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Freitag, 1. Mai 2020

Tourneur, Katzenmenschen. Teil 2







Simone Simon








"Cat People" ist, wie Newman befindet, "a simple, evocative, eerie title"; wer ihn zum ersten Mal hört, reagiere "with a frisson of excitement, intrigue and fear" (Newman, 12). Die Opening Credits erscheinen über einer im Art Deco-Stil gehaltenen Darstellung eines schwarzen Panthers. Auf einem zweiten Hintergrund - ein Reiter, der ein Schwert emporreckt, auf dem eine Katze aufgespießt ist - wird ein "Zitat" eingeblendet: "Even as fog continues to lie in the valleys, so does ancient sin cling to the low places, the depressions in the world consciousness." - The Anatomy of Atavism - Dr. Louis Judd. Dr. Judd ist einer der Charaktere des Films. Ist der Verfasser der Anatomie des Atavismus Freudianer? Sigmund Freud das "Zitat" als authentisches zuzuschreiben (was im Script offenbar zunächst geplant war), wäre allzu kühn, indes sind wir darauf vorbereitet, daß Juddianer wie Freudianer daran arbeiten, jene "Sünde aus uralter Zeit, die sich in die Abgründe des Weltbewußtseins senkt", aufzuspießen wie der Reiter die Katze.

Das romantische, aber schon dramatisch verdüsterte Streicherthema des Vorspanns (in der deutschen Fassung durch einen anderen score ersetzt) geht über in die Musik einer Drehorgel; die erste Einstellung zeigt den schwarzen Panther im Zoo des New Yorker Central Park, ruhelos hinter den Gitterstäben seines Käfigs auf und ab schleichend. Die Kamera fährt langsam zurück, bis eine Frau zu sehen ist, die nah am Käfig steht und offenbar dabei ist, auf ihrem Zeichenblock von dem schönen und gefährlichen Tier eine Skizze anzufertigen. Sie trägt eine enge Kostümjacke über einer weißen Bluse, Rock, Nahtstrümpfe; sie strahlt eine Art adretter Akkuratesse aus. Dann sehen wir ihr Gesicht, und augenblicklich ist klar, daß dieser Film namens CAT PEOPLE von ihr handeln wird.

Die Aura der Französin Simone Simon wird oft mit Attributen wie kittenish beschrieben. Lewton war fasziniert von ihrem kitten-face, Hogan beschreibt sie als "seductively feline beauty" (Hogan, 60). Der Film gewinnt seine Überzeugungskraft nicht unwesentlich durch dieses Gesicht; wie auch durch Simone Simons subtile Kunst, die katzenhafte Anmutung durch Gesten und Manierismen zu verstärken. Dabei oszilliert ihre Ausstrahlung zwischen sinnlicher Wärme und Weichheit einerseits und eisiger Indifferenz andererseits: das anschmiegsame Kätzchen und das kalte Raubtier komponieren die geheimnisvolle Erotik der Simone Simon. A.G. Frank erkennt eine der Idealbesetzungen des ganzen Horrorgenres in Simon, "whose strange, almost passive face and staccato movements hinted eerily at the dangerous beast below the surface" (Frank, 116). Newman ergänzt: "Even before the story took shape, Lewton wanted to cast Simone Simon as Irena; she gives the most striking performance in the film" (Newman, 18). Newman nennt Simons Darstellung "remarkably affecting, strange accent and all. Sometimes, her odd line readings make scenes work, and there's a sense of life in her performance that makes Cat People, like most great monster movies, as much a tragedy as a melodrama" (Newman, 72 ff.). Simone Simons starker Akzent, manchmal nah an der Unverständlichkeit, weist sie als Fremde aus, als alien, entspricht jedoch nicht annähernd der ursprünglichen Idee Lewtons, die junge Frau während des gesamten Films eine Sprache sprechen zu lassen, die überhaupt nicht zu verstehen ist.

Sie reißt unzufrieden das eben entstandene Blatt ab und macht einen Papierball daraus, den sie mit einer so entzückenden wie ineffizienten Armbewegung in Richtung eines ausgehöhlten Baumstammes wirft, der als Papierkorb dient. Sie verfehlt ihr Ziel; das Flugobjekt fällt einem Mann vor die Füße, der, mit urbaner Lässigkeit den Herbstmantel über die Schulter gelegt, an einem Erfrischungswagen steht und versonnen am Strohhalm seines Limonadedrinks saugt. Er sieht auf banale Weise gut aus. Kent Smith als Oliver Reed "is square-faced and solid, a plodder whose only extraordinary aspect is his association with the captivating Simon" (Newman, 19).

Die Szenenfolge der Eingangssequenz enthält das erste Rätsel. Neben Oliver steht eine Frau mit blondem Haar und schwarzem Hut. Ihr Gesicht ist der Kamera abgewandt. Die Einstellung – beide stehen "zusammen" am Erfrischungswagen – legt nahe, daß sie Olivers Begleiterin ist, und man glaubt an ein momentanes Kommunikationsloch zwischen ihnen. Oliver blickt auf, um zu sehen, wer den Papierball geworfen hat, und ist auf der Stelle fasziniert: die Frau vor dem Pantherkäfig macht eine bezaubernd entschuldigende Miene. Er hebt den Papierball auf, wirft ihn in den Papierkorb und zeigt auf das Parkschild, auf dem steht: "Let no one say, and say it to your shame / That all was beauty here, until you came."

Die Frau nickt folgsam, lächelt und wendet sich wieder dem Käfig zu. Schnitt zurück zu Oliver: die blonde Frau ist unerklärlich und spurlos verschwunden, Oliver macht sich nach kurzem Zögern auf den Weg zu der Frau am Pantherkäfig, zwei Limonade-Flaschen bleiben zurück, es sind nur sieben Sekunden vergangen, seit wir die blonde Frau zuletzt sahen - wo ist sie hin?

Hat Oliver seine Begleiterin einfach abgeschoben? Oder war sie gar nicht seine Begleitung? Beim zweiten Sehen des Films wird die Szene noch rätselhafter dadurch, daß es sich bei der blonden Frau offensichtlich um Jane Randolph handelt, die Darstellerin der Alice. War sie ohnehin dabei, sich gerade zu verabschieden? Es deutete nichts darauf hin, und an die Auslassung der Abschiedsszene können wir nicht glauben. Die Szene suggeriert, daß Oliver "sie", wer immer sie ist, einfach stehenläßt, mehr noch: daß sie sich durch Irenas Erscheinen in Nichts auflöst. Dieses winzige Detail weckt den unbestimmten Eindruck, daß dieser Mann im Begriff steht, die Realitätsebene zu wechseln, und die Irritation, die "intellektuelle Unsicherheit", die es auslöst, gibt den Ton vor, den Lewton und Tourneur in CAT PEOPLE anschlagen.

Die Frau vor dem Käfig macht einen zweiten Versuch, den Panther zu zeichnen, doch erneut reißt sie unzufrieden das Blatt ab, zerdrückt es und zielt von neuem auf den Papierkorb; Oliver, der neben sie getreten ist, unterbricht ihre Wurfbewegung und nimmt ihr das Papier ab. Sie bedankt sich, macht einen dritten Zeichenversuch; er wirft und trifft natürlich den Papierkorb. Mit täppischem Stolz im Gesicht dreht er sich zu ihr, aber sie hat nicht hingesehen. Sie zeichnet, wie zwanghaft, den Panther. Oliver nähert sich ihr von der anderen Seite und erklärt, wenig originell:

"You won't believe this, you've probably heard it a dozen times before, but I've never known any artists." – "I'm not an artist." – "Oh, what's all this?" – "I do sketches for fashion drawings." – "Oh. May I see it?" – "Oh no, it's not good. If I let you see it, you might not want to know any artists, ever!"

Newman meint im "foreign accent" der Frau, in der gewissen Exaltiertheit ihrer Betonungen "a hint of calculated flirtation" (Newman, 18) zu erkennen. Aber das Geheimnis dieser Frau, die Sittsamkeit und Sexappeal zugleich ausstrahlt, ist nicht die Kunst der Verführung. Bei ihrem letzten Satz hat sie auch das dritte Zeichenpapier eingerissen; sie läßt es zu Boden fallen und beginnt ihre Utensilien einzusammeln. Oliver hilft ihr, und sie verlassen den Park zusammen. Der Herbstwind treibt die Blätter den Raubtierkäfig entlang, weht sie über die Schatten der Gitterstäbe und spielt mit dem Papier, das die Frau nicht ganz zerrissen hat, so daß wir das Motiv erkennen können: es ist die Zeichnung eines wütend fauchenden, den Kopf herumreißenden Panthers, in dem Augenblick, da sein Leib von einem großen Schwert durchbohrt wird. "It's a powerful, obviously sexual image and one that raises a host of questions about Irena and why on earth she should draw such thing. This whole sequence is constructed with admirable economy (...), moving us from surface judgements about the characters into psychological engagement (...)" (Dyson 1997, 107). Man ahnt, daß diese Begegnung in tiefe Abgründe führen wird.

Newman befindet: "Both partners lie: the man turns out to be a naval draughtsman who himself works at a drawing board (...), and that impaled big cat is certainly not a 'fashion drawing'." (Newman, 18). Heißt das aber, daß beide von Anfang an lügen? Oliver ist Architekt oder Designer in einem Büro für Schiffskonstruktion; seine Aussage, er sei noch nie Künstlern begegnet, steht dazu durchaus nicht im Widerspruch, verrät allenfalls etwas von seiner unbewußten Einstellung zu sich selbst, zu seinem Beruf, seinem Leben – es ist langweilig. Und die Frau? Hätte sie dem Mann diese Zeichnung zeigen sollen?

Die nächsten Sequenzen verraten, warum sie es nicht tat, warum sie nicht riskierte, die kleine Chance auf eine freundschaftliche, herzliche Bindung wieder zu verspielen. Sie ist eine Fremde, und sie ist allein. Ihr Verhalten ist nicht kalkulierter Flirt; sie schwankt zwischen dem Zögern und der überstürzten Dankbarkeit einer grenzenlos Einsamen. Während sie nebeneinander durch die Straßen gehen, fragt Oliver: "Irena Dubrovna... is that a Russian name?" – "No, I'm from Serbia." – "Oh, I see." (Wobei Kent Smith exakt jener leicht stupide Gesichtsausdruck gelingt, der andeutet, daß Oliver noch nie im Leben von Serbien gehört hat.) "Would you mind spelling it?" – "You wanna know to spell my name? Are you gonna write me a letter?" – "I'd like to write you a letter!" – "What about?" – "I would say in this letter, Dear Miss Dubrovna – I would say... will you have tea with me?" Irena schüttelt den Kopf. "Oh, well, in that case I'd just have to write you another letter... I'd say - "
Irena bleibt stehen: "Here's my house!" – Oliver will sich verabschieden, doch sie, die seinen Namen schon erfahren hat, sagt unvermittelt:
"Perhaps, Mr. Reed, you would like to have tea in my apartment?" Und Oliver antwortet verblüfft: "Oh, oh, Miss Dubrovna – you make life so simple."

