Dienstag, 29. April 2014

Jaz Coleman, Letters from Cythera














"My definition of wealth is simply to meet the requirements of my imagination."


"I am forever observing patterns in every perceived aspect of existence."


"Sometimes, I just stare at the human condition."


"Insanity occurs when a complex system fails to modify itself."


"The Greek word for idiot quite literally means removing blindfolds."

 

 

Daß Jaz Coleman a true Renaissance man ist, wußte ich. Aber hier arbeitet man sich durch eine pansophische Lawine. Kabbala, Quantenphysik, Hermetik, Magick, Numerologie, Earth Sciences, alles unter der Idee einer Supersynthesis. Hohepriester dieser Entität namens Killing Joke, deren entfesselte Macht alles überwältigt, was sich ihr in den Weg stellt, aber man findet in Colemans Werk auch einen tiefen und visionären Humanismus. Versteht sich von selbst, daß der Gedankenstrom dieser magischen Weltanschauung zuweilen in Regionen führt, die wie göttlicher Wahnsinn erscheinen. "The Greek word for idiot quite literally means removing blindfolds." Kann ich nicht verifizieren, aber es wäre die beste poetische Beschreibung für das, was "Idiot" in "Aljoscha der Idiot" bedeutet – angefangen mit: Aljoscha removing his own blindfold, Ende seines eigenen Blindgangs.

Ziemlich am Anfang gibt es eine längere, großartige Passage, die davon handelt, wie Coleman sein Radio erschießt, genauer, das Radio, das einen Song von Midnight Oil spielt. "I switch on the radio and to my dismay I am subjected to a mediocre rock dirge that is completely out of context to both my mood and surroundings. As I possess the capacity to actually see music, I have the fleeting impression of an invisible yet highly toxic poison streaming forth from the radio speakers, permeating and slowly polluting this, my sacred space." Die ausführliche Beschreibung der konsequenten Gegenmaßnahmen ist hilarious.

World gone mad again und die Propagandaschleudern, die sich früher Nachrichtensendungen nannten, wecken gerade ähnliche Impulse in mir. Werde meinem TV irgendwann den Schädel spalten. Wenn ich rausgefunden habe, wo es seinen Schädel hat.

 

 

 


 

 

 

 






Samstag, 12. April 2014

Vorweihnacht mit Cured Catherine (17): Sternzeichen Stütze














Zeitfenster ist ein tolles Wort. Gibt es auch Zeittüren? Kann man da durchgehen? Zeitdachboden. Hihi.











Zeittür, Zeitdachboden, Zeitbesenkammer, Zeitbegehbarerkleiderschrank, warum nicht. "Your Urge" führt das Feld an, phantastisch. Seltsam nur, daß ich beim Hören immer Lust auf Kaffee im Frostklirren habe. Kennen Sie das, diese Nostalgie für etwas, das noch gar nicht lang zurückliegt? Noch 16 Tage bis Oasis. Ich wünsche ein rigoros glorioses 2009 ohne jede Üblichkeit, mit letzten Minuten Nine Inch Nails 2008. Reznor wünscht sich "spending time with things". Ich uns auch.















Ich frag mich, wer da draußen noch Raketen entzünden soll, während Hamburg krank im Bett liegt. Gestern erhielt ich mein neues Gefährt und ich kann es nach 25 Jahren Monogamie mit meinem alten Hercules noch nicht so richtig fassen, dass ich nun über ein Kalkhoff verfüge, welches mir von meinem allerliebsten Herrn Vater unter leisem Protest aufgezwungen wurde.

Klar kenn ich das, ich heul sowieso immer, vor Nostalgie und was sich sonst so bietet, wissen Sie ja. Kaffee im Frostklirren kam mir auch in den Sinn, als ich beim Abwaschen Rain explodes at the moment that the cab door closed gegen die Wand sang.

Das ist schlau von dem Reznor, time with things. In den letzten Tagen flüchtete ich mich nach Northanger Abbey und zog dann weiter nach Mansfield Park, währenddem ich dachte, das nächste Jahr würde rigoros zu sein werden haben sollen müssen. Oder ich. The show must go on.

Hab grad gelesen: "Das Jahr 2009 liegt noch auf der Geburtsstation." Aha. Das erklärt so manche unerträgliche Langsamkeit des Seins. Vor zehn Jahren lag ich da auch. Eine ganze Dekade ist es her und wenn ich zum höchsten und größten Balkon von W10 hochschaue, erscheint er mir wie ein Ort aus fernen Zeiten - früher - damals, als eigentlich noch nicht mal ich geboren war. 
 
