Rest in Peace, Ray.







Antirat zieht um:
-> Das Cabinet des Christian Erdmann





Dienstag, 2. Juni 2020

An die Mondlichter





Dear Moves,

"On The Beach". Gregory Peck, Ava Gardner, Anthony Perkins, Fred Astaire. Alle vier schon immer voller Zuneigung, Bewunderung, Respekt gesehen, aber durch ihr Wirken in diesem Film werden sie immer very special sein. Du hast mir die Szene einmal geschildert, Dwight Lionel Powers und Moira Davidson in dem Zimmer dieser Herberge, in der betrunkene Australier "Waltzing Matilda" gröhlen, bis der Gesang plötzlich andächtig wird für die Zeile "You'll never take me alive, said he".

"In diesem Satz ist alles zusammengefasst. Moira und Towers haben keine Zeit. Sie wird ihn und er wird sie niemals lebend bekommen, behalten. Sie schauen sich an. Diese Erkenntnis, obschon längst vorher latent vorhanden, lässt sich plötzlich nicht mehr unterdrücken. In ihren Blicken ist alles versammelt: Bestürzung, Trauer, Verlangen, und Liebe! Sie fallen sich in die Arme und küssen sich endlich.
Als alter Romantikjunkie kann ich diese Szene noch immer nicht anschauen ohne feuchte Augen zu bekommen."

So hast Du es damals perfekt beschrieben. Was man aber eigentlich nicht beschreiben kann, ist Ava Gardners Blick, kurz vor dem Kuss. Bestürzung, Trauer, Verlangen, Liebe. Aber noch etwas anderes, etwas fast Überirdisches. It's otherworldly.

Vieles an diesem Film wird unvergeßlich sein. Wie Ava Gardner sagt: "I wanted to walk down the Rue de Rivoli. And I wanted to buy gloves." Das mysteriöse Morse Code Signal aus San Diego, das bittere Lächeln, als das Rätsel gelöst ist, und wir erinnern uns, wie die Besatzung am Funkgerät irgendwann die Worte "Water" und "connect" dechiffriert hatte. Ava Gardner, als sie das Segelboot zum Kentern bringt, ihr Schrei, Gregory Peck, der sie, die Hand an exponierter Wohlgeformtheit, ins Boot hochschieben darf, ihr hinreißendes Lachen, Fred Astaire mit dem Fernglas die Szene beobachtend: "It's like looking at a French movie."
Die fürchterliche, todtraurige Verlegenheit nach "Sharon's the most terrible liar - "
Die verlassene Golden Gate Bridge, das U-Boot, das unter der Brücke in die Bucht gleitet, das menschenleere San Francisco durchs Periskop. Swain, der an Land schwimmt. Gregory Pecks Stimme beim letzten unheimlichen Intercom-Dialog zwischen Towers und Swain in seinem kleinen Boot: "We won't be coming back."  - "I know." Das Periskop so unwirklich nah. Then gone. Gone forever.

Fred Astaire und sein Ferrari. Wie Ava Gardner über ihn sagt, voller Zärtlichkeit: "He doesn't make the slightest bit of sense." Das Plakat THERE IS STILL TIME .. BROTHER. Das letzte Glas Sherry für Lieutenant Hosgood und ihren Vorgesetzten, Admiral Bridie, der sie fragt: "A girl like you - why no young men?" - "They never asked me. I guess maybe it was the uniform." - "To a blind, blind world."
Wie Gregory Peck schließlich erklärt, daß er mit der Crew in See stechen wird, zurück in die USA, für die allerletzten Tage und Stunden, und es doch nicht erklären kann. Moiras Verzweiflung, aber keine Vorwürfe, keine Szene, nicht eine Silbe der Überredung, nur: "It's been nice, Dwight Lionel. It's been everything."
Just love, kindness, tenderness. IT'S BEEN EVERYTHING.
Und wie schließlich Peter zu Mary sagt: "And I want you to know that I could never have been happy with anyone in the world but you." Wie auch Mary aus ihrer Totentrance erwacht schließlich sagen kann: "We have been happy and fortunate", während dieser letzten Zärtlichkeit auf Erden. All das, und doch wird nichts so unvergeßlich sein wie dieser Blick.








Mit 7 oder 8 sah ich einen japanischen Film, bei dem ich mir am Ende die Augen aus dem Kopf heulte. Ich werde nie mehr heraufbeschwören können, welcher Film das war, aber wie unendlich traurig er war, werde ich nie vergessen. Sätze wie "Still haunts me to this day all these years later" finden sich zu "On The Beach" auf YT in Hülle und Fülle. Habe ich die USS 623 Sawfish umkehren lassen? Sure.