Und wer wäre nicht verwundert über eine so verschämt-unverschämte Einladung zum Tee. Aber tea and sympathy gehören zusammen, und wonach Irena sich sehnt, ist sympathy. Oliver ist fasziniert von Irena; Kent Smith verleiht diesem Fasziniertsein exakt jene Nuance einer im Ungeschickten steckenbleibenden Verwirrung, die verdeutlicht, daß die Solidität seines Gemüts nicht hinreichen wird, um der Faszination wirklich nachzugeben, oder besser, um ihr gerecht zu werden. Oliver spürt, daß etwas Anderes und Fremdes um Irena ist, spürt etwas Unergründliches in ihr, fühlt sich davon angezogen, weiß sich diesem Rätsel aber zugleich nicht gewachsen, so daß er in der Folge, in einem unbewußten Schutz- und Abwehrmechanismus, seinen Charakter als "plain and normal" um so stärker betont.

Als sie die Eingangshalle betreten – Simone Simon steigt bereits jene beeindruckende Treppe empor, die zum Set des ebenfalls 1942 für RKO gedrehten Orson Welles-Films THE MAGNIFICENT AMBERSONS gehörte – bemerkt Oliver: "You know, I never cease to marvel at what lies behind a brownstone front." Was sich hinter der Fassade verbirgt – eben davon erzählt der Film. Irena schließt die Tür zu ihrem Apartment auf und hält dann inne. Die Schatten, die auf der Tür liegen, gleichen Käfigstäben, die Musik wird latent bedrohlich. Irena wendet sich Oliver zu, zögernd. "What's the matter?" - "Nothing..." - "But you... you looked at me in such a funny way..." Und Irena gibt zu: "I have never had anyone here. You're the first friend I met in America." Zwar kenne sie beruflich viele Menschen, aber, wie sie schließlich mit schüchtern-offenem Vertrauen in der Stimme und in den Augen beschwört: "... you might be my first real friend."

Irena ist alles andere als ein männermordender Vamp; sie hatte noch nie einen Besucher in ihrem Apartment, geschweige denn einen männlichen. Oliver Reed ist schon in den ersten Minuten des Films als der ungelenke Einfaltspinsel vorgestellt, der er tatsächlich ist – er ist die Inkarnation von dull –, und das läßt ahnen, wie tief Irenas Einsamkeit sein muß. Ihr Apartment wird kein so unbetretbarer Bezirk bleiben. Es wird Eindringlinge geben.

Irena öffnet die Tür, und Oliver bemerkt sogleich den schweren Duft, der das Apartment durchzieht. - "That's Lalage!" - "Lalage?" - "The perfume I use. I like it... perhaps too well. Maybe I use too much of it... living alone like this..." - Oliver ist angetan von dem Duft, entdeckt aber eine seltsame Komponente darin: "It's hard to describe... not like flowers exactly... it's – it's like something warm... and living..." - Irena schließt die Tür, das Bild wird zu Schwarz.

Später. Es ist dunkel geworden in dem Apartment, das sich in der Nähe des Parks befindet. Irena summt leise eine Melodie, die vermutlich aus ihrer serbischen Heimat stammt, und die das Streicherthema des Soundtracks als ihr Motiv enthüllt. Die Kamera nimmt ein Objekt zur Kenntnis, das als dunkle Silhouette vor dem Fenster erscheint, und dessen Wiederauftauchen in Irenas Apartment für uns jetzt bereits eine gewisse Logik enthält – es ist der Reiter mit dem erhobenen Schwert und der darauf gepfählten Katze. Daß Irena im Besitz dieser kleinen Statue ist, vertieft jedoch nur das Rätsel: welche Bedeutung hat dieses Objekt für Irena? Ist es ein Erinnerungsstück – oder eine Art Mahnmal?

Irena steht am Fenster, verträumt, mit geschlossenen Augen. Oliver sitzt auf dem Sofa, raucht eine Zigarette und beobachtet still diese faszinierende Frau. Der aufgeladene Moment wird gestört durch ein entferntes, unheimliches Grollen.
"What's that?" – Irena antwortet in einem fast liebevollem Tonfall, der das akustische Pendant zu einem verspielten Kätzchen ist: "It's the lions in the zoo. One can hear them here often. Many people in this building complain. The roaring keeps them awake." – "And you don't mind it?" –  "No. To me it's the way the sound of the sea is to others – natural and soothing. I like it." Sie verläßt ihren Platz am Fenster und erklärt: "Some nights there is another sound – the panther. It screams like a woman. I don't like that." Ihr Tonfall bei diesen Worten ist verändert: beunruhigt, leicht gehetzt. "Oh, I hadn't realized how dark it was getting." Sie macht ein wenig Licht. "I like the dark. It's friendly."

Newman beschreibt die Wirkung dieser ungewöhnlichen und ungewöhnlich schönen Szene, die suggeriert, daß wenig Worte den Zauber gebrochen haben, während die Dämmerung das Apartment langsam in Dunkelheit tauchte: "Two people, not even talking, staying together into the evening, not noticing the shadows creeping up: it's an extremely effective, unusual shorthand for the process of falling in love (...), but also has a sinister feel (...)" (Newman, 21). Auch läßt die Szene denken, daß Katzen gut im Dunkeln sehen. Dyson über die erotische Spannung dieser Sequenzen: 

"This sexual tension is played upon when we cut to a darkened room and the statue glimpsed in the credit sequence now seen in silhouette. The way this shot is held suggests some time has passed, and when a light is turned on the question 'have they done it?' flashes in one's mind and is intended to, particularly when we hear Irena humming. The camera pulls back revealing Oliver sitting on the sofa and Irena leaning against the wall answering the question with a resounding 'no' (...)" (Dyson, 107). Doch die hier evozierte "sexual tension" durchdringe, so Dyson, den ganzen weiteren Film.

Der vorangegangene Dialog hat Irenas Fremdartigkeit betont, ebenso ihre Beziehung zu Raubkatzen; ihre erklärte Liebe zur Dunkelheit untermalt dies mit einer Andeutung von Gefahr. Mit einem gleichsam sprachlosen Geist, in dem nur die Frage glüht: Wer ist sie?, sieht Oliver ihr zu, während sie die Teetassen auf ein Tablett stellt; als sie es fortträgt, geht sie an einem großen Paravent vorbei: auf ihm ist das Bild jenes Art Deco-Panthers zu sehen, mit dem die Opening Credits unterlegt waren. Oliver sieht sich inzwischen die seltsame Skulptur genauer an. 

Irena kehrt zurück: "Are you admiring my statue?" – "Not exactly... who's it supposed to be?" – "King John." – "Oh, King John... the Magna Carta and all that stuff. " – "No, King John of Serbia. He was a fine King. He drove the Mamelukes out of Serbia and freed the people." –  "Well, why have this around?" – "Perhaps you have in your room a picture of George Washington or Abraham Lincoln?" – "What does it mean? Why is he... why is he spearing that cat?" – "Oh, it's not really a cat... it's meant to represent the evil ways into which my village had once fallen..."

Irena geht zum Kamin, über dem ein Gemälde von Goya hängt: Don Manuel Osorio Manrique de Zuñiga (1788). Es ist das Portrait eines Jungen, Sohn eines spanischen Grafen, der eine zahme Elster an einem Band führt. Rechts von ihm steht ein Vogelkäfig voller Finken, links von ihm lauern drei Katzen, die mit großen Augen die Elster beobachten. Der Junge ist hübsch; wenn man will, könnte man auch sein Gesicht kittenish nennen. Das Bild, dessen Original tatsächlich in New York hängt (im Metropolitan Museum of Art), erzählt etwas über Irena: der abgebildete Junge ist süß und einsam. Er hat keine Spielgefährten außer seinen Tieren. Während Irena vor dem Kamin steht und Oliver die historische Bedeutung der kleinen Statue erklärt, scheinen im Halbdunkel des Apartments die leuchtenden Augen der Katzen vom Gemälde auf sie herab zu starren:

"You see, the Mamelukes came to Serbia long ago and they made the people slaves. Well, at first, the people were good and worshipped God in a true Christian way. But little by little, the people changed. When King John drove out the Mamelukes and came to our village, he found dreadful things. People bowed down to Satan and said their masses to him. They had become witches and were evil, but King John put some of them to the sword, but some, the wisest and the most wicked, escaped into the mountains... now do you understand?"

Oliver tritt lächelnd auf sie zu: "Well, I still don't see what it has to do with you!" - Irena antwortet traurig und ängstlich: "Those who escaped, the wicked ones, their legend haunts the village where I was born." Irena ist sichtlich verstört von der "Legende", die sie berichtet. Wir erfahren also, daß die Katze, die der König aufspießt, den sündhaften Lebenswandel der Vorfahren Irenas repräsentieren soll. Erst später werden wir erfahren, daß jene den Säuberungsaktionen King Johns entkommenen wisest and most wicked in der Lage waren, sich tatsächlich in Raubkatzen zu verwandeln. Für die filmische Wahrheit ist völlig irrelevant, daß es nie einen serbischen König Johann gab, ebensowenig haben die Mamelukken jemals Serbien unterworfen.








In diesem Moment beginnt die Uhr auf dem Kaminsims zu schlagen. Irena preßt die Lippen zusammen; als hätte die Uhr sie abgehalten, mehr zu enthüllen von dieser – ihrer –  Geschichte. Die Gegenwart hat die Vergangenheit noch einmal verdrängt. Es ist 6 Uhr abends. Irena blickt kurz auf ihre Armbanduhr, ein verlegener Moment; beide wissen, es ist Zeit, für Oliver, zu gehen. "Boys who come to tea can't expect to stay to dinner!", bemerkt Oliver und geht zur Tür. Sie ruft ihm nach: "Some other time, perhaps!" - "Tomorrow?" – Irena nickt, schüchtern-entschlossen lächelnd, aufrecht an die Tür gelehnt, "casting him as the knight in armour who will rescue her" (Newman, 25). Oliver fragt: "Well, what time tomorrow?" – Sie lächelt strahlend, zuckt aber die Schultern – "Dinner?" – Sie nickt. Und sieht dann ihrem "ersten wirklichen Freund" nach, wie er die monumentale Treppe hinabsteigt, "excited and smiling in anticipation. It is one of the few scenes in the film that doesn't end foreboding" (Newman, 25). Wer genauer hinsieht, entdeckt ein böses Vorzeichen: auch die Schatten des Treppengeländers zeichnen Gitterstäbe auf die Tür, durch die Irena zurück in ihr Apartment geht – wie in einen Käfig.

Der folgende Tag. Olivers Arbeitsplatz – C.R. Cooper, Ship and Barge Construction Co. – ist hell und licht. Während Irena allein und zuhause arbeitet, ist Oliver integriert in die Gruppe sich gelegentlich aufziehender, aber grundsätzlich solidarischer Kollegen in einem amerikanischen Büro. Alice Moore (Jane Randolph), "a perky Girl Friday-type blonde" (Newman, 25), dirigiert einige Arbeiter, die auf Leitern stehen und großformatige Entwürfe an einer hohen Wand anbringen. Mit zwei, drei Skizzen ist Alice eingeführt als cleverer, nicht auf den Mund gefallener Kumpel; als durch und durch "moderne" Frau, als Gegensatz zu Irenas mysteriösen Verbindungen in die Vergangenheit. Alice geht zu einer Ablage, als das Miauen einer Katze ihre Aufmerksamkeit erregt. Oliver sitzt an seinem Zeichentisch, auf dem ein Pappkarton mit Luftlöchern steht, und macht ein schuldbewußtes Gesicht. Aus dem Karton befreit sich eine kleine Siamkatze. Newman erkennt in dem Kätzchen, das in einen Karton eingepfercht ist, "a neat little image of Oliver's ambitions for Irena" (Newman, 25).

