicke gibt es, dieses greifbare Gefühl der Anspannung überall, aber auch das Lächeln, wenn man sich wieder einmal auf dem Bürgersteig umständlich ausweicht. Dem Virus entgehen zu müssen und dem Nervenkollaps obendrein, wäre Herausforderung genug, und wenn, wie Sie sagen, die Existenzsicherung auf dem Spiel steht, wird man sich mit der Forderung nach Vernünftigkeit nicht mehr so gut arrangieren. Versuche derzeit etwas weniger Dauerbeschuß an Informationen und Verlautbarungen ins Leben zu lassen, Termin im "Oberstübchen" bitte trotzdem vormerken. 

Hah, yes, Briten gehen anders ins Theater als wir, bestimmt, im Globe Theatre war auf den Rängen Tohuwabohu und Tumult, Ausgelassenheit und outrage, wahrscheinlich handelt es sich bei dem von Ihnen im Westend beobachteten Verhalten oder bei dem seltsamen Treiben während der Last Night of the Proms einfach um abgemilderte Formen des Hexenkessels zu Zeiten Shakespeares. :) 

Oh Dear, you can't know... how much I love this. "Fantasia on a Theme by Thomas Tallis". Besitze seit den 90ern diese CD, Werke von Vaughan Williams eingespielt von Sir Neville Marriner und der Academy of St Martin-in-the-Fields. Die spielen auch fast alle meiner Mozart-Symphonien, wir sahen sie auch einmal in der Musikhalle. Because, you know, seit dem "Amadeus"-Soundtrack als heilig erachtet. Der Hall in Gloucester Cathedral ist mesmerizing, thank you so much for this, trotzdem hier noch die Version der Academy. Das ganze Stück verbringe ich wie in Trance, aber es gibt Passagen, die mich auf mein Ureigenstes zurückwerfen. Sie sind wie Erinnerungen, die ich gar nicht haben kann, weil ich noch nicht auf der Welt war.






Leben basiert auf Songzeilen, positively absolutely. Es gibt einen Roman, der behauptet, daß sie das Leben begleiten wie im altgriechischen Drama der Chor die Handlung, vielleicht kennen Sie ihn. Phantastisch die Joolz Guides. Was für Geschichten (The Watch House!), basically every old place is haunted, right? Terry Gilliam lebt in dem Haus, in dem Francis Bacon seinen letzten Atemzug tat! Kate Moss lebt in Coleridges Haus! Oh und HIGH POINT! Emma Peel's Home! Hätte Ihnen irgendwann das The Avengers-Gesamtoeuvre schenken sollen. Jede Folge schickt eine Menagerie exzentrischer britischer Charaktere so over the top, es müßte Ihnen ein Vergnügen sein.

Sicher kam Herr Joolz auch schon im Holland Park District vorbei, erwähnte er da auch das Tower House, -> in dem Jimmy Page wohnt?

Und Keats sitzt da in einer alten London Bridge niche, oh. Keats, Shelley, Byron, habe mit diesen Poeten nicht gerade wenig Zeit meines Lebens verbracht. Von diesem Booktrader in Kopenhagen erzählte ich wohl schon, hier

-> Poetical Works 

sehen Sie einen Ausschnitt meines Psychobritentums.

Und dieses kleine Video ist von mir, actually. Auch in den 90ern erwarben ich und wahrscheinlich noch ein anderer Mensch auf dieser Welt diese CD, Steven Brown (von Tuxedomoon) reads John Keats.


When by my solitary hearth I sit, 
And hateful thoughts enwrap my soul in gloom;
When no fair dreams before my mind's eye flit, 
And the bare heath of life presents no bloom;
Sweet Hope, ethereal balm upon me shed, 
And wave thy silver pinions o'er my head.

Whene'er I wander, at the fall of night,
Where woven boughs shut out the moon's bright ray,
Should sad Despondency my musings fright,
And frown, to drive fair Cheerfulness away,
Peep with the moon-beams through the leafy roof,
And keep that fiend Despondence far aloof.

