Impressionen zur Wim Wenders-Werkschau in der ARD-Mediathek. Exzerpte aus -> "111 Lieblingsfilme", Kommentarsektion
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"Der amerikanische Freund": -> hier
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13.08.2020
Antirationalistischer
Block / Christian Erdmann:
Wie war es Dir bei
"Im Lauf der Zeit"? Der Film hat ein paar Momente/Szenen, bei denen
ich das Bedürfnis hatte, ihm zu widerstehen, und dann setzte er doch wieder
ein, dieser hypnotische Sog. Beide, Bruno wie Robert, haben eine ganze Reihe
verdammt guter Gründe, irgendwann auf einen Zettel zu schreiben "Es muß
alles anders werden", ich meine, man erwärmt sich nicht gerade für sie,
trotzdem folgt man ihnen drei Stunden lang wie in Trance. "Über die
Bildgewalt zuendemythologisiert", der Rhein sah nie so mystisch aus in der
Dunkelheit, sieht aus wie der verdammte Mississippi oder der Fluß in "Die
Nacht des Jägers". Sand und Kies knirschen unter ihren Stiefeln/Schuhen,
als würde nur noch Morricone fehlen. Stattdessen Pink-Floyd-artige Musik dieser
ex-Roy-Black-Begleitband, als Robert den Geräuschen in dieser Industrieruine
folgt und den Mann, der seine Frau verlor findet. Marquard Bohms
"Es gibt doch nur das Leben. Den Tod gibt's doch gar nicht.", schnitt
tief, damals, blieb immer. Sogar ein David Lynch-Moment, der alte Mann, der
schweigend und rätselhaft dasitzt, bei "Ich brauche Wasser für meinen
Wagen." Was für ein Film, was für Bilder, dieses Schwarzweiß so makellos,
aus untergehender Provinz Kupferstiche für die Ewigkeit, im Banalsten
faszinierende Fremdartigkeit auffindend. Diese Projektorräume, überall im Film
hängen Fotografien, Filmstars, Pin-Ups, sterbender Glamour auf blätterndem
Putz. Was neu für mich ist, Lisa Kreuzer, die etwas so subversiv Leidendes hat,
in "Der amerikanische Freund" zumal, und hier war ich geradezu in sie
verliebt plötzlich. In diesem Verschlag von Kinokasse, eine der
allerbezauberndsten Szenen, als Vogler das kleine Türchen öffnet und mit ihr
spricht, eingerahmt von Karin Baal und Dr Hillers Pfefferminz. Vogler erfindet
den Endlosloop für sie ("Härte! Action! Sinnlichkeit!"), ihre Geste
bei 1:39:21 (TV-Geschwindigkeit), wie sie sich kurz die Stricknadel an die
Nasenspitze tickt, so bezaubernd, hat fast ähnliche Wirkung auf mich wie die
Träne an Nastassja Kinskis Kinn. (Die übrigens auch Wenders im Audiokommentar
nicht übergeht.) So sweet, so sad, und in Schwarzweiß sogar irgendwie, als wäre
sie die Dritte neben Marianne Faithfull und Anita Pallenberg, if you get my
drift. "Möbel Traurig". Sehr schön, wie Zischler von der Zeit
spricht, in der Buchstaben und Ziffern noch Abenteuer waren, von dem Jungen,
für den die Zeilen wie Wege waren, auf dem die Buchstaben mit Hilfe eines
Motorrads einfuhren. Erinnert mich daran, wie ich Dich mal fragte, wieso
eigentlich ray05? Und Du sagtest, weil es aussieht wie eine kleine Dampflok,
stell Dir hinten in der 5 den Lokführer vor. :)
14.08.2020
ray05:
In meinen Augen ist
Wenders ein radikaler Platoniker, Platonist. In jedem seiner Filme -
Meisterwerk oder genial missglückt - versucht er, uns die kosmologische Welt
der reinen Ideen, des Guten-Schönen-Wahren, näherzubringen, das ist sein
Eschaton. Dieser "Sog" entsteht im steten Wechselspiel vom
Akzidenziellen zum Substanziellen und umgekehrt, das Beiläufige wird plötzlich
zum Sprungbrett für das große performative "Weltbild" (das auch im
kleinsten Kabuff noch welthaltig sein kann, wie Wenders beweist); und das kann
nur geschehen, wenn man dem Beiläufigen den ihm gebührenden Platz einräumt.