Alice ist entzückt: "Where'd you get it?" – Oliver: "Bought it." Wir lernen C.R. Cooper, den Commodore kennen ("You're not goin' in for cats, are ya, Oliver?"), sowie, nachdem Oliver erklärt, das Kätzchen sei "for a friend", den sardonischen Doc Carver: "We arrive at the inescapable conclusion that our Oliver has a girl!"

Oliver hat also verstanden, daß Katzen irgendeine bedeutende Rolle in Irenas Leben spielen. "A girlfriend?" fragt Alice mit dem Kätzchen auf dem Arm. – "A girl." – "Anybody I know?" – "Not yet, but I know you'll like her." – "Well, if you like her, she's okay with me." Während Oliver die Katze zurück in den Karton setzt, sind, wiederum innerhalb kürzester Zeit, mehrere Dinge auf einmal klar. Alice, "a bustling, down-to-earth working girl who looks more suited to helpmeet roles than seducing a man away from his wife" (Newman, 26), hat eindeutig ein besonderes Interesse an Oliver und nimmt die "unausweichliche Schlußfolgerung", es gehe um ein Mädchen, mit forcierter Unbekümmertheit und einem übertünchenden Lächeln auf. Die sorg- und arglose Erklärung Olivers, Irena werde Alice gefallen, läßt in der Munterkeit, mit der sie niemandem gerecht wird, Schlimmes befürchten. Und wenn schließlich Alice, wenig überzeugend, behauptet: "if you like her, she's okay with me", ist das zugleich eine Lüge und eine Konzession an das Ethos der aus einem Arbeitsverhältnis entstandenen kumpelhaften Zuneigung, die Oliver und Alice verbindet. Sie werden dieses Ethos nicht verraten, und am Ende des Films wird klar sein, daß sie sich in eine "settle-for-less partnership" (Newman, 26) fügen. Alice ist das "normale" Gegenbild zur "fremden" Irena. Ihr Verhältnis zu Oliver ist sichtlich Vorbild für die Beziehung zwischen Mitch und Scotty in Hitchcocks Vertigo (1959). Überhaupt hegte Hitchcock großen Respekt für die von Lewton für RKO produzierten Filme.

Newman sieht Jane Randolph "doing something interesting with a role conceived as secondary and guaranteed to seem more unsympathetic to modern audiences than it did at the time (...) Alice's sufferings are never on a par with Irena's, though she is menaced in the film's two major 'scare' sequences, but Randolph catches exactly the subliminal spasm Alice has when she learns Oliver, who has always treated her as a pal while she was calculatedly adoring him, has taken a fancy to some foreign chit" (Newman, 26).

An diesem Abend erscheint Oliver vor Irenas Tür und präsentiert stolz sein Geschenk. Irenas Miene verrät nicht gerade Begeisterung; eher scheint sie erschrocken. Aber sie faßt sich ein Herz, um Oliver nicht zu kränken, und streckt die Hände nach dem Kätzchen aus. Das Tier beginnt terrorisiert zu fauchen. Irena verbirgt die Hände hinter dem Rücken; es ist offenbar genau das geschehen, was sie erwartet hat. "What, you little devil", sagt Oliver und nimmt das Kätzchen an sich; Irena bemerkt resigniert: "Oh, it's all right. It's just that cats don't seem to like me." Oliver kann sich die Reaktion des Kätzchens nicht erklären und berichtet, wiederum mit munterer Einfalt, daß es gegenüber Alice, "that's the girl who works in our department" (in dem department waren mehrere junge Frauen bei der Arbeit zu sehen, gerade darum ist Olivers "the girl" verräterisch), sehr zutraulich gewesen sei. Irena überhört dies, wiederholt: "Cats just don't like me...", findet aber ihr Strahlen wieder und schlägt vor, das Kätzchen beim pet store gegen ein anderes Tier umzutauschen.

In der Tierhandlung döst eine alte Dame im Schaukelstuhl vor sich hin; der Laden ist bis zur Decke vollgeräumt mit Käfigen. Von innen ist zu sehen, wie Oliver und Irena sich durch den Regen der Glastür nähern. Dann verursacht Irenas bloße Präsenz in diesem Laden kakophonischen Lärm: Affen, Vögel, Papageien und Katzen reagieren mit lautem Schreckens-Gekreisch und schnatternder Furcht. (Hitchcock zitiert diese Szene 1963 in The Birds). Erschrocken blickt Irena sich um. Die Inhaberin erhebt sich erstaunt und begibt sich zu dem Paar, Oliver trägt sein Anliegen vor, aber die alte Dame versteht bei dem Krach kein Wort. Irena faßt Oliver am Arm und macht eine Geste; alle drei gehen hinaus vor die Tür. Die alte Dame erklärt: "I can't imagine what got into them. All that caterwauling! The last time they did that was when an alley cat got in and ate up one of my nice rice finches..." - Die Reaktion der Zoo-Tiere war Todesangst. Oliver fragt, ob er das Kätzchen gegen einen Vogel umtauschen könne, und die Lady bietet einen Kanarienvogel an. Sie öffnet die Tür – und konstatiert verblüfft die Stille, die jetzt im Laden herrscht. Irena will den Laden nicht wieder betreten: "You go please, Oliver. You pick the one you like!"








Im Laden dann erklärt die alte Dame Oliver, daß Tiere besondere Fähigkeiten besäßen: "Animals are ever so psychic. There are some people who just can't come in here (...) The cats particularly, they seem to know. You can fool everybody, but landie dearie me, you can't fool a cat. They seem to know who's not right, if you know what I mean!" Sie überreicht Oliver den "ducky little angel"; Oliver hält den Käfig hoch, damit Irena, die vor der Tür wartet, den Vogel sehen kann; sie nickt eifrig. Zum Schutz vor dem Regen wird der Käfig in ein Blatt Zeitungspapier gewickelt (das in der folgenden Szene aber auch eine Panik des Vogels vor Irena zu vermeiden scheint). Oliver tritt zu Irena vor die Tür: "What do you think of it?" - "Oh, he is sweet. He will like me very much, you will see." Irena nimmt den Käfig schützend in den Arm: "I like to be liked!" – "That oughtta be easy - really easy!" antwortet Oliver.

Und während Irenas Wunsch, gemocht und geliebt zu werden, herzzerreißend wird, scheint er mit jeder Szene mehr verdüstert und zum Scheitern verurteilt. "This slow burn of information we receive about Irena being 'not right' is very effective, particularly because it seems to contrast with her appearance and initial behaviour – in fact, she seems surprisingly unaffected by the animals' reactions, remaining coquettish and flirty with Oliver, and this too adds to her increasing strangeness" (Dyson, 109). Newman hält fest: "The pet shop scene is the film's first real suggestion of the supernatural (...) Irena and the proprietress know at once what the trouble is (...)" (Newman, 27); die Tiere entwickelten instinktive Furcht vor dem "shapeshifter in human form" (Newman, 12).

Ein wiederkehrendes Motiv der ghost story (d.h. im Genre des "Übernatürlichen") ist "the animal who is sensitive to supernatural dangers unperceived by its master" (Newman, 28). Irena aber weiß oder ahnt zumindest, was in ihr ist; es ist Erschrecken auf ihrem Gesicht in der Zoohandlung, denn Irena fühlt ihre Ahnungen bestätigt, merkt, daß die raubkatzenartigen Merkmale an ihr und in ihr sich manifestieren; es ist Gereiztheit auf ihrem Gesicht in derselben Szene; und ihr Verhalten ist die animalische Indifferenz gegenüber dem Leiden anderer Kreaturen. All dies in der relativ kurzen pet shop-Szene zugleich auszudrücken, ist eine der virtuosen Leistungen Simone Simons.








Irenas wiederum verdunkeltes Apartment, nur ein Kaminfeuer flackert und läßt den Schatten freien Lauf. Oliver ist auf dem Sofa eingeschlafen. Anspannung, Wärme, Dunkelheit. Irena hat sich an seiner Seite auf dem Fußboden zusammengekauert, den Kopf in die Arme gelegt, die auf das Sofa gestützt sind. Oliver erwacht. "Irena?" – "Yes." – "I've been asleep..." – "I know." – "Couldn't have been very entertaining for you." – "I was watching you." – "That was fun?" – Sie nickt schnurrende Zustimmung: "M-hm!" – "Do you love me, Irena?" – Sie nickt erneut: "M-hm." – "You know I love you, don't you?" – Irena nickt schweigend, in aufmerksamer Spannung. – "I've never kissed you. Do you know, that's funny." – "Why?" Irena zieht sich ein wenig von ihm zurück; man spürt, wie sie zu verzagen beginnt. – "When people in America are in love, or even think they're in love, they've usually kissed long ago." – Irena schluckt und blickt zu Boden. –  "Well?" – Sie beißt sich auf die Lippe. – "Irena, what's wrong?" – Irenas Verzweiflung bricht sich Bahn: "I've lived in dread of this moment. I never wanted to love you. I've stayed away from people. I lived alone. I didn't want this to happen."
"But you just told me you loved me."
"I do. I do! I've fled from the past. Some things you could never know, or understand... evil things... evil!" – Sie blickt jetzt in eine unerreichbare Ferne, in Gedanken bei den sehr bösen Dingen. Dies sind keine ominösen Untertöne mehr. Irena hat ausgesprochen, daß sie sich im Bund mit Mächten wähnt, die sie gefährlich machen. Oliver versucht sie "zurückzuholen", ergreift ihre Schultern:
"Irena – now, you've told me something of the past... about King John, and the witches in the village, and the Cat People descended from them – they're fairy tales, Irena. Fairy tales, heard in your childhood, nothing more than that. They have nothing to do with you, really. You're Irena! You're here in America. You're so normal you're even in love with me, Oliver Reed, a good plain Americano. You're so normal you're gonna marry me, and those fairy tales, you can tell 'em to our children – they'll love 'em!" - Irena schmiegt sich an ihn, und er küßt ihr Haar. Kein Kuss auf die Lippen. Oliver küsst Irenas Haar, nachdenklich, als würde er sich selbst fragen, warum er Irena jetzt nicht auf den Mund küsst.

Der Titel des Films ist zum ersten Mal aufgetaucht: Irena hat Oliver erzählt, daß die Katzenmenschen von den witches in the village abstammen. Oliver tut dies als Märchen ab, als eine Legende, die nichts mit ihr zu tun habe. Olivers Logik, man könne nur normal sein, wenn man ihn, den good plain Americano liebt, sprüht nicht gerade vor Überzeugungskraft – "one of the least reassuring speeches of the cinema" (Newman, 29). Im entscheidenden Augenblick dieser Liebesgeschichte, als Irena offenbart, daß sie für Oliver weiter gegangen ist, als sie es sich jemals gestatten wollte, wird mit dem Beiseitewischen ihrer Sorgen auch der Heiratsantrag übergangen; die Hochzeit ist für ihn beschlossene Sache.

