Samstag, 19. Oktober 2013

Tschechien, Slowakei, 2013


























8 Kommentare:

  1. Ah, Dear! So gorgeous again! Das Licht auf den Abendstimmungsbildern! Die blaue Stunde durch kerzenscheinähnliche Beleuchtung erhellt! Keine üblen LEDs zu erahnen. So schön. Und mein favourite - Sie ahnen es, wissen es. Salieri in Verkleidung über den verschneiten Platz davon schreitend. Amadeus, erschrocken und erschöpft, aus dem Fenster auf ihn herunter schauend. Was für ein herrliches Bild.
    Habe in Kürze etwas mehr Zeit, um Neuigkeiten auszutauschen.
    Sie hören von mir. :)

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    1. Hellgespannt auf Von-Ihnen-Hören! Aber entzückt, schon von Ihnen gehört zu haben derart! Wäre ich die gute Fee, die Ihnen meine drei Wünsche erfüllen könnte :), würde ich Sie genau dorthin versetzen, vor jene beiden Häuser zur blauen Stunde. Die anderen beiden Wünsche bräuchte ich, um Sie von dort wieder zurückzuholen.
      Ich will tot umfallen, wenn ich je wieder ein Blitzlicht in Prag verwende, ach, ich vermute, die ständige Überlagerung von Zeitschichten, die ich an diesem mythengenerierenden Ort immerzu wahrnehme, würde mir die LEDs und Blitze einfach auspusten. Es bleibt also kerzenscheinähnlich, es folgt ein Abstieg in die Prager Unterwelt, so please stay tuned. :)

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    2. Sie brauchen zwei Wünsche, um mich zurück zu holen?? Möglich. Aber dass Sie Ihre drei Wünsche selbst erfüllen dafür, mich hin und her zu wünschen, wünsche ich Ihnen! Obwohl. Was man mit drei Wünschen machen könnte. Sie und ich, erfolgreiche Schriftsteller zett be. Was das auch immer sei. :)
      Meinte gar nicht Blitzlichter mit der Verfluchung der LED. Eher die hiesige Beleuchtungsentwicklungssituation. Gibt ja nicht mal mehr ordentliche Glühbirnen. Schön aber, wenn man kleine verrückte Ladenbesitzer findet, die mehrere tausend altmodische Birnen lagern. Zeitschichtenüberlagerung nur allzu gern, mein Hirn schickte mich erst kürzlich auf eine Hintertreppe in einem Wiener Altbau. Kleine Fenster im Orkan des Alltags.
      I stay tuned, as ever. Prager Unterwelt. Sehr gern. Werde den großen schwarzen BBC-Schirm bereit halten, falls Staub rieselt. :)

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    3. Zwei Wünsche, ja. Weil nur einer gegen Ihr "Hinfort mit Euch!", gegen Ihre Weigerung, Prag wieder zu verlassen, machtlos wäre. Ich müßte Ihre Unverzichtbarkeit hier gegen Ihr einleuchtendes VerlangeninPragzubleiben abwägen, was zu den originären philosophischen Dilemmata gehört. Die Lämmer da gegen Buridans Esel, Sie verstehen. Zugegeben projiziere ich da vielleicht etwas zu sehr. Ich würde ja, wenn ich Tschechisch könnte, da leben wollen, aber niemand kann Tschechisch außer Tschechen. Ein Professor sagte mal: wenn Sie eine echte Herausforderung suchen, lernen Sie Tschechisch. Achsoja, altmodische Birnen, oh, ich horte die auch. LED ist für mich der Anfang von Led Zeppelin, verzeihen Sie. Sie sprechen von diesem kalten Licht, das uns alle zu aggressiven Vollidioten macht. Bitte um Wegbeschreibung zu kleinen verrückten Ladenbesitzern. Lesen Sie auf der Hintertreppe des Wiener Altbaus unter Ihrem schwarzen BBC-Schirm "Der Golem" von Gustav Meyrink, ich flehe Sie an.