And as, in sparkling majesty, a star
Gilds the bright summit of some gloomy cloud;
Brightening the half veil'd face of heaven afar:
So, when dark thoughts my boding spirit shroud,
Sweet Hope, celestial influence around me shed,
Waving thy silver pinions o'er my head.


Lockdown Track # 6 - Hope






Romeo mißbraucht sein Spiegelbild. Julia rollt die Augäpfel, bis man nur noch das Weiße sieht. Licht scheint durch Knochen. Something Shakespeare never said was 'you've got to be kidding'.

Lockdown Track # 7 - Be magnificent to yourself and have a lovely day















Tally ho! Holland Park liegt quasi door to door an Kensington, wo ich die letzten Aufenthalte Quartier nahm. Der Park selbst ist wunderschön. Joolz vor Jimmys Haus hier ab Minute 8:15. Offensichtlich gibt es Nachbarschaftsstreit mit Robbie Williams.






The Avengers hatten wir auch schon im Adventskalender, oder? Like them.

Das ist eines der schönsten bookshelves, das ich je sah. Was für ein Schatz. Keats ebenso umwerfend. Robert schreibt ja in jedes Album ein Zitat, dieses von Shelley ziert die "Wish". Vielleicht hatten wir das auch schon, ich weiß es nicht mehr.

We look before and after
And pine for what is not
Our sincerest laughter
With some pain is fraught
Our sweetest songs are those
That tell of saddest thought

Nein, an der Heddon St. ging ich wohl nur vorbei, ohne Ahnung, was dort vor sich ging. Aber das ist in London an fast jeder Ecke so. Literally. :)

Oh sure, ich kenne diesen Roman mit den Songzeilen, steht hier zur Zeit zwischen Carl Rogers und Viktor Frankl. Weiß nicht, was er dort zu suchen hat. :)

Yes, beautiful Vaughan Williams, danke für den Hinweis, die CD gibt es noch. :)

Ach, Mozart, tröstlich, betörend, heimführend. Immer wieder. Waren Anfang Februar in der Staatsoper und sahen diese Jette Steckel-Inszenierung der Zauberflöte. Ganz oben, vierter Rang, egal. Es war ungewöhnlich, aber nicht schlecht. Viel LED, sehr modern, aber warum auch nicht. Die altmodischen Aufführungen kennen wir ja schon. Jette Steckel inszenierte schon Romeo und Julia ebenso erfolgreich im Thalia. Der Oberstufendeutschkurs war durchaus angetan. :) 

Sarastros Weisheitstempel entrückend und tröstlich, alles ausblendend oder nein einschließend, was zu fühlen schwer aushaltbar, aber notwendig ist. Was mich aber noch mehr auseinandernimmt und gleichzeitig tröstet, ist die Serenade für Oboe, die Szene aus "Amadeus", über die wir sicher auch schon, vielleicht auch mehrfach sprachen. Immer wieder so grandios, wie Salieri sich Mozarts Genius vor Augen führt. Ich liebe dieses Stück so sehr, hat mich durch den sehr sehr harten Winter getragen.

Lockdown Track # 8 - Transition










Ja, blenden wir die News aus, die Medien drehen ja durch, riefen "Krieg" und wollten Macht. Unaushaltbar. Rückzug. Bin die ganze Woche leicht erkältet. Kalt draußen und dazu mehr Unruhe im Unterbewusstsein, als wir es brauchen könnten.

Bitte werden Sie gesund, nehmen Sie sich Zeit dafür. Ich wünsche gute Genesung. Zum Glück haben Sie ja keinen Living Room (siehe unten), sondern eine Suite im Zauberbergsanatorium.