In der nächsten Szene werden die beiden verheiratet sein. Irena willigt ein, denn noch sehnt sie sich danach, normal zu sein. Unter welchen Umständen Irena nach New York gekommen ist, bleibt im Dunkeln. Wir erfahren nur, daß sie versucht hat, der Vergangenheit, ihrem "Erbe" zu entfliehen und ein einsames Leben führte.

Das Normale in Gestalt des good plain Americano versucht dem Anderen beizubringen, daß es gar nicht anders ist: Ignoranz als vermeintliche Hilfestellung. Das Andere gerät hier an den naiven Optimismus, dessen Glaube, alles assimilieren zu können, auch heute noch im wesentlichen von zwei Faktoren durchkreuzt wird: entweder von seiner Blindheit oder von seiner dann doch virulent werdenden Furcht vor jenem Anderen, das auf seiner Andersheit besteht.








Die nächste Szene spielt im Belgrade, einem serbischen Restaurant, in dem das Paar nach der Zeremonie an einem verschneiten Winterabend die Hochzeit feiert. Im Hintergrund spielt eine Kapelle serbische Musik. Die fröhliche Runde besteht aus Olivers Arbeitskollegen; aus Irenas Freundeskreis ist niemand da, denn sie hat keinen Freundeskreis. Aber Irena wirkt glücklich und ausgelassen; zur allgemeinen Erheiterung klärt sie Carver, der dem Ober gegenüber das Wort Comitaji benutzt hat, darüber auf, daß das Wort soviel wie Dieb, Bandit bedeute. Der Commodore neigt sich zu Alice und sagt leise: "Oliver's bride seems to be a very nice girl... and a very pretty one, too. Carver tells me she's a bit odd. He's worried about the marriage." 

Und schon fallen Schatten auf Irenas Glück; schon diese zwei Sätze des Commodore verdeutlichen, wie allein Irena auch in dieser Runde ist. Sie ist kein Bestandteil hier; sie ist Gegenstand des Geredes dieser Front aus Kollegen, die mehr über Irena wissen, als sie wissen sollten. Mit Olivers Wahl dieser foreign bride, oder mit ihr selbst, kann etwas nicht stimmen. Alice, in Loyalität zu Oliver ihre eigene Enttäuschung überspielend, erklärt: "Nonsense. Irena's a grand girl. She and Oliver are going to be very happy together."

Als der Commodore sich erhebt und einen Toast auf die Braut ausruft, wendet sich eine fremdartig schöne Frau, die an einem anderen Tisch sitzt, langsam um. Model und Teilzeit-Schauspielerin Elizabeth Russell verleiht ihrem Blick tatsächlich etwas enervierend Katzenartiges, zunächst den Punkt aufsuchend, wo das Wahrgenommene vermutet wird, und sich dann wissend auf Irena fokussierend. Der Commodore macht Carver auf sie aufmerksam: "Look at that woman... isn't she something!" – Carver besieht sich die Frau: "Looks like a cat." Die Frau erhebt sich. Die Musik hat aufgehört zu spielen. Irena sagt zu der neben ihr sitzenden Alice: "Thank you so much for this lovely party, Alice. I didn't know there was a Serbian restaurant!" – "Anything you wanna know about this city, ask me. I know all the unimportant details." – Irena lacht kindlich, bis sie plötzlich die katzenartige Frau im glänzenden, schwarzen Kleid sieht, die sich dem Tisch genähert hat: schlank, slawisch schräg liegende Augen, ein angedeutetes, überlegenes Lächeln, eine schwarze Schleife im Haar, die seltsam an die Ohren einer Katze erinnert. Sie fixiert Irena und spricht sie an: "Moja sestra." Irena ist erstarrt in eisiger Furcht. Die Frau wiederholt, mit fragendem Tonfall jetzt: "Moja sestra?" – Irena bekreuzigt sich. Der ganze Tisch schweigt wie in Ehrfurcht; die Frau wirft ihre Pelzstola über und verläßt das Restaurant, tritt hinaus in den sanft fallenden Schnee, während die Musik des Soundtracks düster und traurig wird. "It's an impressive scene, expressing Irena's isolation, as well as emphasizing her mystery and otherness" (Dyson, 109). Dieser Auftritt Elizabeth Russells gräbt sich Zuschauern von CAT PEOPLE meist ebenso ins Gedächtnis wie die stalking scenes.

Allgemeine Erleichterung am Tisch; Oliver fragt Irena, was diese Frau zu ihr gesagt hat: Irena, immer noch wie versteinert, blickt nur mit großen Augen zur Tür. "Well, what did she say? Now wait a minute, it can't be that serious. Just one single word!" – Irena: "She greeted me. She called me sister. You saw her, Oliver. You saw what she looked like!" – "Oh, the Cat People. She looks like a cat, so she must be one of the Cat People! One of King John's pets!" Er gibt der verstörten Irena einen spielerischen Stoß ans Kinn: "Oh, Irena, you crazy kid!" Olivers sture Weigerung, existierende Schwierigkeiten, welcher Art auch immer, anzuerkennen und Irena ernst zu nehmen, wirkt jetzt, da sie von spielerischer Ironie in ungeduldigen Sarkasmus umzuschlagen droht, schon wie ein böses Omen. 

Die "Katzenfrau", die Irena ihre "Schwester" nannte, verließ das Restaurant mit einer Attitüde, die ihre Gewißheit ausdrückte, sich nicht getäuscht zu haben. Sie schien sich der Resonanz in Irena gewiß, und Irena hat diese Verwandtschaft ebenfalls gespürt (um diese Verwandtschaft zu betonen, haben Lewton und Tourneur die Lippenbewegungen der "Katzenfrau" Elizabeth Russell auf der Tonspur tatsächlich mit der Stimme Simone Simons versehen). Diesem Gruß, mit dem eine attraktive Frau eine andere als mit dem Fluch der Katzenmenschen belegte Schwester erkennt, hat man wiederholt lesbische Untertöne zugeschrieben. Erotische Pulp-Novels benutzten das Wort sisters im Titel als Code-Metapher für lesbische Gespielinnen. Für das Horrorgenre, "committed to the mysterious but too often given to explaining everything" (Newman, 31), bedeutet diese Szene "a master stroke", so Newman, der den Drehbuchautor des Films zitiert, DeWitt Bodeen:

"Some audience members read a lesbian meaning into the action. I was aware that could happen with the cafe scene, and Val got several letters after Cat People was released, congratulating him for his boldness in introducing lesbiana to films in Hollywood. (...) Actually, I rather liked the insinuation and thought it added a neat bit of interpretation to the scene." (zit. in: Newman, 21).

Auch wenn Bodeen die Andeutung lesbischer Untertöne gefiel: "The truth", so Newman, "is that this character is a Cat Person, who has obviously prospered despite (or because of) her curse. It's tempting to wonder about her story (...)" (Newman, 31). Und mit dieser "Schwester", dieser mysteriösen Katzenfrau, die trotz (oder wegen) ihres Fluchs so offensichtlich prosperiert hat, ist die "Vergangenheit" Irena nach New York gefolgt: das "heidnische" und "böse" Erbe, das sich mit dem Schlagen eines Kreuzes nicht mehr abwehren läßt. Archaische Mächte leben auch im Großstadtdschungel. Die Begegnung im Restaurant hat Irena endgültig daran erinnert, was sie ist.

Ein Wagen hält vor der Tür des nun gemeinsamen Apartments (Oliver zieht in Irenas Wohnung ein); Carver, der Commodore und Alice setzen das Paar hier ab, das genötigt ist, sich Carvers faulen Hochzeits-Witz anzuhören: "Why would my wedding be a dollar and cents wedding? (...) Because I haven't a dollar and the girl hasn't any sense!" Irena lacht arglos über den Witz, bis sie versteht, wie taktlos er ist, und blickt dann betreten zu Boden. Das Paar ist allein. Irena steht beklommen da. Oliver nimmt sie bei den Schultern: "What is it, darling?" Der Schneefall wird schwerer, Irenas Akzent ebenfalls: "I'm... I'm going to beg..." – "Mrs. Reed!" – Dankbar blickt sie zu ihm auf. "It's nice to hear that. Nice! I want to be Mrs. Reed!" - "You are!" – "But I want to be Mrs. Reed really! I want to be everything that name means to me! And I can't. I can't! Oliver, be kind, be patient. Let me have time. Time to get over that feeling there's something evil in me." Es ist eine Szene, in der Simone Simon auf dünnem Eis gehen muß, doch die Szene wirkt gerade wegen ihrer unbeholfenen Zeilen ergreifend: "(...) they're convincingly the sort of thing a terrified, romantic virgin whose first language isn't English might say (...)" (Newman, 31).

Oliver beruhigt sie: "Darling, you have all the time there is in the world if you want it. And all the patience and kindness there is in me." – "Only little time, Oliver. I don't want more than that." – Und so bringt Oliver seine junge Braut ins Haus, die von der Präsenz einer unvorstellbar anderen, fremden Macht des "Bösen" in ihr gesprochen hat, eine Macht, die sie daran hindert, Oliver die Hochzeitsnacht, oder irgendeine Nacht, zu schenken.

Dyson notiert: "The conflict here quite clearly and unambiguously centres around one woman's sexuality – her fear of it fighting with the desire to yield to the powerful urge to give in to it. That this conflict is dressed up in the supernatural clothes of a legend about cat people is hardly of any relevance at this point, particularly because we are still unclear exactly what will happen if Irena gives in to her desires" (Dyson, 110).

Schon; und schon öffnet sich die Abzweigung zum Holzweg. Richtig ist: der Konflikt ist zentriert um die Sexualität einer Frau. Richtig ist: in dieser Frau streiten Furcht und Verlangen. Aber es gilt fein zu trennen: es stimmt nicht, daß supernatural clothes nur Irenas Horror vor dem sexuellen Akt bemänteln. Eher ist es umgekehrt: Irenas Horror vor dem sexuellen Akt bemäntelt, was sich nach und nach offenbart: die "übernatürliche Tatsache", daß Irena sich, wenn es zum Exzeß ihrer Leidenschaften kommt, in einen tödlichen schwarzen Panther verwandelt.

Oliver und Irena haben sich in getrennte Zimmer zurückgezogen. Irena geht in ihrem Schlafzimmer unruhig auf und ab, zerrissen zwischen zwei Impulsen. Oliver klopft vorsichtig an die Tür: "Good night, Irena." – Irena sinkt verzweifelt auf die Knie, schmiegt ihre Wange an die Tür. Ein langer, spitzer Schatten läuft über den Fußboden auf sie zu, als wolle er sie durchbohren. Sie hebt die Hand zum Türgriff, gewillt, zu öffnen; in diesem Augenblick aber ist der nächtliche Klageruf des Panthers aus dem Zoo zu hören, der ihr bedeutet, daß auch sie in ihrem Käfig bleiben muß. Irena läßt die Hand sinken. Resigniert antwortet sie, kaum hörbar: "Good night, Oliver." Oliver, zwischen Enttäuschung und dem Versuch, Verständnis aufzubringen, geht seiner Hochzeitsnacht auf der Couch entgegen.

