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Favoriten?"
Juni 2008
Mit den Red Hot Chili
Peppers allerdings kannst Du mich jagen, Navarro war da auch todunglücklich.
Public Image Ltd. waren gut mit Jah Wobble, dann mit "Flowers Of
Romance" und dann nochmal mit dem Album genannt "Album", mit
einer der seltsamsten Musikerbrigaden ever, Steve Vai, Ginger Baker, Ryuichi
Sakamoto, Bill Laswell.
Kuechenchef:
Zitat von Aljoscha der Idiot
Public Image Ltd. waren gut mit Jah Wobble, dann mit "Flowers Of
Romance" und dann nochmal mit dem Album genannt "Album" ...
Oh, ich mag PIL aber auch für "The Order Of Death" aus "This Is What You Want... This Is What You Get". Auf dem Album damals kaum wahrgenommen, und dann hat sich der Song 6 Jahre später im Abspann von M.A.R.K. 13 regelrecht in mein Hirn gefressen.
Ah, ja, genau, verstreut
gab es noch einiges, "The Order Of Death", "Seattle" von
"Happy?" hat ein Ehrenplätzchen, aber schon auch aus PIL-externen Gründen,
dann war da das seltsame "Live"-Album "Paris au Printemps",
wo überhaupt keine Zuschauer zu hören waren, zwischendrin Lydon aber mal
zischte "I'll walk off this fucking stage if you keep spitting", und
ich besaß auch mal eine Single, A-Seite weiß ich nicht mehr, die B-Seite hieß
"Question Mark", eine Art Rumba-Riff, das von Kid Creole & The
Coconuts hätte geklaut sein können, endlos auf einem verzerrten Synthesizer
wiederholt, dazu laute elektronische Schepperdrums and Lydons stetige
Aufforderung "Remember that!", als ob Bowie und Eno zu
"Heroes"-Zeiten erstmal die Maschinen anwerfen und dann die Reglerknöpfe
abbrechen.
easystreets:
Den Navarro find ich allerdings
gruselig eitel.
Ich mag ihn. Hatte mit "Trust No One" schon alles richtig gemacht,
auch in .o Selbstanalyse. Gott, der Mann hat meine Initialen auf die Brust
tätowiert.
easystreets:
Man darf die
Fassade nicht fürs Innere verwechseln. Daher mag ich ihn letztlich auch. Das One
Hot Minute-Album ist zwar ein Bruch im pepperschen Sound, aber ein guter.
Es spricht ja für ihn, dass er das Album so mitgestaltet hat. Navarro ist eher
ein kontrollierter Spieler. So insgesamt gesehen sind das - wie bei Manson
auch, oder auch Osbourne, oder Kiss, oder, oder - Phantasie-Karrieren. An sich
ja ein Phänomen, dass so etwas möglich ist. Im rauhen deutsch-europäischen
Alltag undenkbar so eine Biographie oder Lebenseinrichtung. Stell Dir vor,
Navarro würde nach Hamburg, Berlin, Köln oder München ziehen. Er würde eingehen
wie eine Wespe in der Mikrowelle - und das Bild einmal bewußt gewählt. Das ist
insgesamt das Trügerische bei der amerikanischen medialen Sozialisierung, dass
sie ja kaum hinüberzuretten ist in ein Erwachsenenleben - und laß das mit 25
beginnen.
Halb halb. So sehr
einem the US of A in jeder Hinsicht auf den Geist gehen können, es kultiviert
sich ja dort noch eine Art "strangeness", die hier im
Konformitätsdschungel längst exorziert wäre - wenn Du das meintest, geb ich Dir
recht. "Phantasiekarriere" ist daher nicht das rechte Wort, finde ich
- die leben das ja durch. Die "strangeness" kann zwar jederzeit
umkippen dorthin, wo "Texas Chainsaw Massacre" fast als Doku
durchgeht, aber es lebt sich halt anders, wenn ein paar Kilometer hinter New
Orleans der Sumpf beginnt. Ob du Presley heißt oder Jeordie White, du kannst
dir einen "spiritual advisor" zu Hause halten, wenn du Lust hast. -
Fängt ja schon mit den Namen an. "Tennessee Williams" klingt einfach
besser als "Schleswig Erdmann". :)
Navarro selbst - bei der letzten Jane's Addiction Tour zählte ich die Schweißperlchen rund ums CE - ist ein freundlicher und wahrscheinlich schüchterner kleiner Junge. Ist Dir als SPON-Generalastrologen noch nicht aufgefallen, daß es am 7.6. gleich mehrere Musikalgenies gibt, die a) recht klein sind und b) gern den Oberkörper freihalten? Neben Navarro noch Prince. Fast fragt man sich: wie groß war Paul Gauguin und was machte er eigentlich so?
easystreets:
Zitat von Aljoscha der Idiot
Halb halb. [...] Fängt ja schon mit den Namen an. "Tennessee Williams" klingt einfach besser als "Schleswig Erdmann". :)
Sag ich doch: Meister der Sätze. Bleiben mir fast nur die Schrotschüsse (Mit meinem Nachnamen und einem "Preussen" davor könnt ich mich bei einer Militärkapelle bewerben.) Bei den Amis gibt es für Autos (von dem was ich weiß) keinen TÜV! Für Kinder-Namensgebungen kaum bis keine Regelungen - Du kannst Dein Kind auch Glattrohrkanone, April Joy oder Beautiful Snow nennen.
