Donnerstag, 12. April 2018

Soledad Miranda, Jess Franco














SPIEGEL ONLINE Forum



20.10.2006 

Genau! Sic transit Gloria Swanson! Dann lassen wir doch mal den Saum raus, erstens: Jess "Gott" Franco, und in erster Linie natürlich seine Filme mit der zweitschönsten Frau der Welt, Soledad Miranda. Beim Dreh von "Il Conte Dracula" ("Nachts, wenn Dracula erwacht") soll Christopher Lee, der ja schon alles erlebt hatte, gesagt haben, sowas habe er noch nicht erlebt: Soledad Mirandas Augen, ihre unheimliche Intensität, ihre Hingabe, ihr Kuß, weiß der Himmel was.

Die Trilogie "Der Teufel kam aus Akasava", "Vampyros Lesbos" und "She Killed in Ecstasy", alle kurz vor Soledad Mirandas Tod entstanden (sie starb 1970 bei einem Autounfall), gehört in jeden bizarren Haushalt. "Vampyros Lesbos": Gräfin Nadine (SM) lebt ein vampirisch sexuelles Leben in Istanbul, unterstützt von ihrem Diener Morpho (in allen 2746 Jess-Franco-Filmen heißt irgendjemand Morpho). Sehr hilfreich ist, daß sie während ihrer aufreizenden lesbischen Tanzshows in Nachtclubs junge Damen mental becircen kann, schließlich ist sie die letzte Geliebte Draculas. 
 









Franco kommt in diesem Film fast ganz ohne seine berüchtigten Zooms aus und schafft es fast, eine Atmosphäre traumhafter, lasziver Mattigkeit durchzuhalten, die ihm den Titel "Bester Joseph Sheridan LeFanu's 'Carmilla'-Ausbeuter der 1970er" eingebracht hätte, wenn nicht der Soundtrack, den "avantgardistisch" zu nennen humanistische Schönrednerei wäre, die Türnägel zum Rotieren brächte.











06.07.2009 

Franco wollte ja den "Dracula" drehen, der Stoker endlich mal gerecht werde, was dann aber Franco-typisch in alle Hosen ging, jedoch ein Stück Film erzeugte, das aus vielerlei Gründen seinesgleichen sucht. Unter anderem ja mit einem Kinski, der als Renfield im ganzen Film nur ein einziges Wort sagt ("Varna..."), aber seine komische weiße Zelle da mal wieder querrüber mit seinem Genie tapeziert. Herbert Lom kriegt einen albernen Schlaganfall ins "Drehbuch" geschrieben, weil er am folgenden Drehtag unabkömmlich war, den er dann aber gleich so schlecht spielt, daß man gar nicht mehr weiß, ob Herbert Lom überhaupt je anwesend war oder ob Franco den gleich von Anfang an durch einen Lom-ähnlichen spanischen Finanzbeamten ersetzt hatte.








11.10.2009 

Ein sehr phantastischer Soundtrack von Bruno Nicolai auch: "Il Conte Dracula", der Film von Jess Franco mit den drei Singularitäten Christopher Lee, Klaus Kinski und, auf die Knie bitte, Soledad Miranda. Fängt mit halbwegs stringenter Eerieness an und verliert sich dann in mystischem Perv-Gesprenksel.
 
 
 
 
 









14.05.2010

Neben allem mit Soledad Miranda – "Eugenie de Sade", "Vampyros Lesbos", "She Killed In Ecstasy" und "Der Teufel kam aus Akasava" (mit Horst Tappert!) – natürlich unbedingt Kinski als "Jack The Ripper", der einem auch nochmal klarmacht, was für ein großartiges Leben Herbert Fux gehabt haben muß. Always on the job, der Mann, umgeben von den schönsten Frauen Europas, alle nichts im Sinn als... bizarren, perversen, erotischen Rollen an der Seite von Herbert Fux in Euro-Trash-Filmen nachzujagen.


















(erstveröffentlicht / first published 04/2011)












Donnerstag, 25. Januar 2018

Mark E. Smith 5.3.1957 - 24.1.2018












"Als Aljoscha mitten in der Nacht an den Knöpfen seines Radios drehte, fand er einen ihm bis dahin unbekannten Sender, der ein paar Stücke von The Fall durch den Äther schickte, der Gruppe um Mark E. Smith, dessen Vortrag sich zu Gesang verhielt wie ein Woolworth-Hemd zu einem Chanel-Kleid; nörgelige Bestandsaufnahmen, ultraweitschweifige, meterlange, tagelange Tiraden von stoischer Besserwisserei, mit dem linken Fuß zuerst aufgestandene, ins Mikrophon oder Megaphon gemäkelte Bezichtigungen, über einen knochentrockenen, eins überbügelnden Rhythmus hingegossen wie Bier über einen Pub-Tisch. Das Ganze klang wie Staubsaugen auf Kopfsteinpflaster und tat einem Mann mit einem Messer im Bauch notwendig gut." 