Einige Zeit später: der Zoo. Der Zoowärter, Nothing Else To Do singend, fegt vor dem Käfig des schwarzen Panthers. Irena erscheint, in einem schwarzen Pelzmantel. Es zieht Irena zurück zu ihrem Freund. "Ain't seen you here in some time, Ma'am!" – Irena erklärt, sie habe geheiratet, schon vor einem Monat. Der Zoowärter erwidert, er sage es ja immer: "Nobody comes to see him when they're happy. No Sir. Monkey house and the aviary gets all the happy customers!" – "But he's beautiful." – "No. He ain't beautiful. He's an evil critter, Ma'am." – Großaufnahme des fauchenden Panthers; Großaufnahme von Irena, die aufmerksam und versonnen zugleich zuhört, seltsam abwesend. "You read your Bible. Revelation. Where the book's talking about the worst beast of 'em all. It says: and the Beast which I saw was like unto a leopard. (...) Like a leopard, but not a leopard, I guess that fits this feller." – "Yes, it fits him", antwortet Irena und geht auf ihren hohen Absätzen davon, deren Klang jetzt immer nachdrücklicher wird.

Irenas Apartment. In der ersten Einstellung ist kurz zu sehen, wie der Schatten des Vogelkäfigs auf den Paravent mit dem Panther fällt, und es wirkt, als fiele der Vogel der Raubkatze gerade zum Opfer. Und eben dies wird jetzt geschehen. Irena ist bei der Arbeit; sie hat eine Modezeichnung angefertigt, die Dargestellte in ihrem schwarzen Kostüm erinnert an die Katzenfrau aus dem serbischen Restaurant. Irena hat vor sich hin gesungen; der Vogel gibt einen Laut. Irena geht zum Käfig. Sie streckt langsam eine Hand hinein, dann spielt sie plötzlich mit ihrer Beute wie eine jagende Katze. Erneut ist Simone Simon ein Wunder an Subtilität; sie vermittelt die zwanghafte "Abwesenheit" Irenas in dieser Szene, gesteigert noch durch ein unschuldig-grausames Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht abzeichnet. Der Vogel kämpft, um sich dem Griff zu entziehen; dann plötzlich schwindet Irenas Lächeln. Sie blickt auf den Boden des Käfigs. Es sind zwei Blicke: die Indifferenz der Katze und die traurige Verständnislosigkeit Irenas. Der Vogel ist vor Schreck gestorben. Irena nimmt das leblose kleine Wesen vorsichtig aus dem Käfig und legt es in eine Schachtel. 

In der nächsten Szene geht Irena, wieder in ihrem schwarzen Pelzmantel, auf den Käfig des Panthers zu, dessen schwarzer Pelz mit dem ihren korrespondiert. Sie bleibt vor dem Käfig stehen, blickt mit großen Augen auf das schöne Raubtier und wirft ihm dann entschlossen Olivers gefiedertes Geschenk durch die Gitterstäbe zum Fraß vor. Newman ist aufgefallen: "Her aim has improved since the opening scene (...)" (Newman, 32). Sie sieht kurz zu, was der Panther damit anstellt, und wendet sich dann zum Gehen.








Am selben Abend: Oliver und Irena zuhause. Sie steht niedergeschlagen im Halbdunkel. Sein Vorschlag, Totenwache zu halten für den Vogel, verrät erneut den Versuch, die Dinge auf die leichte Schulter zu nehmen; Irena erklärt: "It's not just because the bird died. It's me. I envy every woman I see on the street." – "They can't match your little finger", antwortet Oliver. Irena insistiert: "I envy them. They're happy, they make their husbands happy. They lead normal, happy lives. They're free." Oliver zündet sich eine Zigarette an, setzt sich auf das Sofa. Sie steht noch immer an derselben Stelle: "Do you know what happened to the bird?" – "It died." – "It died of fright when I tried to take it in my hand." Oliver versucht noch immer, die Dinge herunterzuspielen: "The bird was afraid of you, that's nothing; I had a rabbit once that hated me. Yet I grew up to be quite a nice fellow." Sie setzt sich zu ihm aufs Sofa, und ihr Tonfall verlangt von ihm, sie ernstzunehmen: "Oliver. When I went past the panther's cage, I had to open the box... I had to throw the bird to him... do you understand? I had to! I had to do it! That's what frightens me..." Sie steht auf, geht wie in Trance durchs Zimmer, auf die Statue von King John zu. Er folgt ihr, besorgt jetzt. "Irena, I've been trying to kid you out of it. I've tried to..." - "No one could have been more gentle... or more patient", und Irenas Dankbarkeit in diesen Worten ist tief. Oliver fährt fort: "I've tried to make you realize all these stories that worry you are so much nonsense, but now I see it's not the stories. It's the fact that you believe them. We've got to have help, Irena." Sie blickt sich wieder um, zur Statue. "Not that sort of help, there's something wrong and we have to face it in an intelligent way. We don't need a King John with fire and sword, we need someone who can find the reason for your belief and cure it. That's what we need – a psychiatrist."
Irena, die auf jedes Mittel hofft, diesen Zwang in ihr zu eliminieren, fleht: "Find one for me, Oliver, the best one, the very best one!"

Dyson: "And so once again the concept of the supernatural in fact being an expression of madness is solidly introduced." (Dyson, 110). Schon; aber wenn CAT PEOPLE dieses Konzept einführt, dann nur, um es zu unterlaufen.

Die nächste Szene; Irena liegt in völliger Dunkelheit auf dem Rücken, nur ihr Gesicht ist hell erleuchtet: "(...) a beautiful shot (...), a single image powerfully delineates a character's situation" (Dyson, 110). Sie befindet sich auf der Couch und in der Praxis von Dr. Judd (Tom Conway), der sie einer Hypnosebehandlung unterzieht. Er sitzt im Schatten an Irenas Seite und stellt ihr Fragen: "You were saying – the cats..." – Irena bringt in Trance hervor: "They torment me... I wake in the night... and the tread of their feet whispers in my brain... I have no peace... for they are in me..."

"In me? In me?" insistiert Dr. Judd, doch Irena spricht nicht weiter. Der Psychiater erhebt sich, schaltet den Hypnose-Spot aus, dessen Lichtstrahl auf Irenas Gesicht gerichtet war, und zieht die Vorhänge auf; sofort fällt der Schatten des Fensterkreuzes in Form von Gitterstäben auf Irena. Dr. Judd notiert noch etwas und berührt dann Irena an der Wange; sie kommt zu sich. "Hypnosis always tires me", bemerkt er, "Some of my patients too find it exhausting." Irena erhebt sich, atemlos nach dem Erwachen aus der Trance: "It's only that I – I remember nothing..." – "It's my duty to remember", sagt Dr. Judd und klopft auf seinen Notizblock. "I have it all here. Most interesting! You told me of your village and the people and their strange beliefs." – Irena ist die Situation peinlich. "I'm so ashamed. It must seem so childish."

Wir erfahren wir jetzt genauer, was geschehen könnte, wenn Irena sich heftigen oder "verderbten" Leidenschaften hingibt. "And the cat women of your village, too", fährt Dr. Judd fort. "You told me of them. Women who in jealousy or anger or out of their own corrupt passions can change into great cats like panthers. And if one of these women were to fall in love, and, uh, if her lover were to kiss her and take her into his embrace, she would be driven by her own evil to kill him. That's what you believe and fear, isn't it?" – Irena nickt zaghaft.

"These things are very simple to psychiatrists", führt Dr. Judd seinen Monolog weiter. "You told me about your childhood, perhaps we'll find this trouble stems from some early experience. You said you didn't know your father, that he died in some mysterious accident in the forest before your birth, and because of that the children teased you and called your mother a witch – a Cat Woman. These childhood tragedies are inclined to corrode the soul, to leave a canker in the mind. But we'll try to repair the damage. You're not to worry."

Als er Irena in den Pelz hilft, beantwortet er ihre Frage, "But what shall I tell my husband?" mit einem Satz, der sein wahres Interesse an Irena offenbart: "What does one tell a husband? One tells him nothing." Der Anschein des wohlwollenden Doktors, den er an den Tag legt, ist purer Eigennutz. Val Lewton hatte offensichtlich nicht viel übrig für die Profession des Analytikers; er exponiert den artikulierten, gewandten Dr. Judd als verschlagenen, skrupellosen Charakter, der sich, von Anfang an mit unzüchtigen Gedanken beschwert, mit selbstgewissem Gebaren und beruhigenden Worten bei seiner Patientin einschmeichelt; ein nicht vertrauenswürdiger Wüstling, "who considers seduction a viable therapy and carries a sword-cane for no real reason (perhaps he has other attractive lady patients with potentially angry husbands?)" (Newman, 34).

Dyson bemerkt, daß die Psychologie in CAT PEOPLE nicht einfach das wirkungslos bleibende Detail am Rande ist; "it actually drives the plot. It creates another layer of conflict for Irena, and in Dr. Judd's behaviour we see how it can be at least as amoral, if not immoral, as the dark magic of Irena's ancestors" (Dyson, 111).

Unter Hypnose hat Irena ihr Katzen-Erbteil offenbart, den übernatürlichen Fluch: Frauen, die sich unter dem Einfluß von Leidenschaften wie Eifersucht, Zorn oder irgendeiner Art von heftiger Erregung, zumal der sexuellen, in große Pantherkatzen verwandeln. Wo Dr. Judd ein "Kindheitstrauma" installiert, hat Irena, wenn man ihren Worten genau zuhört, schon erklärt, was geschehen ist: in jenem Wald, in dem Irenas Vater vor ihrer Geburt "unter mysteriösen Umständen" ums Leben gekommen ist, worauf die anderen Kinder Irenas Mutter "a witch – a Cat Woman" nannten, hat sich Irenas Mutter bei dem ekstatischen Liebesakt mit Irenas Vater, durch den sie schwanger wurde, in einen Panther verwandelt und ihn getötet.

Irena eilt die Treppe zu ihrem Apartment hinauf; die Musik suggeriert ihre Erleichterung, ihre Vorfreude. Doch als sie ihre Wohnung betritt, erlebt sie eine böse Überraschung. Neben Oliver sitzt Alice, beide in behaglicher und traulicher Zweisamkeit unter einer solchen Wolke von Zigarettenrauch, daß jeder Hauch von Lalage aus dieser Wohnung exorziert sein dürfte. Irena nimmt sich zusammen: "Alice... it's so nice to see you!" – "Hello, Darling", erwidert Alice, "how'd you make out with Louis?" – "Louis?" – "Dr. Judd!" – Oliver wirft, zu Irenas Entsetzen, erklärend ein: "Alice knows, Darling." – Alice: "Of course, didn't I suggest Dr. Judd?"