"Lauf der Zeit" zeigt Dich und mich und uns alle aus platonischer
Weltsicht. Alles aus dem Film, das Du anführst, hat auch mich affiziert oder
erschüttert existenziell. Nur ein Unmensch würde sich in Lisa Kreuzer nicht
verlieben. Für den Platoniker ist die Elbe tatsächlich der Mississippi und der
Rhein bei Bingen ist es auch. Die Kinematographie von "Lauf der Zeit"
ist skandalös gut, dieses Available-light-Verständnis gefällt mir
grundsätzlich, als Rezipient von Wendersfilmen gewöhnt man sich an derlei
Approaches aber immer allzu schnell. Musste mir zwischenzeitlich "2001"
reinziehen, zur Läuterung gewissermaßen. :)
15.08.2020
Antirationalistischer
Block / Christian Erdmann:
Haha, Werner Herzog
am Anfang der "Wim Wenders, Desperado"-Doku, die gerade im Ersten
läuft: "Ich würde einem 18jährigen Filmstudenten sagen: SCHAU DIR WIMS
FILME AN, DU DEPP!" :)
ray05:
Solche Lehrer oder
Professoren habe ich immer geliebt. :)
20.08.2020
Antirationalistischer
Block / Christian Erdmann:
Daß die
Wenders-Doku mit purem Wernerismus einsetzt, ist natürlich von schlagender
Richtigkeit und kam doch herrlich aus dem Nichts. Herzogs enragiertes DU DEPP!,
einfach weil neben Wenders jeder ein Depp ist. Und die ganze Generation von
Filmstudenten erst recht ein Depp ist. :) Und weil laut Herzog ja schon immer
gilt: wo man hintritt, knirscht ein Depp. Danach war alles gewissermaßen nur
noch Anmerkungsapparat. Direkt Amen rufen mußte man schon auch bei Herzogs
Bemerkung, diese Filme, die deutsche Wirklichkeit der 70er und 80er darstellen
wollten, "die stauben einem heute zu den Ohren heraus", soviel
Mittelmäßiges und Prätentiöses, da müsse man sich an einen Stuhl fesseln
lassen, um das durchzustehen. Sehr schön, wie Wenders und Herzog da in den
Lederpolstern als Freunde sitzen, wiewohl auch als heroische Einzelgänger,
Herzog: "Ich wollte mit diesem ganzen Sauhaufen nichts zu tun haben."
Du meinst, ein Fluß
ist ein Fluß und wird zugleich Idee des Fluß-Seins? Ich weiß nicht arg viel von
Paul Klee, der Dich gerade so in Bann schlägt, aber sein Satz, Kunst
reproduziere nicht das Sichtbare, sondern Kunst macht sichtbar, ist
natürlich erstmal die 10 Gebote. Wenders hat Jan Vermeer (in "Bis ans Ende
der Welt" stellt er ja in einer Szene ein Vermeer-Bild her), Edward Hopper
sowie Paul Klee tatsächlich als die Maler bezeichnet, die ihn am tiefsten berühren.
Patti Smith in der Doku: Wenders gelingt es, die Dinge in einem völlig anderen
Licht zu präsentieren; normale Dinge, die uns in seinen Filmen ihre Magie
offenbaren. Kunst als Sichtbarmachung einer Wirklichkeit hinter der
Wirklichkeit. Ein Himmel ist ein Himmel ist ein Himmel? Ry Cooder: sky has
meaning, bei Wenders. Filme zu machen, um zu verstehen, was den Menschen
und das Leben im Innersten ausmacht, sagt Vogler, aber Wenders sagt auch, wie
soll man leben? – ist die eine Frage, die man nie beantworten kann. Die Antwort
immer neu zu finden, immer neu in Frage zu stellen,- "das ist mein
Beruf."