"Aljoscha der Idiot", by me.

Rest in Peace, you great man.









Michael Ruff über The Fall in der SPEX Mai 1988. Ein paar Exzerpte.

Ein Leben mit The Fall. Die einzige Band, die einen nie enttäuschen kann, weil sie sich nie entwickelt. Der Fehler liegt immer bei Dir, Freundchen.

Oder der flutlichtbestrahlte Super-Bash von '86 mit Extra-Spot auf Brix, die Kleine vom Roten Planeten, und die reizende, Ballettwäsche tragende Marcia Schofield, die dann sogar einen Song singen durfte!

Das ist das Verschlagene an The Fall: sie haben sich immer entwickelt - sie haben sich nie entwickelt. Nie haben sie irgendetwas gemacht, was nicht sofort als The Fall zu identifizieren gewesen wäre, und doch ist ihre Karriere bestimmt von Wechseln, Fortschreiten, ungewöhnlichen Schritten und Experimenten.

(M.E.S. über The Frenz Experiment)
"Von den Songs haben wir drei in einem Studio in Brixton aufgenommen, das ungefähr so groß war wie dieser Tisch hier. Dementsprechend rauh ist auch der Sound geworden, und das bildet einen guten Gegensatz zu den tracks, die in den Abbey Road Studios entstanden sind. (...) 'Hit The North' war der Song, von dem ich am meisten besessen war, und wir haben lange daran gearbeitet."

("Victoria", The Kinks)
"Warum ich das singen wollte? Nun, ich hatte eine Vorahnung. Heute ist sie eingetreten, und alle Zeitungen schreiben, dies und das sei wie im viktorianischen Zeitalter. (...) Aber ich muß schon lachen, wenn das heutige England als viktorianisch bezeichnet wird - in der viktorianischen Zeit war entschieden mehr los (...) 1850 - Mädchen von 19 Jahren schreiben über Alchemie, Vikare über Hexenkraft. Es werden vorsätzlich völlig nutzlose gothische Gebäude gebaut. Das war bestimmt interessanter als England heute."

(Sonic Youth)
"Sie möchten gerne The Fall Anno '84 sein. Sie sind immer zwei Jahre hinter uns."
Heißt also, dies heute sind The Fall Anno '86. (...) Die neue LP ist also in etwa das, was die letzte sagen wollte.

Nach "Hotel Bloedel" kommt mit "Bremen Nacht" die inspirierende Wirkung einer Deutschland-Tournee erneut zum Tragen. Dabei hieß es früher, du magst Deutschland nicht besonders.
"Das stimmt nicht. Hier gefällt es mir eigentlich am besten. Der Song handelt von den Geschehnissen bei unserem letzten Auftritt in Bremen, es war in einer Universität, niedrige Decken, ziemlich voll. Ich fühlte mich nicht besonders (...), und nach dem Konzert begann ich, mich sehr merkwürdig zu benehmen, als wäre ich nicht Herr meiner selbst. Ich bin im Hotel herumgelaufen, habe überall geklopft und gefragt 'Ist Steve Hanley hier?' Und Brix schrie immerfort, ich solle ins Zimmer zurückkommen. Ich bekam Haßanfälle und fürchtete, es sei der Teufel in mir, obwohl ich wußte, das konnte nicht sein. Aber als ich mich ins Bett legte, hatte ich überall am Körper diese roten Stellen, als hätten sich Fingernägel in mich gebohrt. Mein Rücken hatte rote Flecken, wie verbrannt. Das hielt acht Stunden. Jeder hat mir danach gesagt, ich wäre nicht mehr als ich selbst zu erkennen gewesen. Es muß irgendein Geist gewesen sein. Vielleicht ist das Gebäude während des Kriegs bombardiert worden oder ähnliches. Während des Auftritts fühlte ich, wie etwas an meinem Bein zog, aber das Publikum war nicht in Reichweite."

The Fall
... werden populärer, weil keiner, der sie kennt, sie je vergessen wird und immer mehr dazukommen werden. Woher diese unbändige Beharrlichkeit?
"Ich schreibe Texte und bringe sie zu der Musik, die mir gefällt. So ist meine Persönlichkeit. Ich habe es auch anders versucht, mit 'Hey! Luciani' zum Beispiel. Wir werden mit Michael Clark, dem Tänzer, demnächst auch live auftreten. Die Holländer wollen im Juni ein neues Ballett aufführen, für Wilhelm von Oranien, 250 Jahre Protestantismus und so. Es wird zwei Bühnen geben, eine für die Tänzer, eine für die Band. (...) Michael ist ein echter Fall-Fan, ist aus dem königlichen Hofballett wegen Leimschnüffelns rausgeflogen und dergleichen."

M.E.S., married man, carry bag man. Ein Freund fürs Leben.