Montag, 16. April 2018

Gudrun Gut, Angela Conway, A.C. Marias: Portale zum Latenten



















Gudrun Gut, genuin gutaussehend im Gegensatz zu gutaussehend tun, war zwar auch gerade mit Anita Lane gut, aber zu oft schau ich mir das nicht an, ich wollte nachts ja noch ein Auge zutun.



 











Na? Eben. Alles Videos von Angela Conway. Das legendäre "The Weeping Song"-Video, Nick Cave und Blixa Bargeld bechern und schwanken im Ruderboot auf windgeblähter Augsburger-Puppenkiste-Plastikfolie: Angela Conway. Frank Tovey (Fad Gadget) in "Sam Hall": Angela Conway. Barry Adamson, "The Man With The Golden Arm": Angela Conway.

Ende der 1980er hatte Angela Conway ein eigenes musikalisches Projekt namens A.C. Marias. Mitstreiter war, vor allem, Bruce Gilbert von Wire. Barry Adamson und Rowland S. Howard schauten auch vorbei. "One Of Our Girls Has Gone Missing" ist die Platte als Mein dunkler Kontinent, rezeptionsgeschichtlich. Meine CD der Woche, des Monats, der Seven Long Nights To Think, der One Hundred Days, der From Her To Eternity-Spanne. Songs wie "Just Talk", "There's A Scent Of Rain In The Air", "To Sleep": Portale zum Latenten. Lange Zeit hatte ich nur einen Song ("Just Talk"), aber der war wie ein magisches Amulett.

2009 entdeckte ich auf MySpace eine Seite, die das Werk der A.C. Marias würdigte, und schrieb dem operator:

Hi Tim, thank you for friendship... "Just Talk": I recorded the song on tape from a radio station that must have been on another planet, long ago, not getting the name of the artist then, ever since it's haunting me, so mysterious, delicate and sublime. Someone from Wire was involved, that was all I remembered, and the guitar sounded familiar indeed. Somehow I preferred to keep the mystery of that "from another world" moment, something almost holy about this song for me, so it seemed right. Only a while ago I finally searched after the artist's name, then saw the video - bedazzled again. Now I know there's even more songs to haunt me.











This is Angela Conway.























Donnerstag, 12. April 2018

Soledad Miranda, Jess Franco














SPIEGEL ONLINE Forum



20.10.2006 

Genau! Sic transit Gloria Swanson! Dann lassen wir doch mal den Saum raus, erstens: Jess "Gott" Franco, und in erster Linie natürlich seine Filme mit der zweitschönsten Frau der Welt, Soledad Miranda. Beim Dreh von "Il Conte Dracula" ("Nachts, wenn Dracula erwacht") soll Christopher Lee, der ja schon alles erlebt hatte, gesagt haben, sowas habe er noch nicht erlebt: Soledad Mirandas Augen, ihre unheimliche Intensität, ihre Hingabe, ihr Kuß, weiß der Himmel was.

Die Trilogie "Der Teufel kam aus Akasava", "Vampyros Lesbos" und "She Killed in Ecstasy", alle kurz vor Soledad Mirandas Tod entstanden (sie starb 1970 bei einem Autounfall), gehört in jeden bizarren Haushalt. "Vampyros Lesbos": Gräfin Nadine (SM) lebt ein vampirisch sexuelles Leben in Istanbul, unterstützt von ihrem Diener Morpho (in allen 2746 Jess-Franco-Filmen heißt irgendjemand Morpho). Sehr hilfreich ist, daß sie während ihrer aufreizenden lesbischen Tanzshows in Nachtclubs junge Damen mental becircen kann, schließlich ist sie die letzte Geliebte Draculas. 
 









Franco kommt in diesem Film fast ganz ohne seine berüchtigten Zooms aus und schafft es fast, eine Atmosphäre traumhafter, lasziver Mattigkeit durchzuhalten, die ihm den Titel "Bester Joseph Sheridan LeFanu's 'Carmilla'-Ausbeuter der 1970er" eingebracht hätte, wenn nicht der Soundtrack, den "avantgardistisch" zu nennen humanistische Schönrednerei wäre, die Türnägel zum Rotieren brächte.











06.07.2009 

Franco wollte ja den "Dracula" drehen, der Stoker endlich mal gerecht werde, was dann aber Franco-typisch in alle Hosen ging, jedoch ein Stück Film erzeugte, das aus vielerlei Gründen seinesgleichen sucht. Unter anderem ja mit einem Kinski, der als Renfield im ganzen Film nur ein einziges Wort sagt ("Varna..."), aber seine komische weiße Zelle da mal wieder querrüber mit seinem Genie tapeziert. Herbert Lom kriegt einen albernen Schlaganfall ins "Drehbuch" geschrieben, weil er am folgenden Drehtag unabkömmlich war, den er dann aber gleich so schlecht spielt, daß man gar nicht mehr weiß, ob Herbert Lom überhaupt je anwesend war oder ob Franco den gleich von Anfang an durch einen Lom-ähnlichen spanischen Finanzbeamten ersetzt hatte.