Zitat von Aljoscha der Idiot
Navarro selbst - bei der letzten Jane's Addiction Tour zählte ich die Schweißperlchen rund ums CE - ist ein freundlicher und wahrscheinlich schüchterner kleiner Junge.
Manson auch.
Würde ich mich fragen, ob es zwischen dem Hauptcharakter und dem Alter Ego
eigentlich einen Ausgleich gibt, oder ob es schlicht der Stilisierung bedarf,
um in seiner Traum- und Phantasiewelt bleiben zu können und
"hinüberzuretten", und um "nichts von dem zu verlieren, das mir
was bedeutet"?
dj1204:
Zitat von Aljoscha der Idiot
"Tennessee Williams" klingt einfach besser als
"Schleswig Erdmann". :)
Das sehe ich
jetzt wiederum ganz anders. "Schleswig Erdmann" klingt tausendmal
geheimnisvoller und mystischer als "Tennessee Williams" - vielleicht
sollte man unter dem Namen mal eine Musikerkarriere versuchen? Deutsche Namen
können an sich wesentlich klangvoller und schöner daherkommen als englische.
Meine Favoriten sind immer noch Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder,
das sind doch noch mal Namen! Also, germanistische Minderwertigkeitsgefühle
ausschalten und sich einen Namen wie Wackenroder oder auch Clemens Brentano auf
der Zunge zergehen lassen, Herr Erdmann.
Es lag ein grinsendes
Cheshirekätzchen hinter meinem Satz. :) Aber wenig zu rütteln gibt's an der,
wie Cassirer sagen würde, symbolischen Prägnanz, mit der sich gerade die Amis
ihr Musik-Englisch aufladen können, das haben wir so nicht, nimm einfach nur
mal den Term Mystery Train. Liegt an
vielen Dingen, von der Wucht der Sprache der King James-Bibel (Luther ist
einfach labberig dagegen) über den ganzen metaphorisch imprägnierten Duktus der
Schwarzen bis hin zum Phänomen, daß dort ein Ausdruck für Sex zu dem Wort für Musik werden konnte.
Einzelne Worte (- rollin' -) rollen mit einem freight train an Bezugsebenen an, und sie rollen auch ganz anders
durch einen Text. Da hat easystreets schon recht – die Kraft der Evokation ist
immens. Oder das Wort trash – auf
Deutsch würden die Raveonettes bei Oskar in der Sesamstraßentonne
steckenbleiben, keine symbolische Prägnanz. :)
easystreets:
Zitat von Aljoscha der Idiot
Halb halb. So sehr einem the US of A in jeder Hinsicht auf den Geist gehen
können, es kultiviert sich ja dort noch eine Art "strangeness", die
hier im Konformitätsdschungel längst exorziert wäre - wenn Du das meintest, geb
ich Dir recht. "Phantasiekarriere" ist daher nicht das rechte Wort,
finde ich - die leben das ja durch.
Du hast das Thema schon intuitiv erfaßt. Ich tue mich mit Wertungen
schwer, daher bin ich immer gerne überrascht, dass Du überhaupt Worte findest.
Die US of A sind zu 90% der Konformitätsdschungel schlechthin. Europa ist das
Vielreiche, nicht notwendigerweise die USA - oder sagen wir 'eben anders'. Die
Phantasiekarrieren (Neverland von Michael Jackson mal genommen) sind schon
welche, Plastikwelten nämlich. Aber so spricht der Preuße, der mit Backstein
mauert. Die USA sind spirituell. Das machen die Natives, die sogenannten Indianer, auf deren Boden sich die Weißen
angesiedelt haben, und es machen auch die Schwarzen aus mother of all
countries, Afrika. Der Voodoo kommt aus dem Reich der Spiritualität. Nun,
europäische Länder sind auch spirituell, ich würde sagen und sofern sie eine
Mythologie haben. Die mythologische Spiritualität unterscheidet sich von der
gelebten als die jenseitigere und in sich geschlossenere hingegen.
Die können die Karrieren "durchleben", weil
sie keine Gefahr fürs öffentliche Wohl darstellen und sich nicht einordnen
müssen in eine ohnehin nicht vorhandene Struktur. Schockrocker wie Manson
bringen zwar gerne die Fassade der amerikanischen Lebenseinrichtung ins Wanken,
der Angriff wiederum nicht mehr meint, als auf die Angst hinzuweisen vor den
verborgenen Welten, "den dunklen Voodoo-Energien" - mit denen allein
sich nunmal nur weder Auto noch Brücke noch Haus noch Flugzeug bauen lassen.
(Ich habe mich wahrscheinlich jetzt ins Sumpfland begeben und die Krokos werden
sich auf mich stürzen). Ein großartiger Film, der mit "der anderen
Seite" spielt und der den Auftakt für die Mystery-Serien gab, war
seinerzeit Twin Peaks. Die
Strangeness, von der Du sprichst, ist im Grunde der Raum, in der sich die
Informationen mischen, wie bei einer Mischbatterie kaltes & warmes Wasser.
In dem Raum entsteht auch der Humor (eines Landes), der, übersetzt, auch
Mischung heißt.