"Unablässig
bringt Wenders Mythen zusammen und erschafft so neue Mythen. Wenders ist wie
THE EVER WATCHFUL EYE, schwebend über der Welt, beobachtend und miteinander
verbindend, was in seiner Schönheit / Wahrheit für ihn miteinander
korrespondiert": glaube, Willem Dafoe meint dasselbe, als er das Talent
von Wenders bewundert, Elemente zusammenzubringen, die normalerweise nicht
zusammengehören. Nicht zusammenzugehören scheinen. :) – Der rühmende
Wenders: der über die Meisterwerke unter seinen Werken sagen kann, ja, ich habe
unendlich viel dafür getan und darum gekämpft, aber unendlich viel wurde mir
auch geschenkt. Nur hätte nicht jeder bekommen, was er bekam, von
Schauspielern, von Mitarbeitern, von der Realität, die er möglichst unmittelbar
einfangen wollte (wie Bruno Ganz noch sagen darf) wie von der Welt hinter der
Welt. Was man ahnte, wird in der Doku, eigentlich besonders von Donata, relativ
nüchtern analysiert. Erzählen als Wagnis und Abenteuer, das sich auf die Dinge
und die Menschern einläßt, das selbst eine Art von on the road mit
offenem Ausgang ist, ein Erzählen, das spontan reagieren kann auf das
Unvorhergesehene: das gibt es in der Filmindustrie eigentlich nicht mehr.
Wenders sagt selbst, es würde mir ja niemand mehr gestatten, einen Film so zu
machen wie "Der amerikanische Freund". Wenders versucht immer noch,
Spielfilme zu machen, die unmißverständlich seine Filme sind, aber
Dokumentarfilme zu machen, entspricht ihm mittlerweile mehr. Als nächstes für
mich wohl "Pina", endlich. :)
Gesehen habe ich
nun "Die linkshändige Frau"; war eigentlich froh, daß es kein
Wenders-Film ist. Schwer, schwer, schwer. Oft faszinierend, oft unerträglich.
In "Das Gewicht der Welt" schreibt Handke irgendwo: "Die
vorsichtig schönen Lebensformen der alten Literatur wiederfinden, fürs
Leben." Mal so ("Stefan würde sich freuen, wenn du ihm einmal
schriebest"), und fast allzu virtuos darin, mal freudloses Deklamieren.
Allzu meta, weil sowieso die Schwierigkeit, sich wirklich aufeinander zu beziehen.
Bruno Ganz hat ein paar vitriolische Sentenzen, die er mit maliziöser Freude
ins Gedächtnis ätzt ("Wie eitle Fotos von euch selber lümmelt ihr in euren
wohlaufgeräumten Wohnungen! Entmündigungsmaschinen für alles Lebendige!"),
und Bernhard Minetti ereignet sich natürlich. Wir wissen nichts wirklich über
den anderen, alright. Manchmal ist mir der Selbstfindungssymbolismus zwischen
Dysfunktionalität und Befreiung zu regieanweisungshaft angestrengt (Frau trinkt
ein Glas Wasser. Frau geht im Kreis. Frau würgt Kind.). Was manchmal feinfühlig
und empfindsam scheint, wirkt manchmal phlegmatisch und dull. It's only
me, aber ich glaube, für mich paßt Handkes Sprache perfekt und zuvörderst in
einen poetischen Gesamtzusammenhang wie "Wings of Desire". Handke zum
Einrahmen: wenn Angela Winkler davon spricht, wie sie ihre eigene leidenschaftslose
Freundlichkeit verachtet. Muß den vielleicht nochmal sehen.