Alice sagt, sie habe Dr. Judd über den Commodore kennengelernt – das ganze moderne New York scheint im Verbund gegen Irena. "The way he goes around kissing hands makes me wanna spit cotton", bemerkt Alice, aber: "I guess he knows all there is to know about psychiatry..." - Die zutiefst verletzte Irena findet zunächst keine Worte dafür, daß Oliver die intimsten Probleme ihrer Ehe Alice wie selbstverständlich anvertraut. "Uh-oh", macht Alice und drückt ihre Zigarette aus. Es ist genau diese Szene, die endgültig und ein für allemal verhindern wird, daß die Sympathien des Zuschauers doch noch umschlagen, obwohl, nach herkömmlichem Schema, Alice in diesem Film das good girl und Irena "das Böse" repräsentiert.
"I told Alice... I knew she'd know some good doctor."
"I don't see why that was necessary", sagt Irena mit zitternder Stimme.
Irena genüßlich in der Falle ihrer "Kompliziertheit" zu halten, gehört zu Alices Kampagne, den Mann zurückzugewinnen, der eine andere geheiratet hat. Mit einem "Sorry!", das eher ein sarkastischer Pfeilschuß gegen Irenas Unterbrechung der Leichtigkeit des Seins ist, steht Alice auf und erklärt, sie hätte sich wohl besser nicht eingemischt. Alles daran ist falsch und nur darauf ausgerichtet, Oliver "sehen" zu lassen, wie "undankbar" Irena ist.

Als Oliver ihr in den Mantel hilft (und er hätte sich, statt Alice seelenruhig in den Mantel zu helfen, auch um Irena kümmern können), vollendet Alice diesen Teil ihrer Kampagne: "I'm sorry, Irena. I'm sure neither Oliver nor I had any notion of offending you. I'm dreadfully sorry." – Irena antwortet mit einem eisigen "Goodbye, Alice." – Die größte Kränkung, jenes Oliver und ich in Alices Worten, besteht weiter, als der Eindringling gegangen ist, und die fatale Leidenschaft, Eifersucht, in Irena zu wachsen beginnt. "Darling", versucht Oliver sie zu beruhigen, "really, there's no reason to – " Sie dreht sich bestürzt und empört zu ihm um: "But Oliver! How can you discuss such things, such intimate things about me? How much did you tell her?" – "Oh, you can tell Alice anything, she's such a good egg, she can understand anything." – "There are some things a woman doesn't want other women to understand!" – Sie läßt ihn mit diesem Vorwurf stehen und zieht sich in ihr Schlafzimmer zurück. Oliver ist zu verständnislos, um zu begreifen, daß er schon lange zwischen zwei Frauen steht, und daß Alice alles andere als ein good egg ist.

Mitten in der Nacht ist Irena erwacht. Sie tritt an das Fenster; das klagende Rufen des Panthers ist zu hören. Sie zieht ihren schwarzen Pelzmantel über das Nachthemd und erscheint, mehr denn je die "Schwester" der Katzenfrau aus dem Restaurant, zu einem nächtlichen Besuch bei den Raubtierkäfigen im Central Park. Drei Großkatzen sind zu sehen (nur eine davon ist ein schwarzer Panther, das ist wichtig), die niemals Frieden zu finden scheinen – oder durch Irenas Gegenwart agitiert sind. Auch Irena geht vor dem Käfig auf und ab, unschlüssig, doch dann macht sie kehrt und begibt sich wieder auf den Heimweg.

Traurig, mit hängendem Kopf betritt sie ihr Haus. Oliver, der im Dunkel der Halle gesessen hat, ruft ihren Namen. "I woke up, you were gone... what's wrong, Darling?" – "Well, I couldn't sleep, and I went out." – "Where did you go?" – "Just walked." – Sie äußert diese Halbwahrheit in einem gefährlich gleichgültigen, resignierten Tonfall. Sie dreht sich um, will nach oben gehen. "I'm sorry about this afternoon", hält Oliver sie mit leicht zitternder Stimme auf. "I... I just didn't think..." Sie ergreift seinen Arm und bittet ihn eindringlich: "Oliver! We should never quarrel! Never let me feel jealousy or anger. Whatever is in me is held in, is kept harmless, when I'm happy." Ihre Worte sind Bitte und Drohung zugleich. "I'll turn handsprings, Darling. I dance in the streets to make you happy." Er berührt zärtlich ihr Kinn, scheint wirklich erleichtert. "Tourneur insists in this scene that this is Irena's agony, not Oliver's: though Kent Smith's strained voice is the most emotional he is ever shown to be in the movie (...)" (Newman, 37). Irena lächelt zaghaft und wendet sich zum Gehen. "The emotional mood of the film has shifted: from now on, Irena's dominant motive is not a struggle against her cat person heritage but jealousy of Alice – in fact, she increasingly comes to accept her animal nature" (Newman, 37).

Daß CAT PEOPLE mitnichten von den Problemen einer "frigiden" Frau handelt, wird nun immer deutlicher. Aus psychologischer Perspektive behandelt der Film die sehr moderne Furcht vor (und un-heimliche Sehnsucht nach) einer übermächtigen Intensität der Gefühle, vor einer Unmittelbarkeit, die sich nicht durch abmildernde Surrogate bedienen läßt. Er behandelt jene Ambivalenz, die entsteht durch das apollinische Veto gegen das dionysische Verlangen nach extremen Zuständen, Leidenschaften, Affekten und Emotionen. Dyson hat dies erkannt: "Many of us have an aversion to accepting such strong feelings within ourselves, and (...) it is the suppression of such emotions because we fear them as being 'dangerous' that leads to the bulk of depressive anxiety disorders. That Lewton and Bodeen found such a powerful metaphor to express this (...), helps explain some of Cat People's enduring appeal" (Dyson, 111 ff.). Heftigen Leidenschaften nachzugeben, heißt nicht immer, sich in einen mörderischen Panther zu verwandeln. Aber manchmal heißt es etwas Ähnliches.












Literatur:

Dyson, Jeremy: Bright Darkness. The Lost Art of the Supernatural Horror Film, London 1997.
Frank, Alan G.: Horror Movies, London 1974.
Hogan, David J.: Dark Romance. Sexuality in the Horror Film, Jefferson 1997 (Reprint der Erstausgabe 1986).
Newman, Kim: Cat People, London 1999 (BFI Film Classics).






















 

Donnerstag, 30. April 2020

Tourneur, Katzenmenschen. Teil 1












CAT PEOPLE (dt. "Katzenmenschen", 1942, Regie Jacques Tourneur) ist ein Low Budget-Film der RKO Pictures, produziert von Val Lewton, der 1904 als Vladimir Ivan Leventon auf der noch zum russischen Kaiserreich gehörenden Krim geboren wurde. Der Film ist ein atmosphärisches Meisterwerk des Horrorgenres, steht an der Wiege des Suspense, enthält Elemente des Film noir und erlaubt sich ein expressionistisches Spiel mit wenig Licht und vielen Schatten. Als einer der ersten Filme überhaupt zieht CAT PEOPLE offen die Verbindung zwischen Sex und Horror, zwischen Horror und weiblicher Sexualität, taucht allerdings das Wie dieser Verbindung in ein nicht so eindeutiges Licht. Der Film behauptet die wirkliche Gewalt sexueller Erregung. Man könnte sagen, daß der Film mit seiner scheinbar absonderlichen Prämisse einer bestimmten Wahrheit äußerst nahe kommt, denn er besteht auf einer Identität von Sexualität und Transformation. Kann man im Besitz der Wahrheit sein, wenn man Sexualität nicht als Transformation kennt?

Auch ist CAT PEOPLE, abgesehen vielleicht von DRACULA'S DAUGHTER, der erste bedeutende Horrorfilm, der ein übernatürliches Motiv nicht in zeitliche oder räumliche Ferne, an historische, exotische oder phantastische Schauplätze verlegt. Schloßruinen, entlegene Inseln, Bela Lugosis Transsylvanien oder Boris Karloffs Ägypten erlaubten den Zuschauern stets "enough distance from their own lives to suspend their disbelief" (Dyson, 104). CAT PEOPLE spielt im zeitgenössischen, urbanen Amerika, in dem normale Menschen normalen Beschäftigungen nachgehen. Zwar war auch King Kong schon in New York, aber er kam nicht nur von einer Phantasie-Insel, er fiel auch gleich unangenehm auf. Irena Dubrovna kommt aus Serbien und fällt angenehm auf.

Zwar wirkt die Darstellerin der Irena, Simone Simon, mit ihrer feline beauty (Sarris, 109) im Apple Pie-Amerika auch schon wieder exotisch. Gleichwohl brachte die realistische Erzählweise des Films eine Art von "neuer Sachlichkeit" in das Horrorgenre: in dieser lassen Lewton und Tourneur die Unterströmungen des Unheils verlaufen, um dann den Suspense so gezielt zu intensivieren, daß plötzliche Eruptionen des Schreckens einen fast hypertrophen Effekt erzielen, wenn man bedenkt, daß in den eigentlichen Horrorszenen das auf der Leinwand Sichtbare "unklar und fragmentarisch" (Everson, 191) bleibt.

Es ist die Geschichte einer jungen Frau aus Serbien, die in New York als Modezeichnerin arbeitet: Irena Dubrovna ist seltsam schön und einsam, eine Fremde und Verlorene nicht nur in der Neuen Welt. Das Mädchen vom Balkan lebt in selbstauferlegter Isolation, denn sie glaubt, einem Fluch zu unterliegen: sie ist überzeugt, einer Rasse von Frauen anzugehören, die im Mittelalter in der Folge satanischer und bestialischer Kulte die Anlage entwickelt haben, sich in Raubkatzen zu verwandeln, sobald heftige Leidenschaft oder sexuelle Erregung sie erfaßt. Dieser grotesk anmutenden Annahme Schritt für Schritt die Unglaubwürdigkeit zu nehmen, ihren Implikationen äußerste Ernsthaftigkeit zu verleihen, ist die Großtat dieses Films. Irena lernt Oliver Reed kennen, einen Schiffsbauingenieur, den das Mysteriöse dieser Frau anzieht und der sie bald heiratet; Irenas Furcht, sich in ein katzenartiges Tier zu verwandeln, verhindert jedoch den Vollzug der Ehe. Oliver sucht die Hilfe eines Psychiaters, Dr. Judd, und findet Trost bei seiner Kollegin Alice, der geborenen guten Kameradin. Irenas heftige Leidenschaft – Eifersucht – ist geweckt, und etwas Nichtmenschliches und Animalisches beginnt Alice zu verfolgen. Der Psychiater, dessen Ambition es ist, mit Irena zu schlafen, um sie zu "heilen", wird von einem schwarzen Panther getötet – von Irena. Am Ende stirbt Irena bei ihren einzigen Freunden – den Raubkatzen im Zoo des Central Park.

Nachdem es zum Paradigma erhoben war, daß alle Horrorfilme "freudianische Untertöne" hatten, litten einige dieser Werke schwer unter diesem nun derart "geschulten Blick", dessen "psychologische" Erklärung subtile Handlungskonstruktionen mit dem Feingefühl einer Abrißbirne behandelte. CAT PEOPLE war ein bevorzugtes Opfer dieser durch halbseidenes psychoanalytisches Vokabular für das tatsächliche Leinwandgeschehen betriebsblind gewordenen hermeneutischen Verstümmelung. Exemplarisch hierfür die Beschreibung von David Annan:

" (...) Val Lewton developed the cinema of suggestion, the hinting at horror without showing it, the psychological fear more terrifying than the actual sight of the beast. His Cat People (...) changed the look of horror films. The black leopard was the beast of the unconscious. Internal fear was the external killer. Freud was explicit." (Annan, 101). 

