Samstag, 24. November 2012
Freitag, 16. November 2012
Wronging Tarkovsky
SPIEGEL ONLINE Forum, Oktober 2006
Ich hab's
letzte Woche mit "Solaris" versucht. Das ist also dieser Planet,
nichwahr, dessen Oberfläche einem Meer gleicht, aber das kann man natürlich
seiner Oma erzählen. Die seltsamen Solaristiker, die alle aussehen
wie... öh... aus einem Stanislaw-Lem-Roman, empfangen von der Raumstation, die
den Planeten beobachtet, nur noch Unsinn, also schicken sie einen Psychologen
hoch. Kelvin. Vorher fährt aber noch jemand fünf Minuten im Auto durch eine
japanische Metropole. Das ist auf hypnotisierende Weise unspektakulär. Offenbar
fahren die Autos von selbst, da saß doch keiner am Steuer, oder? Ich hatte mich
nämlich derweil doch entschieden, erstmal in der Küche noch einen dieser
Himbeer-Vanille-Pudding-Becher zu suchen.
Der Flug zur Raumstation ist dann kürzer als Bowies "Space Oddity" und kann mit schlechtsitzender Kaufhaus-Lederjacke absolviert werden. Merke: es geht hier nicht um SF. Bis dahin alles sehr befremdlich. Erst recht, was da so durch die Raumstation huscht, während Kelvin den beiden verbliebenen Besatzungsmitgliedern, die dezidiert neben der Tasse scheinen, Guten Tag sagt.
Aber als Natalja Bondartschuk auftaucht, wird der Film dann wirklich interessant. Sozusagen dem Meer entstiegen, weil dieser ominöse Ozean natürlich in Wahrheit eine von menschlichen Kommunikationsversuchen eigentlich sehr gelangweilte Wesenheit ist, die sich dann aber, mit Röntgenstrahlen gereizt, dazu entschließt, Träume und Gefühle der Störenfriede zu materialisieren. Weil sie es kann. Also sitzt Natalja Bondartschuk plötzlich da oben in der Kabine des Psychologen, als Kelvins Frau Hari, die sich vor Jahren das Leben genommen hat - inkarniertes Schuldgefühl Kelvins, halb Kelvins Frau und halb Produkt dieser seltsamen Alien-Entität. Was Natalja Bondartschuk veranstaltet im Kampf "Haris" um ihre Identität, war das Bewegendste an diesem Film, für mich. Der Film ist so spröde, daß man eine Weile bedauert, daß der Kühlschrank schon wieder leer ist, so hyperrealistisch, daß es phantastisch ist, und dann zieht er einen mit seiner völligen Rätselhaftigkeit in seinen Bann. Also nicht der Kühlschrank jetzt.
Wer oder was ist Hari? Erst schießt der verstörte Kelvin sie zum Mond, aber eine zweite Hari erscheint, und Kelvin stellt sich ihr, verfällt ihr. Sehr philosophische Fragestellungen poltern übereinander wie eine Reihe umgekegelter Grammatikschüler, aber eigentlich... Kelvin muß quasi nochmals einem umgekehrten Todeskampf Haris zusehen, den die Schauspielerin sehr aufregend gestaltet, der sie ein letztes Mal zurückholt, und in diesem Moment fragt man sich eigentlich bloß noch: was also, wenn sie wiederkehrte, schön und traurig, den Wunsch weckend, alles wiedergutzumachen, und zugleich nageln ihre ausgebreiteten Arme ans Kreuz? Überhaupt erinnert Natalja Bondartschuk an die tote Braut, die wiederkehrt, aus alten Folksong-Wiedergänger-Songs ("She Moves Through The Fair")... fasel fasel... alles an diesem Film war schrecklich, und trotzdem war er faszinierend.
Der Flug zur Raumstation ist dann kürzer als Bowies "Space Oddity" und kann mit schlechtsitzender Kaufhaus-Lederjacke absolviert werden. Merke: es geht hier nicht um SF. Bis dahin alles sehr befremdlich. Erst recht, was da so durch die Raumstation huscht, während Kelvin den beiden verbliebenen Besatzungsmitgliedern, die dezidiert neben der Tasse scheinen, Guten Tag sagt.
Aber als Natalja Bondartschuk auftaucht, wird der Film dann wirklich interessant. Sozusagen dem Meer entstiegen, weil dieser ominöse Ozean natürlich in Wahrheit eine von menschlichen Kommunikationsversuchen eigentlich sehr gelangweilte Wesenheit ist, die sich dann aber, mit Röntgenstrahlen gereizt, dazu entschließt, Träume und Gefühle der Störenfriede zu materialisieren. Weil sie es kann. Also sitzt Natalja Bondartschuk plötzlich da oben in der Kabine des Psychologen, als Kelvins Frau Hari, die sich vor Jahren das Leben genommen hat - inkarniertes Schuldgefühl Kelvins, halb Kelvins Frau und halb Produkt dieser seltsamen Alien-Entität. Was Natalja Bondartschuk veranstaltet im Kampf "Haris" um ihre Identität, war das Bewegendste an diesem Film, für mich. Der Film ist so spröde, daß man eine Weile bedauert, daß der Kühlschrank schon wieder leer ist, so hyperrealistisch, daß es phantastisch ist, und dann zieht er einen mit seiner völligen Rätselhaftigkeit in seinen Bann. Also nicht der Kühlschrank jetzt.
Wer oder was ist Hari? Erst schießt der verstörte Kelvin sie zum Mond, aber eine zweite Hari erscheint, und Kelvin stellt sich ihr, verfällt ihr. Sehr philosophische Fragestellungen poltern übereinander wie eine Reihe umgekegelter Grammatikschüler, aber eigentlich... Kelvin muß quasi nochmals einem umgekehrten Todeskampf Haris zusehen, den die Schauspielerin sehr aufregend gestaltet, der sie ein letztes Mal zurückholt, und in diesem Moment fragt man sich eigentlich bloß noch: was also, wenn sie wiederkehrte, schön und traurig, den Wunsch weckend, alles wiedergutzumachen, und zugleich nageln ihre ausgebreiteten Arme ans Kreuz? Überhaupt erinnert Natalja Bondartschuk an die tote Braut, die wiederkehrt, aus alten Folksong-Wiedergänger-Songs ("She Moves Through The Fair")... fasel fasel... alles an diesem Film war schrecklich, und trotzdem war er faszinierend.
Eingestellt von
Antirationalistischer Block / Christian Erdmann
um
16.11.12
Labels:
Andrej Tarkowski,
Film,
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