Mittwoch, 28. Dezember 2016

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Oud Waterhuis, Brügge, BE
19/08/2015



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9 Kommentare:

  1. Mannsein hat einen Vorteil, weil in gerade diesem Alter manche von uns visagistisch fast schon als attraktiv durchgehen, als schön sogar. Lebenszeichnung. Nun, die jugendholde Weiblichkeit hat aber ndt auch einen Blick für eventuell untrainierte Arsch- und Rückenbereiche unsererseits. – Baby, Wahnsinn, dass du von hinten immernoch ziemlich super ausschaust! Wie machste das, öhmsorry, in deinem Alter? – Nujoh, Täubchen, ich bück mich jeden Tag nach den von dir fallengelassenen Joghurtbechern, Salatschalen und Chinesefoodschachteln. Das ist mein Fitnesstraining. Und aus all dem Müll leck ich die Reste raus, das ist meine tägliche Diät, auf diese Weise bleib ich fit für dich! – Echt jetzt? Voll cool. - :)

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  2. Ja, aber Frausein: "Eine Frau kann mit 19 entzückend, mit 29 hinreißend sein, aber erst mit 39 ist sie absolut unwiderstehlich. Und älter als 39 wird keine Frau, die einmal unwiderstehlich war." Weiß nicht, ob das ein authentisches Zitat von Coco Chanel ist, wenn nicht, ist es brillant ausgedacht. :) -
    Ob sie Spitzentaschentuch oder Joghurtbecher fallenläßt: die einzige Macht, vor der es sich zu beugen lohnt, I keep saying it. :)

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  3. Apropos unwiderstehlich, ja, fand Patti Smith in Stockholm auch ziemlich bewegend. So schmerzlich hochoffiziös ist Hard Rain wohl noch nie dargebracht worden, kein Wunder, dass die gute Patti da ins Schlingern kam; ich mein, wer da nicht ins Schlingern kommt, der frisst Nägel zum Frühstück, na egal. Musste aber auch sofort an Lennons Juwelenrassel-Spruch denken. Ein bisserl unwirklich (oder mindestens befremdlich) ist es schon, wenn ausgerechnet Hard Rain vor so einem högschdsatten und –parfümierten Publikum zur Aufführung kommt – mit Streichern freilich. Plötzlich war mir dann auch klar, warum Dylan da kniff, er wusste einfach, dass das nicht so wirklich der Rahmen ist, in dem er einen Lachanfall sicher vermeiden kann. Sagen wir wie’s ist: mit Kings & Queens und höfischem Tralala hat unser Schutzheiliger nix zu schaffen, sowas liegt ihm fern, naturgemäß fern, wie Thomas Bernhard gesagt hätte. – Nun, war wohl Regiezufall, aber Königin Silvia, die für sich allein schon aussah wie ein Prunkfestzelt, und ihr Dings kamen genau in dem Moment groß ins Bild, als Patti die Zeilen sang: I met a young girl, she gave me a rainbow | I met one man who was wounded in love. Aber wichtiger: Ihren ersten Schlingerer/Verwechsler hatte Patti, als sie zusteuerte auf: Saw ten thousand talkers whose tongues were all broken, den zweiten bei: Heard ten thousand whisperin‘ and nobody listenin‘. Hab Fehlleistungen anderer selten so gut nachvollziehen können wie Patti’s in dieser speziellen Situation.

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    1. Grundgütiger, ja, verdammt, danke für Deine feine Beobachtung. Naturgemäß fern, und "Day Of The Locusts" auf "New Morning" erklärt schon fucking 1970 recht ausführlich, daß Dylan sehr wahrscheinlich nicht in Stockholm aufkreuzen würde. Der Song handelt ja von dem Tag, an dem die Princeton University ihm die Ehrendoktorwürde verlieh: "There was little to say, there was no conversation [...] I glanced into the chamber where the judges were talking / Darkness was everywhere, it smelled like a tomb [...] Sure was glad to get out of there alive". Für ihn dagegen die sweet melody der Heuschrecken, die an jenem Tag den Campus heimsuchten.