Lalalalalaa. 

Haben Sie schon die Oasis Plakate gesehen? Die sind hübsch. Die Musik ist erstaunlich old fashioned. And so am I. 












Oui, alles noch im Vakuum. Offiziöse Frauenstimmen am Telefon erklären auf offiziöse Anfragen mal wieder alles mit völligen Verunklarungen, die Zeichen sind mißgelaunt, die Oasis-Plakate habe ich auch noch nicht gesehen, eigentlich sehe ich derzeit fast gar nichts, und Vorbeifahren bedeutet im Grunde die vollkommen autonome Handlung eines komplett durchgefrorenen Körpers. Aber ich gratuliere unendlich sympathisierend zum neuen Gefährt. Was Ihnen Jane Austen, war mir, sagen wir, Audrey Hepburn. Gestern sagte mir Emily, sie sei Sternzeichen Stütze. "Hat Mama gesagt." – "Ich glaube, deine Mama hat Sternzeichen Schütze gesagt. Das kommt von Bogenschütze." Ich schoß einen imaginären Pfeil ab. Emily lehnte sich an mich und sagte: "Aber Stütze ist besser." Was soll man da groß argumentieren. We all need someone we can lean on.
















Ich friere auch ständig durch, verzichte sogar aufs Vorbeifahren und gehe zu Fuß. Das ist eine Seltenheit. Darf ich annehmen, dass Sie mindestens sieben Pullover tragen? Es wäre wünschenswert. Hmmja, die Laune. Remember: "Ein Mensch kann sich nur selbst glücklich machen." (Vgl. Erdmann, 2005) Oder Iggy gucken - gleich besser fühlen.

Mick in rosa Satin rief solche Stürme bis auf den Montagmorgenschulhof hervor? Warum, wenn es zu beschreiben wäre? 

Stützen sind ja oft sehr angenehme Menschen, sehr lustig, wie man Emilys Beispiel entnehmen kann, neigen manchmal zum Größenwahn, dabei aber durchaus erfrischend und stützen können die auch, bestens sogar, bis zur Selbstaufgabe. Also, perfekt mißverstanden, würde ich sagen.
 
Aaach, Holly Golightly, ich wünsche mir doch auch Spiegel und Puderdose im Briefkasten.














Was es genau war? Hm. The call of the devil. Ich sagte ja schon, daß ich bereits mit 6 tagelang ein wehmütiger kleiner Idiot war, nachdem ich France Gall im TV gesehen hatte, aber dies war die Zeit, in der man mit dem ersten Schepperkassettenrecorder die ersten Songs aus dem Radio aufnahm. Mit Mikro. Töpfeklappern in der Küche = Nervous Breakdown. "Street Fighting Man" war einer der allerersten. Aber ich kannte nur Fotos, Poster, dies waren die ersten bewegten Bilder, die ich sah, und diese Bewegungen sind das Ende meiner Kindheit, Jagger boxt den Durchgang zur anderen Welt frei. Von nun an lief ich in Zeugs durch die Schule, an dem die Schulfhofrüpel ihren Spaß hatten. Aber als ich gerade mal mit silberner Samthose in die Lateinstunde abzog, hörte ich einen murmeln: "Sieht ja geil aus." Und der Räuberhauptmann von damals hat mich neulich angesprochen, vor der Bank. Er vermutlich mit diversen Nullen hinter einer Ziffer auf dem Kontoauszug, aber ich hatte die Genugtuung, ihn beim besten Willen nicht mehr erkannt zu haben.
 
Noch ein paar andere Sachen natürlich. Die Musik knochentrocken und dreckig, und dabei doch so strahlend und souverän. Der Glamour, der an dunklen Abgründen entlangtanzt. Sex. Androgynie. Dandy in der Unterwelt. Und auch die Ur-Sympathie für den mysteriösen Second Man. 

Der Real Wild Child-Clip... so schön, merci. Gehört, als Videofetzen, untrennbar zu "... und die Meute, der sie angehörten, wußte, was sie dem Mann schuldig war." Right there.

Mehr später. Sobald ich mich in meinen sieben Pullovern wieder besser bewegen kann.

Übrigens beschlossen, nun an Hälfte Worte Satz wegzulassen.