Hören Sie aktuell Podcasts? Entdeckte da im letzten Jahr eine neue, alte Welt des Zuhörens, des Erzähltbekommens, was ebenso einen Eskapismus darstellt wie Musik. Lernte Matze Hielscher kennen, der gute Interviews führt. Auch die oberlehrerhafte, aber sehr kluge Sophie Passmann, die zusammen mit dem Chefredakteur des Zeit-Magazins die Schaulustigen bildete. Leider pausieren sie derzeit, aber ich fand dort viele gute Hinweise auf Serien. Netflixten Sie eigentlich? Außerdem wiederholte man gebetsmühlenartig den sehr guten Text von Roger Willemsen zu Germany's Next Doofmodell. Herrlich. Aber ich möchte Sie nicht langweilen. Nur falls Sie davon hörten.

Lockdown Track # 9 - Rebellion

















Dienstag, 18. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 18





20. November 2018 

Überwältigend! 

Von F.H. 



Ein Kunstwerk in jeglicher Hinsicht! Danke, Christian Erdmann, für dieses beeindruckende Geschenk.































Montag, 17. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 17





03. September 2014 

Ein Buch für Alle und Keinen 

Von Christoph Theil



Sehr "dicht" geschrieben und geradezu überwältigend voll von Wortspielen und Referenzen auf Literatur, Philosophie, Musik und Film. Gerade dadurch ausgesprochen spannend und lesenswert.





























Sonntag, 16. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 16





02. Mai 2014 

Parforceritt durch die Welten des Bewusstseins 

Von Jörn Bünning



Wenn Aljoscha, einem Studenten der Philosophie, eigentlich schon in Ledas festen Händen, anlässlich der Vorlesungen über Kunstgeschichte eine stöckelbeschuhte Katzenfrau in schicksalhafter Weise den Weg kreuzt, dann beginnt ein Tanz um das ewige Feuer aus Sinn und Bedeutung, Liebe und Erotik, aus Bildung und Wissen, aus Philosophie und Sprache, aus Erkenntnis und Verständnis aufs Neue.

Ich warne jeden eindringlich davor, hier mitzutanzen: Es könnte sein, dass ihm anschließend jeder andere Text nur noch fad und leblos erscheint. Zu mitreißend wird der Parforceritt durch die Welten der Sprache, deren Fäden im Zentrum des Bewusstseins zusammenlaufen, um eine Welt des großen Zusammenhanges aus Geist und Magie zu gestalten. Zunächst in beschaulichen Verhältnissen eines russifizierten Hamburgs ansetzend, entwickelt der Fluss der Ereignisse sein zunehmendes Tempo um schließlich in einen Strudel zu münden, dessen Unentrinnbarkeit am Schluss nur die Wiedergeburt eines neuen Autors zulässt, nachdem sein Ich zuvor in Metamorphosen mehr Dichterexistenzen durchlaufen hatte, als sein Freund Pjotr im Brennofen Köpfe herzustellen vermochte, und das waren immerhin sieben.

Und wenn Sie dieses Buch, neugierig geworden, nun doch lesen müssen, dann lesen Sie das Ende zuerst: Damit Sie nicht von der unendlich dummen Frage getrieben "Und kriegt er sie?" über den Text hinweg fliegen. Und lesen Sie danach das ganze Buch zweimal, weil wir den Anfang erst begreifen, wenn wir das Ende bereits kennen.

Dieser Autor wurde mit Esprit gesegnet und er hat ihn hier so großzügig verspritzt, dass davon noch zwei Generationen Literaten satt werden können. Müssen sie auch, denn so bald wird es so etwas nicht wieder geben.




























  

Samstag, 15. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 15





12. August 2011 

Ein Rausch! 

Von Carlson63



Das ist nicht irgendein empfehlenswertes, gutes Buch: Das ist ein Meer aus Sprache, Bildern, Musik, Gedanken, Atmosphäre und hintergründigem Gelächter! Man will meinen, Luis Bunuel und Dostojewski hätten David Bowie gehört und den Film Cat People gesehen, um sich ans Gesamtkunstwerk zu machen, daran zu scheitern und Christian Erdmann zu fragen, ob er die Sache übernehmen kann. Und der hat einfach "Ja" gesagt und sich hineingestürzt in die Flut, die den Leser später süchtig macht!