      Im Adventskalender schrieb ich, daß ich Patti "überwältigt von der Bedeutung des Augenblicks und der Größe dieses Songs" sah, ich dachte an die junge Patti im Keith Richards-T-Shirt, sie, die immer eine so hingebungsvolle Verehrerin war, die ihre Helden in der Musik wie in der Literatur (Rimbaud über allen) gleichermaßen liebte, die selbst nun einen so langen Weg hinter sich hat und selbst so unendlich viel getan hat für poetry in music, und nun ist Bob Dylan schon seit so langer Zeit ihr Freund, und Rimbaud wäre auch ihr Freund gewesen, hätten sie sich nicht knapp verpaßt, und jetzt kam plötzlich alles zusammen, die Welt in Gestalt des Nobelpreiskomitees gibt mit dieser Verleihung Brief und Siegel darauf, daß in einem Song Literatur entsteht. Auch wenn sie selbst und alle, die es angeht, das schon längst wissen. Und dann singt sie diesen Song, und Zeile für Zeile brennt wie Feuer, diese Zeilen, die ein 21jähriger 1962 schrieb, diese sprachlos machende Beschreibung des Hier und Jetzt, und dann erscheint auch noch dieser Tag vor ihrem geistigen Auge, als ihre Mom sagte "He looked like someone you'd like" und ihr diese Platte mitbrachte... und wahrscheinlich dachte sie auch noch an Fred, der Dylan und diesen Song liebte. Daß sie bei alldem ins Schlingern kam, ist vielleicht sogar das Angemessenste, was passieren konnte. So dachte ich. Was Du beobachtet hast, macht die Sache noch größer, weil wir eben nicht Geistesabwesenheit sahen, sondern höchste unbewußte Geistesgegenwart. Ihr Vortrag ist einfach beautiful, mehr als das, sie steht da wie die Seele des Universums.
      Weißt Du noch, Allen Ginsberg in "No Direction Home"? "And I heard 'Hard Rain', I think. And wept."

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    2. Verspätete Anknüpfung, aber hörte seitdem immer wieder Blood/Tracks und Desire (ich weiß, Du schriebst oft darüber). Und ließ das Sinatra-Album reinregnen. Es passt schon alles beängstigend wunderbar zusammen, eben wegen Kontrafaktion. Läuft zu und zurück auf masked/anonymous als Gesamtwelt der Lebenden und Toten als Ableger von Zeugnis. Gäbe es überhaupt eine irgendwie intelligible Welt als Vorstellung ohne Dylan? Gruß, Ray. :)

