SPIEGEL ONLINE Forum
Lieblingsfilme - was ist 'großes Kino'?
Januar 2010
AndersSehend:
... ebenso wie die Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price, die auch immer unter dem Der-Phantastische-Film-Banner gesegelt sind.
Wegen dieser Filme war ich einmal eine Weile Mitglied in einer Vincent Price Appreciation Society. Die schickten mir dann ein Heft zu, in dem es ein sehr gutes Interview zu lesen gab mit Ferdy Mayne – Graf Krolock aus "Tanz der Vampire". Zu meinem großen Bedauern finde ich das Heft gerade nicht mehr... es ist ein Tohubohu hier, man möchte Jeanne Moreau als Kammerzofe.
Lieblingsfilme - was ist 'großes Kino'?
Januar 2010
AndersSehend:
... ebenso wie die Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price, die auch immer unter dem Der-Phantastische-Film-Banner gesegelt sind.
Wegen dieser Filme war ich einmal eine Weile Mitglied in einer Vincent Price Appreciation Society. Die schickten mir dann ein Heft zu, in dem es ein sehr gutes Interview zu lesen gab mit Ferdy Mayne – Graf Krolock aus "Tanz der Vampire". Zu meinem großen Bedauern finde ich das Heft gerade nicht mehr... es ist ein Tohubohu hier, man möchte Jeanne Moreau als Kammerzofe.
"Laura", "House of Wax", "Die Fliege", die "Dr. Phibes"-Filme, "Theater des Grauens", "Witchfinder General" – die Liste der Filme mit Vincent Price, die mir ans Herzl geklebt sind, ist lang, aber tatsächlich ist der Corman / Poe-Zyklus mit Price für mich das gewesen, was für andere der "Struwwelpeter" war, und ich bekenne mich dazu, daß C.G. Jung mir wahrscheinlich sagen würde, Barbara Steele müsse irgendwas mit meiner Anima zu tun haben... die älteren Söhne einer befreundeten Familie schleusten mich regelmäßig durch ins Kino, und Vincent Price war sowas wie ein vertrauter Onkel. :)
Es scheint lange ein ungeschriebenes Gesetz gegeben zu haben, nach dem schauspielerische Leistungen in einem Horrorfilm tunlichst nicht als solche zu würdigen sind, Vincent Price hätte ansonsten in der Kandidatenliste der Motion Picture Academy wiederholt auftauchen müssen. Er hat perfektioniert, was eigentlich ein Widerspruch in sich ist: süffisantes, subtiles Overacting. – Mit seinem Minimalbudget hat Corman es irgendwie geschafft, Poe'sche Alpträume mit einer zumindest gefühlten Opulenz wie aus Hammer Horror-Filmen zu verbinden, und das alles mit seiner eigenen psychedelischen Extravaganz aufzuheizen. Und Price genießt seine Rollen zwischen sadistischem Prospero und zerkrumpelnd-melancholischem Psychopathen so sehr. Wunderbare Szene aus "The Masque of The Red Death": Hazel Court – "in whose bosom you could sink the entire works of Edgar Allan Poe" (TIME Magazine) – Hazel Court als Juliana versucht ja immerzu vergeblich, eine magische Vereinigung mit Satan zu vollziehen; als Prospero ihrer müde wird, wird sie Opfer seines Falken. Unvergleichlicher Genuß, Price dabei zuzusehen, wie er das rotgefärbte Dekolleté betrachtet und erklärt: "I beg you, do not mourn for Juliana. We should celebrate. She has just married a friend of mine."
AndersSehend:
Verrückt, war das ein US-Amerikanischer Verein? Das klingt für mich eher nach der liebevollen Verschrobenheit, die den Engländern immer nachgesagt wird.
Das war eine deutsche Society... mit mir waren wir dann wahrscheinlich zwei. Das war so Anfang der 90er, jedenfalls kurz vor seinem Tod, und die Society schlief dann auch ein. Ein Autogramm von Vincent Price habe ich aber. Er hatte nicht die Schrift, die man von einem so weitausholenden Wesen möglicherweise erwartet. :)
AndersSehend:
Ich weiß zwar nicht, wie ich heute auf die Corman'schen Poe-Verfilmungen reagieren würde, erinnern kann ich mich jedoch daran, dass sie lange nachgewirkt und einen enormen Eindruck auf mich gemacht haben, auch in dem Alter noch, als ich bereits ironiefähig war. Diese Wirkung hat sicherlich viel mit Prices Schauspielkunst zu tun, süffisantes, subtiles Overacting trifft es auch für mich genau :-), wobei die Synchronisationen zumindest schauspielerisch sehr gut gewesen sein müssen.
Wobei uns natürlich klar ist, daß "Verfilmungen" ein bißchen das falsche Wort ist, der Deal war immer loosely based on, mal mehr, mal weniger. Und ja, ich liebe die Synchronfassungen auch sehr! Auch wenn, siehe "Tanz der Vampire", zuweilen doch recht heftig manipuliert wurde, haben die Synchronsprecher in den 60ern da Großes geleistet. Vincent Price wurde am kongenialsten von Friedrich Schoenfelder gesprochen, darf mal zitieren: "Vor allem seine Synchroneinsätze für den Amerikaner Vincent Price haben einen legendären Status." [lauschrausch.eu]
AndersSehend:
Hast Du einen Tipp für mich, welche zwei, drei Filme aus dem Corman-Poe-Zyklus ich mir wieder anschauen sollte? Ich glaube, ich habe damals alle gesehen, für mehr wird meine Zeit wahrscheinlich nicht reichen, und diesmal auf jeden Fall die Originalfassungen. Ich freue mich jetzt schon auf Prices Stimme, die ich bisher bewusst nur aus dem Thriller-Finale kenne.
Oyvey... the most hilarious ist wohl "The Raven" mit Price, Boris Karloff, Peter Lorre und Jack Nicholson, und alle vier kennen keinen Bahnhof mehr. "The Fall of The House of Usher" ist der Klassiker, "The Pit and The Pendulum" ein spezieller Favorit wegen Barbara Steele, "Premature Burial" ist zwar auch gut, aber ohne Vincent Price, dafür mit Ray Milland. "The Haunted Palace" ist dann ja eigentlich mehr an Lovecraft orientiert, freilich auch ein überaus gelungener Film; "The Masque of the Red Death" ist dann der opulenteste, Corman durfte den ja in den Kulissen von "Becket" drehen, in denen gerade noch Richard Burton und Peter O'Toole Atem geraubt hatten. Kameramann war übrigens Nicolas Roeg. "Red Death" ist vielleicht der ernsteste und beeindruckendste. Aber dann ist da ja noch "Tomb of Ligeia", der meiner Erinnerung nach beim "Phantastischen Film" des ZDF immer fehlte, jedenfalls kenne ich ihn erst durch die DVD. "Ligeia" war Prices Lieblingsfilm aus der Serie. Unterscheidet sich vom Rest schon dadurch, daß er Außenaufnahmen hat, wurde in Norfolk Abbey, England, on location gedreht. Price trägt eine große schwarze Sonnenbrille, die seltsam anachronistisch, weil überaus cool wirkt. Der Film hat immer exzellente Kritiken gefunden, wurde mit "Vertigo" oder Cocteaus "Orphée" verglichen.
Vincent Price, Hazel Court
Roger Corman, Vincent Price
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen