Ach, du ahnst es nicht. Oder vielmehr ich ahne es nicht. Naja, ich habe so eine Ahnung. Oder wie Freud sagte: "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre."
Oder wie Pjotr auf Seite 217 bemerkt: "Man kann nichts erzwingen." Schon gar nicht den Schlaf. Oder den Traum. Ich sinniere manchmal über einen Namenswechsel, wobei "myspace.com/Schlaflos in Hamburg" durchaus treffend, wenngleich trivial erscheint. Zwei Wecker ein Zeichen von Dekadenz! Bewahre, eher halte ich Sie für genial, da leider das Verschlafen nach der Schlaflosigkeit ein beliebter Kunstgriff meines Unterbewusstseins geworden ist. Hm, weiß nur, dass im Traum die Abwehrkette vom Platz geht und Homunkulus hemmungslos und ohne Abseitsfalle zum 0 = 2 verwandelt.
Aber ich nenne SIE doch nicht nach einem Kaffeeladen, wo denken Sie hin!? Sie selbst übrigens waren es, der sich bekannte, gar bei Madonna einzukaufen. Entschuldigung.
Wie kommt es, dass Sie so leicht schockierbar sind? Das Leben ist keine Geisterbahn und doch begegnen mir täglich Untote.
Tatsächlich zog ich kürzlich im Spättau zu Berge, da dieser rief und siehe da, am Gipfelkreuz sind alle Menschen gleich geschafft. Es entschädigte der Blick auf wilde und zahme Kaiser und man konnte den Chiemsee..n. A la recherche ergab sich später in Wolferls Geburtsstadt, dass meine Vorfahren ihm fast noch begegnet wären, wenn sie nicht ins Exil nach Ostpreußen exuliert wären. Temps perdu war das zumindest für meine Launenhaftigkeit gewiß nicht.
Später dann lautet Sic: "Zuviele Noten!" Aber wer ist Sei Shonagon?
Da ich pro Halbjahr nur eine CD schaffe, ist "Year Zero" aus der Warteschleife gefallen. Ferner lausche ich den Geigenklängen des Kindes, welches sich schon mit Bach abgibt. Präzisieren Sie doch "Impressionen über eine gewisse Madonna"!? Ich nähme Konsequenzen in Kauf.
Möglicherweise sagte Freud aber auch viel, wenn die Zigarre lang war. Erstaunliche Koinzidenz jedenfalls, "Schlaflos in Hamburg" hätte ich mir selbst schon reservieren können müssen gesollt haben. "Bring Me The Head Of Morpheus" ist zu lang, "Insomnicide" zu dezidiert, obwohl "Crowned" von These Immortal Souls all das auf den stets fluktuierenden ungreifbaren Punkt bringt. Sie kennen vielleicht dieses legendäre Projekt des im Cabinet des Dr. Caligari Vergessenen?
Von den Alpträumen ganz zu schweigen, aber die Gedankenkarawanen könnten eine Sündflut vertragen. Genaugenommen bin ich nicht leicht schockierbar, noch genauer genommen kann mich gerade das Normalste schrecklich schockieren, das Abseitige weniger. Das macht es nicht leichter. Ach, DIE Madonna. Jadanndoch. Die Abwehrkette geht im Traum vom Platz? Das sind ja Spielzüge wie aus dem Lehrbuch. Ein Bilderbuchtor wandelt immer am Rande des Abgrunds, aber er weiß es nicht, und darum fällt er nicht. Nun sagen Sie bloß! Abgesehen von den charmanten Reiseimpressionen: meine Vorfahren sind zwar teils aus Burgund, teils aus Deutschordengebiet zusammengeströmt, dann aber auch in Ostpreußen gelandet. Ach, das Wolferl. Ich hätte so gern ein Venusbrüstchen.
Sei Shonagon ist die Verfasserin des "Kopfkissenbuches", eine Art Tagebuch, das sie um das Jahr 1000 herum führte. Peter Greenaway hat sich davon inspirieren lassen für den Film, der hierzulande "Die Bettlektüre" hieß.
Von und während Schlafphasen wage ich kaum zu träumen. Kürzlich erreichte mich gar ein Schreiben der Lehrerin des Kindes: Die Schule beginnt um acht! Ich empörte mich und wähnte zu antworten: Leider! Aber das Kind lehnte dies ab. Nun ja, der Lehrkörper. Betrat je ein Anhänger dieser Spezies zuspätkommend den Raum und verlor auch nur ein Wort der Entschuldigung? Reine Rhetorik, Verzeihung, ich empöre mich erneut.
Das Gute an Karawanen ist ja, dass sie weiterziehen. Wenn sie allerdings dazu neigen, sich im Kreisverkehr einzurichten, kann einem leicht schwindlig werden, oh ja.
"Sie mögen meine Lehren bei Tag beschimpfen, aber ich bin sicher, sie träumen von ihnen in der Nacht." Unser Freund, der die Träume schreibende Homunkulus, amüsiert sich ja oft damit, mehrere Variationen über ein besonders fesselndes Thema zu komponieren. Gibt kaum etwas Spannenderes und mal abgesehen von faustischem Schrecken sind die wilden Träume doch oft hochinteressant. Eine Zeit lang träumte ich oft von einstürzenden Häusern, Neubauten gar, inzwischen sind aber neue Seelenhäuser errichtet und es stürzt derzeit nichts. Schade eigentlich.