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    3. Nix gäb's. :)
      "Blood On The Tracks" und "Desire"... und "Street-Legal". Hab nie verstanden, warum "Street-Legal" so kritisiert wurde, kann die 3 ohnehin nicht voneinander trennen, sehe die als Trilogie. Waren mein Eingang zu Dylan, und auf dem Portal stand, was Deinen letzten Ornette Coleman-Artikel beschließt: This is as serious as your life. Auf "Tangled Up In Blue" fing er damit an - Raum und Zeit zu mischen wie Spielkarten. Keine Ahnung, warum vielen bei Dylan immer noch als erstes "Protestsänger" einfällt - The Empress, die Tarotkarte auf dem "Desire"-Cover. Für mich bei Dylan der eigentliche Konvergenzpunkt - die Herrscherin. Isis eigentlich, klassisch, The High Priestess. "Isis", all time Dylan favourite #1... most of the time. Diese surreale Odyssee, "a song about marriage" - seine Diktion auf "Isis" ist so zum Fürchten großartig und geladen, wie er light singt in "I came to a high place of darkness and light", und, vor allem, sein "yes" in "She said 'You gonna stay?' I said 'If you want me to, yes'". Sara angeblich im Studio an dem Tag, als sie "Isis" aufnahmen. "Right away that first version of 'Isis' was a take." Mit Musikern, die sofort Prägnanz liefern und verlebendigen, ohne daß Dylan sie mit dem Song vertraut gemacht hätte. Auch bei den anderen Songs von "Desire", fast alle in einer einzigen Nacht eingespielt, Howie Wyeth: "Even in 'Joey' there was a place where I thought the song was ending and I drop out for a second and it wasn't the end but it worked great." Stoner zu Wyeth: "Don't ask him anything. Just play."
      Magnetische, magische Anziehungskraft, die Macht des Daß-sie-SIE-ist, die noch wirkt, wenn du die in Eis eingeschlossenen Pyramiden erreicht hast, mit Satan, oder irgendeinem B-Movie-Banditen, oder dem Rastlosen in dir. Die Schatullen, die Sargtruhen sind immer leer. Die wahren Reichtümer hegt nur SIE, the mystical child. Erkennen, was man zurückgelassen hat, und zurück sein am Vierten. Vielleicht suchte der stranger nur jemanden, der ihn begräbt. "Isis" hat, musikalisch, diese simple Struktur, die sich immer wiederholt; it's a circle, die Hochzeit wird sich wiederholen und Isis weiß es. Würdig sein für die Frau, die man verehrt.
      Über "Blonde on Blonde" sagte Dylan mal: "It's that thin, that wild mercury sound. It's metallic and bright gold, with whatever that conjures up." "Street-Legal" ist auch metallisch, für mich aber nicht bright gold, sondern kupferrot, wie das lange Haar, das diese Songs beschwören. Quite like Sara in some scenes, in "Renaldo & Clara". Wie der Film gehört natürlich auch "Hard Rain" zu dieser Dylan-Epoche, mit dieser dämonischen Fassung von "Shelter From The Storm". Unmittelbar vor dem Auftritt eine Begegnung mit Sara, die den letzten Boden wegzieht. Rob Stoner: "Everybody's soaked, the canopy's leaking, the musicians are getting shocks from the water on the stage. The instruments are going out of tune because of the humidity. So everybody is playing and singing for their lives and that is the spirit that you hear on the record." Diese Feuerspuckversion von "Shelter From The Storm", der Aufruhr, in seiner Stimme, der elektrifizierte Sturm seiner weißen Gitarre, alles setzt das Universum in Brand.

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    4. Und dann, nach der Scheidung, Dylan auf seiner Farm in Laredo, Minnesota, wo er Songs für "Street-Legal" schreibt. Elvis stirbt. "I went over my whole life. I went over my whole childhood. I didn't talk to anyone for a week after Elvis died." Der legendär schlechte Mix, schmutziges Breitwandformat, wie ein großartiger Film auf einer schäbigen Hinterzimmerleinwand, paßt für mich, auch die Backgroundsängerinnen müssen genau so klingen in diesem Ambiente, damsels in distress, die heroisch versuchen, Dylans Worten und seiner Phrasierung zu folgen und die mysteriöse Intensität damit einfach noch steigern, unwiderstehlich. "Señor" und "Where Are You Tonight" sowieso zwei seiner besten Songs.
      Weiß nicht, was es gäbe ohne Dylan. :) Abgesehen von seiner Bedeutung im "Wie man wird, was man ist" - well, wie Sam Shepard sagt: er taucht das Land um uns herum in eine mythische Atmosphäre. Und das ist nicht Eskapismus, or anything. Die Realität so zu sehen, wie der "Realist" sie sieht, das ist Eskapismus. :)

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  4. ...Hauptsache Optivismen und Positivismen. Aljoscha ist ja eine Erfolgsgeschichte sondergleichen irgendwie, ist ja wurst, wenn nahezu ALLE bekannten Verlage über ihre Lektoren Gutes dazu verkünden, um gleichzeitig zu erklären, warum das Gute nicht gedruckt gehört... Nach wie vor finden wir das skandalös und Sie (Ich- bin- so -nett!) diesen Nonsens des deutschen Literaturzirkus als gottgegeben verniedlichend...Ein Politikum sollte sich nicht zu schade sein, genau diesen Bullshit anzugehen. In diesem Sinne ein lebendiges, großes 2017!

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    1. Bullshit angehen immer unentrinnbar und Tagesordnungspunkt 2. Tagesordnungspunkt 1: sondergleichen. Danke für die guten Wünsche, bin ja schon froh, wenn man aufgrund hier veröffentlichter Fotos nicht mein baldiges Ableben prognostiziert. So, das erste Wort, das ich 2017 schrieb, ist also "Bullshit", ich finde, das ist ein ziemlicher Anfang. :) Danke, Paganini's, Ihnen/Dir auch ein rauschendes.

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