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  2. Nun also, einem Flehen hab ich nichts mehr entgegenzusetzen. Wie gut, dass eine Anleitung dabei war, denn den Golem muss man ja zwingend in einem Stiegenhaus unter einem schwarzen Schirm lesen! Der Anfang fiel mir nicht leicht, etwas sperrig zunächst. Schob sich außerdem das neue Werk der Frau Pessl dazwischen, welches nicht mit ihrem Erstling mithält. Nun aber ganz beim Golem, derzeit kurz hinter dem Besuch der Taverne. 20% des Ganzen, aber bis hierher schon in Bildern schwelgend, knarzenden Holzstufen lauschend und angefüllt mit dem Wunsch nach dem Eliminieren sämtlichen Plastiks. Auch Plastikmenschen, bitte.
    Wegbeschreibung zu kleinen verrückten Ladenbesitzern: Auf dem Weg vom Märchenland ins Land der Riesen mit der Bummelbahn auf freier Strecke kurz nothalten und aussteigen. Einen Pilz pflücken, diesen umdrehen und sich draufsetzen. Sie sinken mit dem Pilz zusammen ins Unterirdische. Dort fragen Sie einfach die gelbe Maus nach dem Weg ins Land der Klugen. Die Klugen werden Ihnen sagen, wo die Ladenbesitzer wohnen, Sie dürfen aber nur in Reimen sprechen und auf keinen Fall lachen! ;)

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  3. Ah! Mittler zwischen Ihnen und Meyrinks Golem gewesen, wie schön. Unbeschrobbar, das Buch, nicht wahr? Erst undurchdringlich, dann nicht wieder verlaßbar. Komplex, obskur, Psychodrama, Suspense-Schocker, unglaublich atmosphärisch, so übermächtig darin, in seine Schauplätze zu ziehen, und zugleich die Orientierung raubend. Ich liebe diese Sprache, diesen präzis-phantastischen Expressionismus, jemand schrieb mal, Meyrinks Prosa fühle sich an, als müsse sie gelesen werden zu einer Polka auf verrostetem Metall, zerfetztem Akkordeon und ramponierten Violinen, nun gut, aber sie kreist um den verborgenen Schatz, den man in Träumen sucht. Pernath, Charousek, Hillel, Mirjam, Angelina, irgendwann gingen sie mir alle so unter die Haut, daß ich selbst in die Existenz eines Gemmenschneiders abdriften dürfte, one day. Wie dumm dieser Anwurf: klischeehafte Darstellung der Frauen, jede nur die Folie eines bestimmten Frauentyps, keine Persönlichkeit. Sie sind love dreams, Seelenschwängerung, Träume in einem Traum, Nachdenken über Christa T. next door. Und dann natürlich: Prag, Prag nicht als Stadt, sondern als lauerndes Etwas in der Dunkelheit humanoid organischer Häuser, als Schauplatz seltsamer Traum-Muster und magischer Transformation, Geheimnisse beherbergend, die mit ihrem Eigenleben Mystiker anziehen. Unheimliche, fragmentierte Wirklichkeit, bis das Phantastische als Wirklichkeit erscheint. Zugang zu Räumen ohne Zugang. Reise ins eigene Ich.
    Oh, der verrückte Ladenbesitzer ist ja leicht zu finden. Danke. :)
    Las von neuem Pessl-Werk, Schaubild vom Plot schien ansprechend, hält nicht mit der alltäglichen Physik des Unglücks mit, sagen Sie? In diesem mir von Ihnen überlassenen Werk stecken immer noch Papierstreifen, die markieren, was ich exzerpieren wollte, aber dann wurde ich aus der Zeit, die es dafür bräuchte, selbst exzerpiert. Oder so. Einen Plastikmenschen noch, bevor Sie mit dem Eliminieren fortfahren. Die Kinks im Travelling Music Hall-Truppe-Modus. Psychobritinnen klicken hier.