Tatsächlich zum
ersten Mal gesehen auch "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter". Filme
verlieren etwas von ihrer Anziehungskraft, wenn Erika Pluhar nurmehr tot auf
dem Bett liegt. :) "Thriller ohne jede Spannung", sagt Wenders
selbst? Yeah, schon. Psychopath ohne Psychopathologie auch. Charakterstudie
ohne Charakter. In der Zeitung steht: "Hinten aus seinem Kopf flog eine
Fledermaus heraus und klatschte gegen die Tapete. Mein Herz übersprang einen
Schlag." Gibt keine Erklärung für den Mord, das ist wohl vergleichbar mit
Camus, sonst nichts vergleichbar mit Camus. Arthur ("Art") Brauss,
falls wir noch zu "55 Mehrteiler und Serien" ansetzen, wäre der
Weihnachtsvierteiler "Lockruf des Goldes" natürlich auf meiner Liste,
Brauss ist Charles Clayton, der in Dawson City das "Tivoli" eröffnet,
skrupellos und bad-ass, nie den Plan gehabt, selber Gold zu suchen, sieht einfach
zu, wie die Goldgräber ihm die Taschen füllen für Alkohol und Damen und wie sie
den Rest einfach verprassen. :) Der Mord an G-L-O-R-I-A hat keinen Kontext und
findet faszinierenderweise auch keinen mehr. Sein Platzverweis verrät schon
einen jähen Zorn, aber worauf? Weil er nicht verführt werden will? Zu Teilnahme
überhaupt? Unvermittelte Aggression, weil er es nicht ertragen kann, wenn man
ihm seine Kaltblütigkeit nimmt? Circulus vitiosus. Drücken Sie Q4. Vielleicht
ist die Erklärung auch, daß hinten aus seinem Kopf eine Fledermaus herausflog.
Nichts für die Attention Span-Gehandicapten.
27.08.2020
ray05:
Die Geschichte vom
Derangement (Persönlichkeitsverlust) des Tormanns Bloch erinnert mich an die
Verwandlung des Gregor Samsa einerseits, und dann auch an das paranoisch-psychotische
Tierchen in einer weiteren Kafkageschichte: "Der Bau". Die Phase, in
der die Grenze zwischen normalem und pathologischem Verhalten überschritten
wird, beschreibt Handke ohne jede Rücksicht auf die Sensationslust des Lesers,
und Wenders macht den eins-zu-eins-Film daraus, er macht also dezidiert keinen
"Psychothriller". Zur mentalen Regression passt, dass der
Psychiotiker in seiner eingeschränkten Wahrnehmung von "Welt"
irgendwann zum Steinzeitmenschen wird, dessen Flucht- und Angriffsverhalten mit
unseren Maßstäben freilich nicht mehr gut in Einklang stehen kann. Blochs
Herumgetigere im Wirtshaus seiner Freundin, seine Unfähigkeit, Sprachduktus und
Verhalten der Menschen in seiner direkten Umgebung noch adäquat einzuschätzen -
bis zum Ende kann Bloch nicht internalisieren, dass er wegen Mordes gesucht
wird, der Mord an Erika Pluhar selbst ist gewissermaßen bereits ein
Steinzeitmenschenmord, einer aus der totalen Überforderung heraus. :) - Warum
ist der Psychiotiker Bloch ein Fußballtormann in Roman und Film? Vermutlich
weil der Tormann als einziger keinen großen Bewegungsspielraum hat im
Spielgeschehen, weil er als einziger die gegnerischen Angriffe immer ganz
subjektzentriert auf sich selbst gemünzt erleben muss, weil seiner Erfahrung
nach alle nur eines wollen: ihn zu einer falschen Bewegung verleiten. Vor dem
Mord erzählt er Pluhar von einem Eigentor, das waren Blochs letzte
zusammenhängenden Sätze.
Antirationalistischer
Block / Christian Erdmann:
Torhüter und
Linksaußen haben eine Macke, hieß es einst. Was ausgerechnet den Linksaußen zum
Psychofall prädestinieren soll, weiß ich nicht, aber das latent paranoische
Welterleben des Tormanns auf dem Spielfeld hast Du ganz wunderbar beschrieben.
Abgesehen von seinen Beiträgen zur Spieleröffnung erfährt er als
Grundsituation, daß immerfort Geschehen auf ihn zurollt, Geschehen, das darauf
abzielt, Unheil anzurichten, und zu einem bestimmten Zeitpunkt ist er der
Einzige, der dieses Unglück noch verhindern kann. Sogar in "Hier war der
Torwart machtlos" liegt immer der stille Vorwurf, ein besserer
Keeper hätte das Unheil womöglich verhindert. Geschehen, das immer darauf
abzielt, gerade ihn zu prüfen; für jeden Fehler eines anderen gibt es
einen, der es noch richten kann, ein Fehler des Tormanns bedeutet fast immer
Tragödie, unausweichliches Schicksal. Torhüter sind Held oder Trottel, als
Einzelkämpfer stets unter besonderem Druck, gleichzeitig in ihrem Radius
eingeschränkt, so daß ihnen das Ex-Zentrische geradezu notwendig ist, der
spektakuläre Ausbruch aus der Restriktion.
