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Samstag, 15. März 2014

Stern von Emily






Sei ganz ruhig, mein Kleines
Such dir einen Stern aus
Da werden wir bald wohnen, du und ich
Und Mama
Die Vögel singen nicht mehr
Wie kalt es wird
Knöpf deinen Mantel zu
Du hast die Mama doch sehr lieb, nicht wahr?
Ich hab sie auch sehr lieb
Und der Mann da
Wollte sie uns wegnehmen
Ich habe ihn getauft
Mit seinem eigenen Blut
Weil er Mama wehgetan hat
Sehr sehr wehgetan
Das Leben war so leicht
Als ich mit dem Schiff zurückkam
Sie stand auf der Pier
Als wäre sie aus irgendeinem
Irgendeinem Königreich des Lichts
Verlaß mich nicht, mein William, sagte sie
Ich habe jetzt dein Kind in mir
Hörst du, wie die Hunde bellen?
Der Captain läßt nach Ratcliff suchen
Du mußt nicht mehr weinen
Siebenhundert Elfen leben hier im Wald
Sie nehmen deine Tränen
Und verwandeln sie zu Perlen
Sieh mich an
Siehst du, jetzt lächelst du
Gott im Himmel
Paß bloß vor den Kerlen auf
Wenn du ein großes Mädchen bist
So? Und wer ist Jimmy?
Wie man zwischen Regentropfen durchgeht?
Das hat er dir gezeigt?
Schau her, mein Engel
Mama muß mir dieses Blut vergeben
Sonst finde ich den Stern nicht
Verstehst du, was ich sage, kleine Feder
Was getan ist, ist getan
Eines Tages wirst du verstehen
Warum das alles so ist
Wie er heißt, der Stern?
Stern von Emily, das ist sein Name
Lauf nach Hause jetzt
Mama macht dein Bett
Papa wird euch finden
Ganz bestimmt



























Sonntag, 20. Januar 2013

Sechs Schuss







Im Geschwefel getafelt mit dem Teufel
Geschwafel pachtet Pech
Faust in meiner Tasche und die Schatten
so schwarz wie das Pik-As
Zeit, mein unfreundlicher Freund
Weißt du nicht mehr, wie ich einen Traum
hoch in rotes Nordlicht warf
Weißt du denn kein Sterbenswörtchen mehr
Vom Traum, der flog und flog
niemals mehr die Erde fand
Über Wasser und vergessene Berge
Heimsuchung für einen
den schon lang kein Heim mehr band
Sing mir eine Hymne, Freund
Alles ist so weit entfernt
Ich ziehe mit dem Wanderzirkus
durch den regnerischen Herbst
Zersägte Jungfrau liegt im Schönheitsschlaf
Bald ist schneeverweht mein Name
Wir ziehen durch den Regen, Tag für Tag
für Tag für Tag für Tag
All die Nächte
da sie in ihrem Schoß das Gold auffing
wie die Plane über uns den Regen
und vor dem ersten Wagen
saß der Tod auf einem hohlen Pferd
Sing mir eine Hymne, Freund
Sie sind siebzehn und ein Zwerg
und ich habe nur sechs Schuß
Die Puppenballerina aus dem Kabinett der Wunder
mit ihren kalten Händen, die Augen flehend blau
mit dem Orakelmund und ihrer Geisterschau
mit ihren Tränen auf rokokogeweißten Wangen
Schmuck der fassungslos Geliebten
Sie zirkuliert in achtzehn Schädeln
seit ich sie fand auf dem Fatalitätenbasar
und dem Schwertschwinger abrang
für einen stolzen Preis und das Mal auf meiner Stirn
Violett verdoppelt sich zu Purpur
Donnergrollen, am Kreuzweg fahler Schein
Lichter aus dem Noch Nicht
auf dem Endlosmeer des Nicht mehr
und die Meute rückt zusammen
bis der Krug bricht und die Scherben
einer ganzen Welt den Hals aufschlitzen
Dann sing mir eine Hymne, Freund
für den Tag der Freiheit
Nie mehr sinkt die Hoffnung in ein nasses Grab
Nie mehr pilgern durch die Plagen
Nie mehr schlafen im stummen Schrei der Sterbenden
Nie mehr sie verlieren an ein widerliches Lachen
Laß uns warten, wispert sie
Nur ein wenig noch


























Dienstag, 14. Februar 2012

Road Dust On Her Ankle Boots






Der Zug rast in den Sandsturm
Im Schatten einer Klapperschlange
Spielt sich nicht viel ab
Schwarzes Kleid auf heller Haut
Woher kommt das Mädchen?
Woher kommt das Mädchen?

Der Horizont verbiegt sich in der Hitze
Skelette klopfen an die Hintertür
Pferdeschrecken frißt den Klang
Von Bottleneck auf E
Wohin geht das Mädchen?
Wohin geht das Mädchen?
                                      
Reptilien kriechen durch den Korridor
Wolken brennen an den Rändern
Jemand sein im Niemandsland
Gefährte dieser Steppenhexen
Das Mädchen kommt zu mir
Das Mädchen kommt zu mir

Chiffon zitterte vom Herzschlag
In einem nie gedrehten Louise Brooks-Film
Der Mond hat einen Doppelgänger
Kein Organ ist kälter als Gehirn
Wohin führt das Mädchen?
Wohin führt das Mädchen?

Was ist es, das sie tun in Zimmer 16
Todesvogel landet hier auf ihrem Arm
Und flattert wieder fort
Das ist es, was sie tun in Zimmer 16
Das Mädchen macht
Das Mädchen macht
ihn ab, den Himmellack

















Montag, 24. Januar 2011

Jacqueline vielleicht

 
 
 
 
Durch Flavy-le-Martel
donnert der Fünfuhrzug
Vom Bäcker kommt
Jacqueline vielleicht

Jacqueline ist 11 und kann den Regen sehen, bevor er fällt
Du weißt jetzt, daß dir niemand glaubt, wenn du die Wahrheit sagst
Dein Vater unterm Citroën, seine Werkstatt, seine Welt
Deine Mutter blättert in Journalen aus Paris, wenn du sie fragst

Und der Nagellack läuft aus
Geh schön spielen, Kind
Mama, weißt du was?
Tu, was man dir sagt, Jacqueline

Jacqueline ist 11 und Gott hat sich die Augen ausgerissen
Madame Laclos die Lehrerin nennt es eine Phase, die vergeht
Am Kirschbaum hängt ein Seil, die Krähen wissen
Es ist Onkel Paul, der sanft im Wind der Picardie sich dreht

Jacqueline steht auf dem Feld
Sie hat aufgehört zu spielen
Bunte Reihen von Quadraten
tropfen aus den Linien

Septembervögel sind der Menschen müde, alles ist ein anderes jetzt
Die Geister kommen aus dem Abgrund bei der Mauer
Ein Eichhörnchen verblutet, eine Puppe ist zerfetzt
Scharlachrote Schatten liegen auf der Lauer

Jacqueline ist 11 und glaubt
sie ist den Streit nicht wert
Der Bruder, der nie kommen wollte
hält stumm den schwarzen Luftballon

Jacqueline mit Blumen aus dem Garten einer Anstalt
steht auf dem Feld, vergißt den Weg zurück
Paul ist tot seit dreißig Jahren, grau und kalt
erwidert er des Mädchens blauen Blick

Jacqueline verblaßt
im Wind der Picardie
Ich sah ihr weißes Kleid
vom Zug aus um fünf Uhr.