Danke dafür, daß Du mir diesen Film ans Herz gelegt hast. Took me a while but now I got it.















2 Kommentare:

  1. 20 Jahre, vermutlich noch länger (mein Zeitgefühl unterschlägt meistens mindestens 10 Jahre, wenn nicht die Hälfte) warte ich darauf, bei jemandem eine ähnliche Begeisterung für diesen Film zu wecken... nein, zu finden! wie ich sie selbst hege seit ich ihn zum ersten Male sah. Welch Labsal, finally!
    Normalerweise blicke ich in gelangweilte bis verständnislose Gesichter, wenn ich die Handlung grob umreisse: ein Katastrophenfilm, um Himmels Willen. Aber niemand soll sagen können, er habe von nichts gewusst, es sei ihm nicht ausführlich genug erklärt worden wenn Armageddon anbricht und das große Sortieren losgeht. Also mache ich weiter und erzähle von meinen Lieblingsszenen, von dramatischen Abschieden, von leisen Abschieden, von einsamen Abschieden und von traurigen Abschieden, bei denen auch noch das Licht ausgeht.

    "Hast Du On the Beach gesehen, und hat er Dich umgehauen?" wird eine ohrenbetäubende Donnerstimme rufen, und ein großes Gestammel und Wehklagen wird anheben unter den Banausen.

    Einer meiner besten Freundinnen erzählte ich begeistert von der Hotel-Szene, rezitierte Waltzing Matilda, schilderte Blicke und Gesten und zeigte ihr schließlich den Ausschnitt auf YT. Aber sie mag nicht, wenn Frauen Männer "auf diese Art anschmachten und anhimmeln". Eine verlorene Seele. I did my very best!

    In Erinnerung geblieben ist mir auch die Szene, als sich Dwight Lionel von Julian verabschiedet. Er besucht ihn in seiner Garage und teilt ihm mit, dass er am nächsten Morgen auslaufen wird. Beim Hinausgehen hält er kurz inne, ein letzter Gruß, Julian schaut nicht auf, "also dann" (mein Gehirn liefert mir nur die Synchro, und auch die nur ungefähr). Es ist wohl die vollkommene Endgültigkeit dieses Abschieds, die mich so fasziniert, obwohl ich sie mir für mich selbst nicht wünsche. Ein einfaches "also dann" muss und wird genügen für die Ewigkeit, soviel ist sicher, als hätte man die Worte einen Tag früher abgedreht als den Rest der Welt.

    Ganz anders dann auf dem Kai. "IT´S BEEN EVERYTHING", und man merkt, man fühlt, wie die Ewigkeit hier aufschreit vor Wut unter diesem Schlag, unter diesen Worten. Damit hat sie nicht gerechnet. Sie hat doch noch nicht einmal richtig begonnen, aber schon war etwas ALLES. Heul doch, Ewigkeit!

    Ich haderte lange mit dem prosaischen Titel "On The Beach", fand sogar das deutsche "Das letzte Ufer" besser und passender und liegäugelte lange mit "From here to Eternity" als Alternativtitel, der war aber leider schon vergeben, eine Poesie-Bazooka, viel zu schade für Burts, Montys, Franks und Ernests Testosteronfestspiele. Nur wenn ich mir vorstelle, Deborah lässt sich nicht auf Hawaii, sondern auf einem Strand einer Insel in der Ägäis von Meeresbrandung umspülen, mit einem marmornen griechischen Tempel auf hohen Klippen im Hintergrund, die Säulen weiß im Mondlicht schimmernd und noch lange nicht jahrtausendschwer, ja, dann geht´s.

    To a blind, blind world.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Es gibt ein Ava Gardner-Museum in Smithfield, North Carolina, das auch einen Official Ava Gardner Blog betreibt. Fand da einen Auszug aus "Ava: My Story", ein Buch, das ich dringend auftreiben muß, sie schreibt zu "On The Beach": "Though I'd read the book, Stanley's script made me weep. You couldn't say it was marvellous - that was somehow the wrong word. It was compelling, tragic, moving, chilling... It was a fictional scenario, but my God, everyone in the cast and crew knew it could happen. And that added a dimension of reality to the unreal world of filmmaking that none of us had experienced before."
      Im Museum gibt es eine "On The Beach" lobby card, auf die Gregory Peck geschrieben hat: "A gloomy film, but Ava at her best." - "The two were lifelong friends." - Tatsächlich war "On The Beach" "one of Ava's favorite projects, and in Ava: My Story she summarizes her feelings on the film: 'I was proud of being part of this film, proud of what it said.'" ♥

      Löschen