Der schwarze Panther in CAT PEOPLE ist nicht das Biest des Unbewußten. Irena ist sich über die von ihr ausgehende tödliche Gefahr bewußt; verzweifelt wiederholt sie gegenüber allen, die ihr ein "Geheimnis" unterstellen, daß sie keines habe – kein anderes jedenfalls als das, eine Katzenfrau zu sein. Es ist keine "internal fear", keine psychische Disposition, die sich hier zum "external killer" wandelt. Irenas "Erbe", ihre Macht zur Verwandlung, ist nicht – mit den Worten Dr. Judds – "a product of her own fear – her own overworked imagination." Die Transformation der Frau in eine Raubkatze ist, im plot des Films, eine reale. Die Metamorphose findet statt. Es geht, wie noch nie zuvor auf der Leinwand, um das Tier im Weib. Auch die Aussage, der Film handele "von der Bedrohung des amerikanischen Mannes durch die frigide Katzenfrau aus Osteuropa" (Stresau, 47), verlegt den Akzent fälschlich auf eine internal fear.

Die reißerischen Plakate, die den Film annoncierten, sind nicht unbedingt weiter von der Wahrheit entfernt als Annan oder Stresau; das bekannteste verkündete: "SHE WAS MARKED WITH THE CURSE OF THOSE WHO SLINK AND COURT AND KILL BY NIGHT!", suggeriert damit fälschlich, daß das Leben der tragischen Heroine aus Herumschleichen, Poussieren und Töten besteht, erklärt aber rundheraus, daß die schöne und faszinierende Irena mit einem Fluch belegt ist. Ein zweites Plakat verhieß: "A KISS COULD CHANGE HER INTO A MONSTROUS FANG-AND-CLAW KILLER!" – wogegen im Lichte der Fakten wenig einzuwenden ist, es sei denn, man weigert sich, ein schönes Tier wie den Panther als "monstrous killer" anzusehen. Ein drittes lautete: "SHE KNEW STRANGE, FIERCE PLEASURES THAT NO OTHER WOMAN COULD EVER FEEL!" Diese Behauptung basiert nun sehr auf der Macht der Einbildungskraft, und ihr Wahrheitsgehalt wäre abhängig vom Sinn des Wortes pleasure. Wir wissen nicht, welche Lust ein Panther empfindet. Der Film klärt auch nicht abschließend, ob Irena Dubrovna in der Lage ist, sexuelle Lust zu geben und zu empfangen, ohne sich in ein Raubtier zu verwandeln – er gibt ihr keine Gelegenheit mehr dazu.

Wenn der Film, auf der ersten Ebene, in einer Art Rück-Feminisierung des klassischen Motivs der Transformation, das im Horrorfilmgenre durch das Werwolf-Thema vorübergehend auf die maskuline Sexualität projiziert war, von einer Frau handelt, die sich bei emotionaler oder sexueller Erregung in eine animalische, tödliche Macht verwandelt, dann wäre dies eine Zuspitzung des Femme fatale-Motivs, die, bar jeder Metaphorik, die alte Weisung Marlene Dietrichs: Ein kleines Blickgeplänkel sei erlaubt dir, doch denke immer: Achtung vor dem Raubtier, buchstäblich umsetzt. Klassisches "Opfer" dieses Szenarios: der Mann. Indes: die berühmten stalking scenes des Films betreffen Alice, Oliver überlebt, und Dr. Judd stirbt, weil sein Versuch einer Vergewaltigung Irenas sie in den Panther verwandelt: emotionale Erregung, nicht sexuelle, man könnte sagen: ein Akt der Notwehr. Klassische Femme fatale ist Irena keineswegs. Dem traditionellen Schema nach ist sie das "Monster" des Films. Aber der Film unterläuft dieses Schema: Irena ist das eigentliche Opfer

Daß es in CAT PEOPLE um Irenas "frigidity" (vgl. Dyson, 110) und nur um eine internal fear geht, ist ein Mißverständnis, das natürlich auch auf der hohen Kunst des Regisseurs beruht, sowie, in diesem Fall, des Produzenten. Es herrscht mittlerweile Einigkeit darüber, daß die "neun intelligenten Horrorfilme" (Everson, 190), die Val Lewton in den vierziger Jahren für RKO produzierte, Meilensteine des Genres darstellen. Mit CAT PEOPLE beginnt dieser "legendäre Horrorfilmzyklus", als "Kino der Suggestion" und als "Kunst des Andeutens" (Schifferle, 86), in der unsichtbarer Schrecken den Horror in die Imagination des Zuschauers verlegt. Was die Bilder nahelegen, was sie in die Vorstellung verlegen, ist schrecklicher als das, was sie zeigen, das Implizierte übersteigt das Explizierte, getreu "(...) Langs altem Motto, daß nichts, was die Kamera zeigen könnte, so schrecklich sein kann wie das, was sich die Phantasie ausmalen kann (...)" (Everson, 191). Wie Lewton selbst es ausdrückte: wenn man die Leinwand dunkel genug macht, wird das geistige Auge aktiv, und die Phantasie des Zuschauers wird die Dunkelheit beleben und bevölkern mit Formen des Schreckens, die ein Regisseur nicht inszenieren könnte.

Das wahre Entsetzen hält sich versteckt in einem Universum der Schatten. Geräusche, die vom Leinwandbild nicht erklärt werden, dabei aber nur eine Erklärung zulassen, intensivieren den Horror. "Terror borders on the subliminal, the viewer 'seeing' images far worse than any shown on the screen" (Frank, 116). Lewton (der, so geht die Mär, an einer Katzen-Phobie gelitten haben soll) spezialisierte sich auf "ominous mood, well-dosed moments of shock, and nearly subliminal hints of something almost too evil to be put into words and images" (Clarens, 166). Die stalking scenes "are made genuinely terrifying by masterly use of shadow and sound" (Frank, 116). Getragen von der "visuellen Ausdruckskraft" Tourneurs und dem für die Lewton-Filme charakteristischen understatement verwandelt CAT PEOPLE "das Alltägliche in eine schwarze Alptraumwelt voller unsichtbarer Bedrohung" (Everson, 190 ff). 

Gilles Deleuze beschreibt, wie Tourneur mit der gotischen Tradition des Horrorfilms bricht: "Seine fahl leuchtenden Räume, seine Nächte auf lichtem Grund machen ihn zu einem Repräsentanten der poetischen Abstraktion. Im Schwimmbad von Cat People sieht man den Angriff nur in den Schatten auf der weißen Mauer: Ist die Frau zum Leoparden geworden (virtuelle Verbindung) oder ist es eben nur der Leopard, der ausgebrochen ist (realer Zusammenhang)?" (in: Schifferle, 86). Abgesehen davon, daß man den Schatten des Panthers in dieser Szene nicht auf einer "weißen Mauer" sieht, nicht einmal auf Weiß, sondern als ein sich bewegendes noch Dunkleres im Dunkel, verweist Deleuze auf eine Ambivalenz, die vom Gespann Lewton/Tourneur aufrechterhalten wird, während der Film auf seine übernatürliche Auflösung zuläuft, und erst die Intervention der RKO-Oberen führte dazu, daß in einer dritten stalking scene ein echter Panther zu sehen ist. Selbst hier gelingt es, dank "skilful editing" des Cutters Mark Robson, "to preserve our uncertainty" (Clarens, 166). Clarens bewundert die Vieldeutigkeit des Films, der von Obsession und Transformation handeln, aber auch "a study in frigidity" (Clarens, 164) sein könne. Daß Lewton und Tourneur keinen realen Panther zeigen, sondern nur mit Schatten und Andeutungen arbeiten wollten und es im wesentlichen auch tun, heißt jedoch nicht, daß Irenas Transformation in einen Panther nicht real ist.

Wie Kim Newman festgehalten hat, ist das Entscheidende an CAT PEOPLE nicht die Ambivalenz, sondern die Subtilität. Lewton und Tourneur verzichten völlig auf jedes "gruselige" visuelle Repertoire im Stil der Universal-Monster, und dennoch ist CAT PEOPLE letztlich nicht ambivalent im Hinblick auf Irenas Zustand: "(...) the film's last line ('she never lied to us') proves that Irena is really a Cat Person" (Newman, 37). Die einzigartige Kunst des Films liegt darin, trotzdem eine feine, geradezu zartfühlende psychologische Studie zu sein. Das heißt: ein "wirkliches Monster" kann trotzdem in einem Psychodrama leben, die Existenz des Übernatürlichen verhindert nicht die Komplexität emotionaler Verstrickungen. Irena verfügt über alle 17.500 unterscheidbaren Wesenszüge im Charakter einer Frau, mit dem einen Zusatz, daß sie sich in einen Panther verwandeln kann. 

"The extent of Irena's power is suggested but never blatantly shown" (Hogan, 60). Indes, die Konstruktion des Films ist sorgfältig. Im Central Park-Zoo gibt es mehrere Raubtiere, aber nur einen schwarzen Panther, und auf ihn fokussiert sich Irenas Interesse. Er befindet sich bis zur letzten Minute des Films in seinem Käfig. Zwar wird schon früh angedeutet, daß der Zoowärter nachlässig mit seinem Käfigschlüssel umgeht, und später bringt Irena diesen Schlüssel an sich. Tatsächlich ist der Handlungsablauf des Filmes aber zu dicht und seine innere Logik zu eindeutig, um die Möglichkeit einer "nicht gezeigten Szene" offenzulassen, durch die der Panther vorübergehend aus seinem Käfig befreit ist. Man könnte mit Recht hinzufügen, daß eine solche Möglichkeit nicht nur der Wahrheit des Films, der realen Transformation Irenas, widerspräche, sondern auch seiner klugen Ökonomie, in der keine Szene, keine Einzelheit zuviel oder zuwenig ist. Zwar beweist sich die Virtuosität des Duos Lewton/Tourneur auch darin, daß wir besagte Möglichkeit während der Schwimmbad-Sequenz oder in der Szene, in der wir den Panther im dunklen Büroraum sehen, nicht letztgültig ausschließen. Letztlich aber ist der Film eindeutig. Er suggeriert eine Wahrheit, die er dann durch viele kleine Kunstgriffe zu widerlegen scheint. Am Ende aber bestätigt sich die Wahrheit, deren übernatürlicher Charakter uns zwingt anzuerkennen, daß, im Gegenteil, ihre Widerlegung durch viele kleine Kunstgriffe nur suggeriert war.