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  4. Ich danke sehr für den „Golem“. Ahnte ja nicht, was für eine versteckte, verzauberte Welt mich da erwartet. Und dann liefern Sie mir frei Haus auch noch die Bilder dazu! Als wäre ich versetzt in eine Art Traum und Kinderspiel, „Verstecken“ und Puppenhaus und Possentheater und Traumgebilde zugleich. Ich möchte auch Gemmenschneider werden! Verbrachte vorhin eine herrliche Stunde mit dem Reisen durch das Ihrige Prag. Dieses Unterirdische ist ja überirdisch! Laboratorium! Elixier der ewigen Jugend! Stein der Weisen! Zugänge von der Burg und vom Altstädter Ring! Ich bin sprachlosbegeistertentzückt! Muss dort hin.
    Oh, nein, die Frauen müssen doch hier so sein. Erwartete hier denn jemand einen feministischen Ansatz? Unwirklich! Nachdenken überhaupt über jemanden, über die Nachbarn. Alles mit allem und jeder mit jedem verbunden. Sogar die Häuser durch geheime Gänge. Der Raum ohne Zugang und dann ist jeder dort selbst der Golem, unverständlich für die anderen. So schruben Sie so passend „komplett undurchsichtige Wohn- und Eigentumsverhältnisse“. Es raschelt immer im Nebenzimmer.

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    1. Gibt nur eins dann: schicksalbedingt-versehentlichen Huttausch im Veitsdom anstreben. :) Der Mann, der Athanasius Pernath wird, findet ja am Ende den Namen Athanasius Pernath in goldenen Buchstaben auf dem weißen Seidenfutter des Hutes, und es gibt eine Variation der Rabbi Löw-Golemsage, in der die Aktivierung des Golem nicht durch den Zettel mit dem Schem, sondern durch ein Siegel auf seiner Stirn möglich ist. "Dann ist jeder dort selbst der Golem" - wahrscheinlich steht der Name Athanasius Pernath genau so im Seidenfutter, daß er wie ein Siegel auf der Stirn ist, wenn man den Hut aufsetzt. :) Auf daß sich etwas kristallisiert in einem Hirn, das einen Prozeß kreiert, re-kreiert… "dort", wo auch immer, im Labyrinth des Unbewußten, in der Hypnagogie, in den Mysterien von Prag, in der Existenz eines Gemmenschneiders. Das archaische Prag der Alchemisten wiederzufinden - überirdisches Unterirdisches indeed.
      Könnte Ihnen noch Meyrinks "Walpurgisnacht" empfehlen, auch furios, nahm mich aber nicht so schrecklichschön mit wie der "Golem". Zwar lehrt die Walpurgisnacht, daß Zeit eine diabolische Komödie ist, und der Herr Kaiserliche Leibarzt sitzt gedankenverloren bei einer Flasche Melniker, und da ist Polyxena und "In jenem Moment war die Kluft zwischen Traum und Wirklichkeit für ihn überbrückt; es war nur eine Sekunde gewesen, denn in der nächsten wußte er, daß er ein lebendes junges Mädchen vor sich sah, aber der kurze Augenblick hatte genügt, den geheimnisvollen Hebeln des Schicksals den Angriffspunkt zu schaffen, den es braucht, um das Leben eines Menschen für immer aus der vorgezeichneten Bahn wägender Verstandsschlüsse in die grenzenlosen Welten zu schleudern, in denen der Glaube Berge zu versetzen vermag", und außerdem bemerkt Meyrink hier: "Es gibt keine Stadt der Welt, der man so gern den Rücken kehren möchte, wenn man in ihr wohnt, wie Prag; aber auch keine, nach der man sich so zurücksehnt, kaum, daß man sie verlassen hat". Aber der "Golem" ist wie das Traumgebilde aus hundert eigenen Träumen, übereinandergelegt und von Meyrinks virtuoser, verrückter Sprache dechiffriert. Eine Frau von mystischer Schönheit mit ihrer Nähe zum Wunder, The High Priestess, und "Das Rauschen eines seidenen Kleides, eine zarte, schmale Damenhand hatte meinen Arm berührt", The Empress, stehen sie nebeneinander, hat man die Pforte zu diesem Reich. Und zu einer anderen Art von Mathematics of Chaos, da, wo man das Unsuchbare sucht und die Bilder Blindheit von den Augen wischen. Killing Joke haben intensive Verbindungen nach Prag, Geordie, der Gitarrist, lebt noch immer dort, glaube ich. Ja, es raschelt in den Nebenzimmern, von denen man eben noch nicht wußte, daß sie da sind.

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