11.10.2009 

Ein sehr phantastischer Soundtrack von Bruno Nicolai auch: "Il Conte Dracula", der Film von Jess Franco mit den drei Singularitäten Christopher Lee, Klaus Kinski und, auf die Knie bitte, Soledad Miranda. Fängt mit halbwegs stringenter Eerieness an und verliert sich dann in mystischem Perv-Gesprenksel.
 
 
 
 
 









14.05.2010

Neben allem mit Soledad Miranda – "Eugenie de Sade", "Vampyros Lesbos", "She Killed In Ecstasy" und "Der Teufel kam aus Akasava" (mit Horst Tappert!) – natürlich unbedingt Kinski als "Jack The Ripper", der einem auch nochmal klarmacht, was für ein großartiges Leben Herbert Fux gehabt haben muß. Always on the job, der Mann, umgeben von den schönsten Frauen Europas, alle nichts im Sinn als... bizarren, perversen, erotischen Rollen an der Seite von Herbert Fux in Euro-Trash-Filmen nachzujagen.


















(erstveröffentlicht / first published 04/2011)












Donnerstag, 25. Januar 2018

Mark E. Smith 5.3.1957 - 24.1.2018












"Als Aljoscha mitten in der Nacht an den Knöpfen seines Radios drehte, fand er einen ihm bis dahin unbekannten Sender, der ein paar Stücke von The Fall durch den Äther schickte, der Gruppe um Mark E. Smith, dessen Vortrag sich zu Gesang verhielt wie ein Woolworth-Hemd zu einem Chanel-Kleid; nörgelige Bestandsaufnahmen, ultraweitschweifige, meterlange, tagelange Tiraden von stoischer Besserwisserei, mit dem linken Fuß zuerst aufgestandene, ins Mikrophon oder Megaphon gemäkelte Bezichtigungen, über einen knochentrockenen, eins überbügelnden Rhythmus hingegossen wie Bier über einen Pub-Tisch. Das Ganze klang wie Staubsaugen auf Kopfsteinpflaster und tat einem Mann mit einem Messer im Bauch notwendig gut." 

"Aljoscha der Idiot", by me.

Rest in Peace, you great man.









Michael Ruff über The Fall in der SPEX Mai 1988. Ein paar Exzerpte.

Ein Leben mit The Fall. Die einzige Band, die einen nie enttäuschen kann, weil sie sich nie entwickelt. Der Fehler liegt immer bei Dir, Freundchen.

Oder der flutlichtbestrahlte Super-Bash von '86 mit Extra-Spot auf Brix, die Kleine vom Roten Planeten, und die reizende, Ballettwäsche tragende Marcia Schofield, die dann sogar einen Song singen durfte!

Das ist das Verschlagene an The Fall: sie haben sich immer entwickelt - sie haben sich nie entwickelt. Nie haben sie irgendetwas gemacht, was nicht sofort als The Fall zu identifizieren gewesen wäre, und doch ist ihre Karriere bestimmt von Wechseln, Fortschreiten, ungewöhnlichen Schritten und Experimenten.

(M.E.S. über The Frenz Experiment)
"Von den Songs haben wir drei in einem Studio in Brixton aufgenommen, das ungefähr so groß war wie dieser Tisch hier. Dementsprechend rauh ist auch der Sound geworden, und das bildet einen guten Gegensatz zu den tracks, die in den Abbey Road Studios entstanden sind. (...) 'Hit The North' war der Song, von dem ich am meisten besessen war, und wir haben lange daran gearbeitet."

("Victoria", The Kinks)
"Warum ich das singen wollte? Nun, ich hatte eine Vorahnung. Heute ist sie eingetreten, und alle Zeitungen schreiben, dies und das sei wie im viktorianischen Zeitalter. (...) Aber ich muß schon lachen, wenn das heutige England als viktorianisch bezeichnet wird - in der viktorianischen Zeit war entschieden mehr los (...) 1850 - Mädchen von 19 Jahren schreiben über Alchemie, Vikare über Hexenkraft. Es werden vorsätzlich völlig nutzlose gothische Gebäude gebaut. Das war bestimmt interessanter als England heute."

(Sonic Youth)
"Sie möchten gerne The Fall Anno '84 sein. Sie sind immer zwei Jahre hinter uns."
Heißt also, dies heute sind The Fall Anno '86. (...) Die neue LP ist also in etwa das, was die letzte sagen wollte.

