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"Literatur - Was lohnt es noch, zu lesen?"
10/2007
Gustav Meyrink, Der Golem. Selten einen Roman gelesen, der mit jedem Satz derart unterschwellige Bedrohung aus-spukt; im gespenstischen Dunkel des alten, versinkenden Prag mischen sich Realität, Traum und Phantasie, die zwischen unheilschwangerem Im- und atemberaubten Expressionismus schillernde Sprache produziert eine das Vorabgefühl des "Ob man das noch ernst nehmen kann?" im Handumdrehen vernichtende, ungemein sinnlich scheinende Erfahrung. Ob Meyrink, etwa mit der Figur des Aaron Wassertrum, antisemitische Klischees bedient – dahingestellt. Gleichzeitig verspürt man jedenfalls den seltsamen, unwiderstehlichen Wunsch, sich tatsächlich in diesem Labyrinth der Schatten und unzugänglichen Räume aufhalten zu können, in dem alles unübersichtlich voll ist mit Dingen, die ständig mit Eigenleben drohen, und aus jedem Winkel eine faszinierend rätselhafte Gestalt ihr dunkles Geheimnis mitbringt. Denn schließlich ist das Ganze ja wie einer jener bösen Träume, bei denen man sich nachher trotzdem wünscht, man könnte ihn mittels ans Hirn angeschlossenem USB-Stick reproduzieren. Ich weiß nicht, ob man Caligari werden muß, aber mit Coffee-to-go muß auch mal Schluß sein. Psychoreise in und aus dem eigenen Ich, nicht die erste, die den Ausweg aus dem eigenen Kopf sucht, aber eine überraschend faszinierende, und eine vor zuviel Schuhu immer von der Sprache gerettete.
"Literatur - Was lohnt es noch, zu lesen?"
10/2007
Gustav Meyrink, Der Golem. Selten einen Roman gelesen, der mit jedem Satz derart unterschwellige Bedrohung aus-spukt; im gespenstischen Dunkel des alten, versinkenden Prag mischen sich Realität, Traum und Phantasie, die zwischen unheilschwangerem Im- und atemberaubten Expressionismus schillernde Sprache produziert eine das Vorabgefühl des "Ob man das noch ernst nehmen kann?" im Handumdrehen vernichtende, ungemein sinnlich scheinende Erfahrung. Ob Meyrink, etwa mit der Figur des Aaron Wassertrum, antisemitische Klischees bedient – dahingestellt. Gleichzeitig verspürt man jedenfalls den seltsamen, unwiderstehlichen Wunsch, sich tatsächlich in diesem Labyrinth der Schatten und unzugänglichen Räume aufhalten zu können, in dem alles unübersichtlich voll ist mit Dingen, die ständig mit Eigenleben drohen, und aus jedem Winkel eine faszinierend rätselhafte Gestalt ihr dunkles Geheimnis mitbringt. Denn schließlich ist das Ganze ja wie einer jener bösen Träume, bei denen man sich nachher trotzdem wünscht, man könnte ihn mittels ans Hirn angeschlossenem USB-Stick reproduzieren. Ich weiß nicht, ob man Caligari werden muß, aber mit Coffee-to-go muß auch mal Schluß sein. Psychoreise in und aus dem eigenen Ich, nicht die erste, die den Ausweg aus dem eigenen Kopf sucht, aber eine überraschend faszinierende, und eine vor zuviel Schuhu immer von der Sprache gerettete.
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