Als versierte
Exzentriker haben sie immer das Potential zum Kult, zugleich sind sie in der
Konstellation des Spiels immer auch Spielverderber. Ihre Aufgabe ist es, zu
verhindern, was zuletzt den Wert eines Spiels bestimmt, Spiele zuweilen gar
legendär macht, die Tore. Zwar bleibt ihnen die Glanzparade für Ruhm und
Verehrung, aber by default wohnt in jedem Keeper ein bad guy.
Oder gar ein evil motherfucker. Remember Uli Stein, der
"Kobra" Wegmann unmittelbar nach dessen Torerfolg eine zimmert, die
Faust direkt ins Gesicht. Einmal im Jahr muß man sich den Scorpion Kick
von René Higuita ansehen: all the world's a stage, für den Torhüter.
Vielleicht probiert
Bloch also aus, in aller Konsequenz das zu sein, was ohnehin alle in ihm sehen,
zumal durch den Platzverweis, der ja sagt: du bist kein Bestandteil mehr,
Bloch, und der sein bad guy und outcast-Sein nur für alle
sichtbar macht.
Als Türhüter ist
der Torhüter eigentlich eine mythische Gestalt. Wenn ein Ball an ihm vorbei die
Torlinie überquert, ist er eigentlich kein Hüter mehr. Er verliert also seine
Identität. Damit gehen auch Moralsinn und rationales Verhalten perdu.
Herumgetigere, schönes Wort. Er zählt die 1 nicht mehr mit, sagt er. Er würde
jetzt immer erst bei 2 anfangen zu zählen. Unklar, ob er einen zweiten Mord
plant, was eigentlich nicht zu seiner Planlosigkeit paßt, oder ob er den ersten
Mord damit "auslöscht", den ja ohnehin niemand begangen hat,
wenn er ohne Identität ist, wenn er, wie Du sagst, nicht internalisieren kann,
daß er wegen Mordes gesucht wird, obwohl er mit den Zeitungen den Versuch zu
unternehmen scheint, sich klarzumachen, daß eben dies jetzt seine Identität
ist: gesuchter Mörder. Daß er in der Provinz als ebensolcher irgendwie so gar
nicht auffällt, ist auffällig.
Fahrstühle, für die
man einen Schilling braucht. Those were the days. :)
29.08.2020
ray05:
"Er zählt die
1 nicht mehr mit, sagt er. Er würde jetzt immer erst bei 2 anfangen zu
zählen" - das ist ein schönes Beispiel für's magische ("wilde")
Denken von 4jährigen. Nur dass der 4jährige nach und nach hineinwächst ins
rational-diskursive Denken & Sprechen und den Unsinn vergisst, während
Bloch gegenläufig in einem kognitiven Regress befangen ist, der ihm auch poco a
poco schlankweg die Fähigkeit zur Rezeption von Sprache wegschlägt. Wie schon
die konkrete Mordtat imgrunde für Bloch "Traumarbeit" war, so
rezipiert er später auch die Berichte der Suche nach ihm wie eingespannt in
seinen eigenen Traum, in den sich immer auch die Suche nach dem verschwundenen
mysteriösen Schüler einwebt. Aber nur der Träumende könnte seinen Traum zum
Beispiel aufschreiben und einer Bewertung unterziehen, also
"internalisieren", und das ist ein Ding der Unmöglichkeit. - Im
Zusammenhang mit der Figur Bloch in "Angst des Tormanns" fielen mir
die bruitistisch-sprachreduktionistischen Gedichte des Till Lindemann ein. Es
ist kein Wunder, dass nur jene "funktionieren", in denen der Autor
seiner Gewaltphantasien freien Lauf lässt, sobald er dieses Level verlässt,
wirken seine elliptischen Reime so rührend unreflektiert wie improvisierte
Stanzerln von Kindern. - Was haben sie eigentlich vor 50.000 Jahren geträumt?
Zum Beispiel die Leute von Lascaux, die ihre Höhlen mit riesigen
Tierabbildungen ausstatteten und in denen der Mensch ja nur in einer einzigen
winzigen Strichmännchenzeichnung vorkommt. :)
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