Peter Thomas! Für den will ich eine Lancet brechen. Der
"Raumpatrouille"-Soundtrack beginnt so sexy, daß man gleich eine
Party imaginiert mit "Girls" in Minirock und Lederstiefeln, deren
Körper sich zur ultra-avantgardistischen Musik winden. Die 25-DM-Kaufhausorgel,
die man Ray-Manzarek-Gedächtnisorgel nennen müßte, wenn Peter Thomas nicht
früher da gewesen wäre, swingt, wie nur Kaufhausorgeln das konnten. Gut,
eigentlich beginnt der Soundtrack mit diesem durch den Vocoder geschickten
Countdown "... sieben... sechs... fünnef..." Hm. Und schon das zweite
Stück ist so krank, daß die Girls kichern über den unmöglichen Blödi, der die
Musik ausgesucht hat. Dann aber "Love In Space", ein schwüles
Saxophon, das in jeden David-Lynch-Film passen würde. Überhaupt glaube ich, daß
Barry Adamson eine Menge Peter-Thomas-Platten im Schrank hat. Und es waren
Pulp, jawohl die großartigen Pulp, die für "This Is Hardcore" den
Anfang von "Bolero On The Moon Rocks" als Sample verwendeten. Dann
ufert das Ganze natürlich vollends aus. Schrill, kreischend, Igor Strawinsky im
Flitzi-Cola-Rausch. "Landing On The Moon" macht klar, daß auch
Unterhaltungscombos auf dem Mond denselben Schnappndappn spielen werden. Der
Klassiker fürs Starlight Casino: "Pizzicato In Heaven".
Minimalistisch und cool. In "Outside Atmosphere" gibt es ein
Intermezzo, das aber GENAU so klingt, als ob dem Bordcomputer noch ein paar
Gedanken ausgluckern, bevor er abschaltet, aber GENAU so. "Take Sex"
erinnert mehr an Urwald als an Weltall. Tarzan übt Scat-Gesang. Warum auch
nicht. Die Mädels sind eh schon alle gegangen. "Jupiter's Pop Music"
hat Peitschenknallen und diesen Kriminaltango-Twang irgendwo zwischen Edgar
Wallace und Mackie Messer. Weiß der Himmel. Und dann habe ich noch irgendwo ein
Stück, das Peter Thomas offenbar für eine lesbische Nummer in irgendeinem
St. Pauli-Film beigesteuert hat, denn es heißt "Lesbische Nummer". Stöhn. Ach ja. The Golden Rage of Grotesque.
[SPIEGEL ONLINE Forum, 13.10.2006]
"So verwundert es nicht, dass eines Tags Jarvis
Cocker, Frontmann der englischen Formation Pulp, bei Thomas anrief und nach
dessen Vater verlangte. Er wolle einen Teil der 'Raumpatrouille'- Musik für den
Pulp-Titel 'This Is Hardcore' verwenden und brauche dazu die Genehmigung des
Komponisten. Als Thomas, der Jarvis Cocker erst für Joe Cocker hielt,
entgegnete, er selbst sei der Gesuchte, reagierte der verblüffte Popstar mit
den Worten: 'Aber Sie müssen doch tot sein.'"
[aus: wittkowsky.net/Peter-Thomas-Filmmusik]