Nach "Hotel Bloedel" kommt mit "Bremen Nacht" die inspirierende Wirkung einer Deutschland-Tournee erneut zum Tragen. Dabei hieß es früher, du magst Deutschland nicht besonders.
"Das stimmt nicht. Hier gefällt es mir eigentlich am besten. Der Song handelt von den Geschehnissen bei unserem letzten Auftritt in Bremen, es war in einer Universität, niedrige Decken, ziemlich voll. Ich fühlte mich nicht besonders (...), und nach dem Konzert begann ich, mich sehr merkwürdig zu benehmen, als wäre ich nicht Herr meiner selbst. Ich bin im Hotel herumgelaufen, habe überall geklopft und gefragt 'Ist Steve Hanley hier?' Und Brix schrie immerfort, ich solle ins Zimmer zurückkommen. Ich bekam Haßanfälle und fürchtete, es sei der Teufel in mir, obwohl ich wußte, das konnte nicht sein. Aber als ich mich ins Bett legte, hatte ich überall am Körper diese roten Stellen, als hätten sich Fingernägel in mich gebohrt. Mein Rücken hatte rote Flecken, wie verbrannt. Das hielt acht Stunden. Jeder hat mir danach gesagt, ich wäre nicht mehr als ich selbst zu erkennen gewesen. Es muß irgendein Geist gewesen sein. Vielleicht ist das Gebäude während des Kriegs bombardiert worden oder ähnliches. Während des Auftritts fühlte ich, wie etwas an meinem Bein zog, aber das Publikum war nicht in Reichweite."

The Fall
... werden populärer, weil keiner, der sie kennt, sie je vergessen wird und immer mehr dazukommen werden. Woher diese unbändige Beharrlichkeit?
"Ich schreibe Texte und bringe sie zu der Musik, die mir gefällt. So ist meine Persönlichkeit. Ich habe es auch anders versucht, mit 'Hey! Luciani' zum Beispiel. Wir werden mit Michael Clark, dem Tänzer, demnächst auch live auftreten. Die Holländer wollen im Juni ein neues Ballett aufführen, für Wilhelm von Oranien, 250 Jahre Protestantismus und so. Es wird zwei Bühnen geben, eine für die Tänzer, eine für die Band. (...) Michael ist ein echter Fall-Fan, ist aus dem königlichen Hofballett wegen Leimschnüffelns rausgeflogen und dergleichen."

M.E.S., married man, carry bag man. Ein Freund fürs Leben.





















 















Mittwoch, 24. Januar 2018

Today's Best Song Ever: Nico











"Ich sagte 'Punkt zwei Uhr' und sie kam um fünf. Oder sie erschien um drei und verbrachte die nächsten beiden Stunden im Badezimmer, um ihr Make-up zu richten. Für eine Platten-Session! Da waren nur wir beide im Studio! Einmal sagte ich ihr: 'Ich möchte morgen um zwei Uhr anfangen. Muß ich um zehn bei dir erscheinen, um sicherzugehen? Wo liegt das Problem? Hast du keine Uhr?' Sie antwortete: 'Nein. Als ich beim Schauspieler-Unterricht war, brachte mir Elia Kazan bei, die Dinge in meiner eigenen Zeit zu erledigen. Ich nahm ihn beim Wort.' Sie hantierte mit dieser vielschichtigen Logik und man kam damit nicht zu Rande - es war aufreibend. [...] Sie hatte alle Wörter aufgeschrieben. Sie lagen deutlich vor ihr auf dem Papier, in dieser ihrer spinnwebenartigen gotischen Schrift... Viele Gedanken, verdammt viele Gedanken müssen schon darauf verwendet worden sein, bevor es zu Papier gebracht wurde. Das ist schon bemerkenswert, bedenkt man, daß sie in einer fremden Sprache arbeitete. Und stand es einmal da, wurde es nicht mehr geändert. Sie war in ihrem Stil sehr sicher."

John Cale über die Aufnahmen zu "The Marble Index", in: Axel von Cossart, Kult um Nico



Im Film von James Marsh (1998) sagt Cale: manchmal kam das kleine Mädchen in ihr zum Vorschein, das sei sehr charming gewesen. Bei den recording sessions brach sie am Ende eines Tages in Tränen aus, Cale fragte sich, was um alles in der Welt er ihr angetan habe, aber sie sagte "Nein, nein, es war einfach so schön."























Donnerstag, 11. Januar 2018

Belle de Jour















"Liberated and independent in her private life"



Ephraim Katz, The Film Encyclopedia, über Catherine Deneuve