Zwar würde es ja fast genügen, daß Irena nicht ganz richtig im Kopf ist und Wahnvorstellungen hat, aber gerade weil sie tatsächlich eine Katzenfrau ist, verstärkt sich der ideologische Aspekt, der auf einer anderen Ebene des Films greift; dort, wo es um die Faszination des Fremden und die Angst vor dem Fremden geht; dort, wo man überhaupt die "epische Struktur" des Horrorgenres "in die Formel vom Kampf des 'Eigenen' gegen das 'Fremde' (...)" bringt:

"Wie die Frau gewarnt wird, sich mit 'fremden Männern' einzulassen, die ihr das Blut aussaugen werden, so wird der Mann davor gewarnt, 'ausländische' Frauen, Exotinnen zu begehren (etwa in 'Cat People' – 1942 – Regie: Jacques Tourneur). Dabei wird das Fremde nicht als das bewußt Böse diffamiert, es entfaltet seine Grausamkeit erst, wenn es durch den abtrünnigen Yankee – Mann oder Frau – dazu provoziert wird." (Seeßlen/Weil, 62).

Wichtiger Punkt: Irena ist nicht vorsätzlich bösartig oder zerstörerisch. Im Gegenteil tut sie ihr Möglichstes, um das "Böse" in ihr ("something evil in me") nicht freizulassen. "Böse" wird Irena durch zweierlei Provokation: ihr Mann, an sich schon auf verletzende Weise verständnislos, unklug bis zur Gimpelhaftigkeit, läßt sich mit einer anderen Frau ein; und ein anderer Mann versucht, gegen Irenas Willen, eine sexuelle Eroberung an ihr. Eifersucht und der Wunsch, nicht vergewaltigt zu werden, sind zutiefst menschliche Regungen. Lediglich ihr Ausmaß, oder besser die Form, die diese Regungen annehmen, machen Irena anders – wenn auch unvorstellbar anders.

Sehr Menschliches nimmt in Irena sehr monströse Form an, aber wir hören nicht auf, mit Irena zu sympathisieren und mit ihrer extremen Verletzlichkeit bei dem Versuch, ihr Problem zu überwinden, mitzufühlen. Und so fragt sich, ob die Funktion der "Warnung", die für das Jahr 1942, ein Kriegsjahr, noch plausibel klingt, dem Film tatsächlich gerecht wird. Seeßlen und Weil – unbestrittene Pioniere der Erarbeitung einer Theorie des Horrorfilms im deutschen Sprachraum – leisten sich einen Faux-pas, der, wollte man boshaft sein, als Indiz für ungenaues Sehen gewertet werden könnte ("Die Ehe wird deshalb nicht vollzogen, und nach einer Weile wendet sich der Mann einer anderen Frau zu. Diese wird bald darauf von einem wilden Tier getötet", Seeßlen/Weil, 77 – Alice wird nicht getötet.). In weniger boshafter Stimmung wäre vielleicht die Theorievorgabe ein wenig zu modifizieren, die da lautet:

"Eine der Funktionen des Horror-Films ist es, vor den 'Gefahren' des fremden Liebhabers oder der fremden Liebhaberin zu warnen, denen allesamt 'verschlingende', 'reißende', also destruktive Attribute beigeordnet werden. In dieser abstrakten Form von Rassismus und Klassen- oder Gruppenisolation wird die Wirkweise des Mythos deutlich: Wenn man 'King Kong' als den Neger interpretiert, der einen (verbotenen) erotischen Reiz auf die 'weiße Frau' ausübt und von ihr angezogen wird, wenn man Bela Lugosi (Dracula) als das – böse überzeichnete – Bild des europäischen Liebhabers versteht, der eine erotische Raffinesse zu haben scheint, die dem Amerikaner fremd ist, und wenn man schließlich die 'Katzenfrau' Irena als die exotische (...) Liebhaberin sieht, die den amerikanischen Mann seiner Mutter / Frau entfremdet, so sind dies Ableitungen aus dem Mythos, die in bestimmten räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten als einzig vorstellbare Aussagen gesehen werden können. Tatsächlich aber ist die eigentliche Aussage des Mythos vom Halbwesen nicht: 'Der Neger (der Europäer, die ausländische Frau) ist das Fremde!', sondern die wesentliche Aussage ist: 'Alles Fremde ist erotisch und (deshalb) gefährlich.'" (Seeßlen/Weil, 77 ff.).

Alles sehr nachvollziehbar; wenn man CAT PEOPLE aber heute sieht, scheint der Film vor allem vor den Gefahren der "Normalität" und vor dem Vertrauen in die falschen Menschen zu warnen. Daß die Sympathie für Irena nicht schwindet, bedeutet, daß der Film für sie und für das, was sie ist, wirbt. Lewton und Tourneur etablieren mit diesem Film einen Zuschauer, der den "seltsamen Phantasien" des Horrorgenres mit Einfühlungsvermögen, Faszination und Zuneigung zu begegnen imstande ist.

Seeßlen/Weil behaupten, daß "Frauenfeindschaft (...) im amerikanischen Kino dieser Jahre verbreitet" sei; in den von Lewton produzierten Filmen dagegen gelte: "Das Bild der 'fremden Frau' bleibt ambivalent zwischen Schönheit und Gefahr, sie wird nie zum Opfer eines aus erotischer Furcht entstandenen Sadismus wie in den zahllosen B-Filmen der vierziger und fünfziger Jahre" (Seeßlen/Weil, 77). Daß es zu kurz greift, die Darstellung der Femme fatale als frauenfeindlich zu sehen, wird später gerade von Frauen behauptet (vgl. Sabine Reichel, Bad Girls) und sei hier nur nebenher angemerkt; daß Irena in CAT PEOPLE nicht zum Opfer eines aus erotischer Furcht entstandenen Sadismus wird, mag stimmen, ändert aber nichts daran, daß sie gleichwohl zum Opfer wird. Wem oder was fällt sie zum Opfer?

Seeßlen/Weil zitieren Hans Scheugl: "Mit den Tier-Frauen war die verbotene Sexualität außerhalb der durch den Krieg gefährdeten Ehe gemeint, aber auch die (sexuell) aktivierte Frau überhaupt. Die scheinbare Frigidität Irenas ist in Wirklichkeit ein im dunkeln liegender und noch gehemmter Geschlechtstrieb. Die Angst vor den Konsequenzen legt ihr Zurückhaltung auf: daher erscheint sie frigide" (in: Seeßlen/Weil, 77).

Hier ist ein lohnender Ansatzpunkt. Frigidität? Nein. Vielmehr: Angst vor den Konsequenzen einer ungehemmten Intensität. Genau dafür bleibt der Film, bzw. die Gestalt Irenas, auch dann noch Metapher, wenn Irenas tatsächliche Metamorphose einsetzt. Und genau dann ist das Über-Natürliche des Films auch nur noch Metapher für das Über-Normale, das Außergewöhnliche, das – Lust und Schrecken zugleich erregende – Unbekannte. Und dann ist Irenas Tod Metapher für einen Opfergang, unser aller Opferung am Altar des Normalen, mit der niemand, der den Horrorfilm wirklich liebt, sympathisieren kann. Und genau darum ist dieser Film nicht einfach eine Warnung vor dem "Anderen" – eher das Gegenteil.

Daß etwas einen Zwang auf uns ausübt, dem wir zum Opfer fallen müssen – dies, nichts anderes, ist Irenas Horror – ist in ihrem Fall in die Vergangenheit projiziert: der Zwang ist ein Erbe, eine durch Vorfahren erlangte und übertragene Macht. Im Horrorfilm ist die Vergangenheit erstens die Vergangenheit und zweitens jener Hort, aus dem die Dinge stammen, denen wir nicht entkommen können.

Irena fürchtet eine alles überwältigende Intensität ebensosehr, wie sie es ersehnt, sich ihr zu überlassen. Am Normalen scheitert sie; an der Unmöglichkeit, im Normalen irgendeine Lösung für diese Ambivalenz und Zerrissenheit zu finden. Sie fällt also gleich mehrfach zum Opfer: dem Ungeheuerlichen in ihr wie dem Konformismus und common sense-Puritanismus der phantasielosen Einfalt ihrer "normalen" Umgebung. In der Dreierbeziehung ist sie der kulturelle wie erotische Außenseiter. Und schließlich ist sie das Opfer von Verrat. Katzen, sagen manche, sind verschlagen und falsch. Verschlagen und falsch indes sind vor allem der Psychiater, bei dem Irena Hilfe sucht, ihr angetrauter Ehemann, der, um im Katzen-Jargon zu bleiben, herumzustreunen beginnt, und die "gute Freundin" Alice.

Was Irena erleidet, hat nichts mit Eros-Unterdrückung oder Hemmung des Sexualtriebs zu tun; sie verwandelt sich, sobald ihre Leidenschaft erregt wird, in einen Panther, der den Liebhaber töten muß. Sie hat es noch nicht erlebt, sie weiß nur, daß es so kommen würde, und alle Ereignisse bestätigen sie. Im Wissen um ihre Veranlagung entzieht sie sich dem sexuellen Akt, und so dreht sich dieser Film weniger um Sex, vielmehr um Sehnsucht und Verlangen. Simone Simon als Irena "was ideal at projecting a quiet sense of frustration" (Linaweaver, 5). Die Sehnsucht, sich hinzugeben, die Momente der Hoffnung, der Horror vor dem Unausweichlichen: all dies vermittelt Simon auf zutiefst berührende Weise. Hier findet der Film seine entscheidende Ebene: wo er von der tiefen Einsamkeit des Anderen und Fremden handelt, von den Ängsten und Nöten des Außenseiters, der am Unverständnis, der Ungeschicklichkeit und auch der Unverfrorenheit der scheinbar Wohlwollenden leidet und zugrundegeht.

Und so ist dies auch eine ganz einfache Geschichte von der verzweifelten Suche nach Verständnis. Was Brad Linaweaver für die Lewton-Filme überhaupt bemerkt, gilt in erster Linie für CAT PEOPLE: "These pictures capture the saddest moments in American cinema" (Linaweaver, 4). Nach Linaweaver handeln Lewtons Filme nicht primär von "fear, or terror, or death"; ihr "strongest theme" sei vielmehr: "what it means to be alone." (ebd.) Das geheime Thema von CAT PEOPLE ist die Einsamkeit, "and how this is at the heart of spiritual terror" (Linaweaver, 5). CAT PEOPLE erzählt davon, wie schwer es ist, jemanden zu finden, der einen wirklich liebt.
















Literatur:

Annan, David: Cinema of Mystery and Fantasy, London 1984.
Clarens, Carlos: Horror Movies, London 1971.
Dyson, Jeremy: Bright Darkness. The Lost Art of the Supernatural Horror Film, London 1997.
Everson, William K.: Klassiker des Horrorfilms, München 1979.
Frank, Alan G.: Horror Movies, London 1974.
Hogan, David J.: Dark Romance. Sexuality in the Horror Film, Jefferson 1997 (Reprint der Erstausgabe 1986).
Linaweaver, Brad: Spiritual Terror - The Horror Films of Val Lewton, in: Wonder Magazine # 11, Atlanta 1995.
Newman, Kim: Cat People, London 1999 (BFI Film Classics).
Sarris, Andrew: Val Lewton - RKO's Prince of Darkness, in: The Perfect Vision # 20, New York 1994.
Schifferle, Hans: Die 100 besten Horrorfilme, München 1994.
Seeßlen, Georg / Weil, Claudius: Kino des Phantastischen. Geschichte und Mythologie des Horror-Films (Grundlagen des Populären Films 2), Reinbek bei Hamburg 1980.
Stresau, Norbert: Der Horror-Film, München 1987.