Zuweilen fehlt mir das gute alte Mädchenpensionat, in dessen Hallen wir uns begegneten. Zumindest gewisse Aspekte dessen, andere wiederum nicht so sehr. Warum neigt der Mensch eigentlich zur Romantisierung der Vergangenheit?
Abschiedsbriefe an die Vergangenheit, die zu Einladungen werden, oui. Früher hatte ich ein Proustsches Verhältnis zu meiner Vergangenheit. Ich wollte sie aufsuchen, ohne involviert zu sein. Ich wollte all die Menschen, die kamen und gingen, wiederfinden, aber wie in einem Film. Das war in einer Gegenwart, die keine anderen Zeitebenen erlaubte oder verlangte. Dann, als diese Gegenwart in einem Prozeß, dessen Länge sich zur Länge anderer Prozesse verhielt wie "This Corrosion" zu "Lucretia My Reflection", zu Vergangenheit geworden schien, fühlte ich immer stärker, ich müsse eine bestimmte Zukunft fragen: was glaubst du, wieviel Vergangenheit ich mitbringen werde in dich? Jetzt ahne ich, daß diese Vergangenheit nach wie vor Gegenwart ist, aber nicht wegen ihrer Romantisierung durch einen der blauen Blume verfallenen Geist, sondern wegen ihrer objektiven Macht. Vielleicht vergessen wir einfach nur zuweilen den Moment, in dem wir vom falschen Dampfer aus winkten, insofern ist "Romantisierung" vielleicht ohnehin das falsche Wort. Jedes Leben ist ein Mythos.
Übrigens habe ich soeben Gustav Meyrinks "Der Golem" beendet – da Sie vom die Träume schreibenden Homunkulus sprachen und gar nicht wußten, wie treffend. Ein phantastisches, wunderbares Buch. Und natürlich sind die Horrorträume voll der faszinierenden Ambivalenz. Eine Binse, daß die Sprache noch der obskursten, wildesten Träume die klarste Poesie ist. Meine Alpträume kann ich mittlerweile schichten: in einem träumte ich, aus einem Alptraum aufgewacht zu sein, mit glasklarer Erinnerung und Wahrnehmung aller Details meines Zimmers, in dem ich gerade aufgewacht war – aber eben nur im Traum. Und dann bewegte sich die Tür, weil eine Präsenz in meinem Postalptraumzimmer war. Faszinierend. Früher hatte ich ein geradezu Lovecraftsches Traumland, eine Landschaft, die ich immer wieder mühevoll durchwanderte, kennen Sie das auch?
Wobei ich interessanterweise immer andere mythologische Aufgaben zu erfüllen hatte, jedoch die Landschaft mir eine seltsame Kraft gab, auch wenn ich wußte, weh, jetzt kommt gleich das "I Walked With A Zombie"-Feld etc.
Sie sehnen sich nach dem Mädchenpensionat? Welch trüber Ort wäre die Welt ohne Mädchennieverstehenkönnen.
I was strictly insomnimaniacal
Rose above sleep like something flammable
Vapour trails from the whites of my eyes
It's a long slow fall for the hypnotized
I've been crowned by sorrow
I've been crowned by hate
I've been crowned by the thorns
I did not create
I've been crowned, I've been crowned
Sawn-off scatter-gun rhythm kicked in
To the base of my brain with one hundred million
Switch blade sugar coated spines
Kiss me to a strange design
This suit of mine no longer fits
The style and the grace have just got up and quit
So hold me unto this Holy Sacrament
That holds me in shape and in the present tense
I've been crowned by sorrow
I've been crowned by hate
I've been crowned in black
Now I abdicate
I worshipped by the shrine of sleep
No miracle came to grant me peace
Day in, day out, while unawares
I died a while as my eyes just stared
Through the vapourous veil of my shotgun bride
I can hear her talking in a voice just like mine
And listen don't you know I've tried
To quit this insomnicide
Here comes the Hypnotist
Banish the Anaesthetist
Bring me the head of Morpheus
Here comes the Hypnotist
Written by Rowland S. Howard
Gerade auf der zweiten These Immortal Souls-Platte ("I'm Never Gonna Die Again") bindet er sich dann aber mal richtig die spitzen Schuhe zu, Stücke von ungeahnter Stringenz, und das etwa 10 Minuten lange "Crowned" - über das, was passiert, wenn man sich über längere Zeit hinweg über den Schlaf (und ein paar andere Dinge) erhebt - ist vielleicht das beste, was er je gemacht hat, die Beats, die Epic Soundtracks auf diesem Stück auf der Snare hinterläßt, kann kein Sterblicher zählen, und während das Ganze am Ende selbst manisch in den Boden dreht, entlarvt diese wunderbare Piano-Melodie von Genevieve McGuckin, die erstmal gegen die neun Höllenkreise ankämpft und dann aus der Stille nochmal wiederkommt, einen wie Howard ("I've been crowned in black, now I abdicate") als letztlich heillosen Romantiker.
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