Einfach ins Buch eintauchen und davontragen lassen, es gibt kein Entkommen, kein Ertrinken, nur den Rausch, der entrückt und verzückt! Wunderbar!































Freitag, 14. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 14





23. Dezember 2010

Ein Mann betritt das Reich hinter dem Selbstverständlichen

Von Lena Wilde



Der Schlaf der Vernunft kann Ungeheuer erzeugen. Doch auch bei Wachheit laufen der Vernunft allerhand Ungeheuer über den Weg, diese Erfahrung macht Aljoscha.

Der Philosophiestudent beginnt zu ahnen, dass das Leben nicht nur das scheinbar perfekt aufgeführte Theaterstück vor seinen Augen ist. Er erkennt, dass hinter der Bühne noch ganz andere Gestalten toben, ganz andere Mächte wirken, die seine Sinne allenfalls schemenhaft abbilden können.

Voller Furcht und Faszination betritt er die verborgenen Gebäude seines Hauptes und er bekommt einen Eindruck von den Welten, die sich neben uns drehen, während wir unter dem Eindruck völliger Kontrolle unseren wichtigen Geschäften nachgehen. Doch noch hat die Wissenschaft nicht alle Mythen gebändigt, noch spuken sie unerkannt in unserer Welt umher und sorgen in aufgeräumten Gemütern für Verwirrung.

So ist auch Aljoscha von der Deutung des Erahnten noch weit entfernt. Was ihm bleibt, ist die Feststellung, dass die Welt doch eigentlich recht weltfremd sei: Die Normalität zerfließt unter dem Blick des Betrachters, das Selbstverständliche geht munter seinen Launen nach und schert sich nicht um menschliches Gesetz.

Unermüdlich und unerschrocken stellt sich Aljoscha jeder neuen Frage und jedem neuen Eindruck, der seine gewohnte Welt zum Wanken bringt und ihr jede Konstante raubt. Und ein ums andere Mal lässt er sich nicht entmutigen dadurch, dass jede Antwort eine völlig neue Welt von Fragen eröffnet. Und die Welt hinter den noch nicht gestellten Fragen und den noch weniger gegebenen Antworten? - Ein fürwahr unheimliches Reich.

Ein Reich, aus dem die Götter fröhlich winkend grüßen, in dem Tarotkarten zu Konferenzen laden und der Teufel sich von seiner besten Seite zeigt. Und ein Reich, in dem sich eine Frau in sein Leben schleicht, einer Geschichte entspringend, die eigentlich gar nichts mit seinem Leben zu tun hat.

Als wäre das noch nicht genug, scheint auch sein Innenleben in einer gewissen Korrespondenz mit diesem Reich zu stehen - und das völlig ohne sein Zutun. Ist er es wirklich selber, der die Hebel in seinem Schädel bedient? Oder ist er nur ein treuer Diener?
































Dienstag, 11. Februar 2020

Aljoscha der Idiot - Rezension No. 13





17. Dezember 2010 

Das Leben, die Liebe, das Universum und noch ein paar Dinge 

Von Sockensuchender



Die Sache ist die: Was soll ich sagen, was schreiben angesichts einer Geschichte, die so brillant verfasst ist, dass es mich einfach aus den Socken gepustet, schier umgehauen hat im schönsten Sinne aller Sinne? Zum Beispiel dieses hier: Doch in IHRER Nähe gäbe es kein Andernorts, kein Anderwärts und kaum ein Andernfalls. Oder das: ..., verstand er, daß das Unnötige nötig ist, um das Nötige zu erkennen. Der barfüßige Zen-Meister Huang-Po hingegen bestünde darauf, Christian Erdmanns 'Aljoscha der Idiot' mindestens noch zwei Mal lesen zu müssen, bevor ihm dann endgültig die Worte fehlen würden. So eine Sache ist das mit großartiger Lebenspoesie in Romanform.